Die juristische Presseschau vom 2. Juni 2017: Bund-Länder-Reform besch­lossen / Urhe­ber­recht vor EuGH / Rich­ter­be­sol­dung vor BVerfG

02.06.2017

Justiz

BGH – Urheberrecht und Geheimhaltung: Der Bundesgerichtshof hat dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob sich der Staat auf das Urheberrecht berufen kann, um Journalisten die Veröffentlichung brisanter Dokumente zu verbieten. Dies berichten die taz (Christian Rath) und der Anwalt Ansgar Koreng auf lto.de. Die Vorlage erfolgte, weil das Urheberrecht seit 2001 durch die InfoSoc-Richtlinie harmonisiert sei. Im konkreten Fall ging es um die Veröffentlichung der sogenannten "Afghanistan Papers" durch die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ). Die Bundesregierung hatte gegen diese Veröffentlichung unter Berufung auf ihr Urheberrecht geklagt. Thomas Stadler (internet-law.de) sieht hierin einen Missbrauch des Urheberrechtes, welches von der Bundesregierung als "Vehikel zur Informationsunterdrückung" verwendet werde.

BGH – Sampling: Der Bundesgerichtshof hat den Europäischen Gerichtshof angerufen, um die Vereinbarkeit der Sampling-Praxis mit dem europäischen Urheberrecht zu prüfen. Dies berichten SZ (Jan Kedves), netzpolitik.org (Leonhard Dobusch) und spiegel.de. In dem Rechtsstreit geht es um die Verwendung eines Ausschnitts aus dem Stück "Metall auf Metall" der Gruppe Kraftwerk, welchen Produzent Moses Pelham ohne Erlaubnis der Gruppe als Endlosschleife unter den Song "Nur mir" der Rapperin Sabrina Setlur gelegt hatte. Das Bundesverfassungsgericht hatte dies 2016 als von der Kunstfreiheit gedeckt angesehen, da es sich beim Sampling um einen Grundpfeiler des Hip-Hops handele. Der Bundesgerichtshof hält indes das Urheberrecht für europarechtlich vereinheitlicht, sodass eine abschließende Entscheidung nur vom Europäischen Gerichtshof getroffen werden könne.

VG Köln – Richterbesoldung: Das Verwaltungsgericht Köln hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die Höhe der Gehälter von Richtern der Besoldungsgruppe R 2 mit drei oder mehr Kindern vereinbar ist mit dem in Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz verankerten Alimentationsprinzip. Dies berichtet lto.de. Bereits 1998 hatte das Verfassungsgericht die Höhe der Besoldung bemängelt und die Fachgerichte im Wege einer Vollstreckungsanordnung ermächtigt, den Richtern erhöhte Besoldungen zuzuerkennen. Das Verwaltungsgericht hält diese Vollstreckungsanordnung zwar für inzwischen nicht mehr bindend, die Besoldung der betreffenden Richter jedoch für zu gering.

OLG Hamm – Intimfoto: Das Oberlandesgericht Hamm hat einen Mann zur Zahlung von 7.000 Euro Schmerzensgeld verurteilt, weil er ein intimes Foto seiner Ex-Freundin ohne deren Einverständnis im Internet veröffentlicht hatte. Dies berichten lto.de und lawblog.de (Udo Vetter). Das Bild der Frau, welche zum Zeitpunkt der Aufnahme 16 Jahre alt war, hatte sich auch im Bekanntenkreis der Frau verbreitet, was zu einer "massiven Bloßstellung" und zu schweren psychischen Erkrankungen geführt habe. Das Oberlandesgericht reduzierte dennoch das ursprünglich verhängte Schmerzensgeld der Vorinstanz in Höhe von 20.000 Euro. Der Mann habe beim Hochladen des Fotos eine "unreflektierte Spontanhandlung" begangen und sei überdies alkoholisiert gewesen.

LG Bochum – "Satanist von Witten": Das Landgericht Bochum hat einen als "Satanist von Witten" bekannt gewordenen Häftling vom Vorwurf des Mordkomplotts freigesprochen, melden spiegel.de und focus.de. Der wegen eines sogenannten Ritualmordes verurteilte Mann soll aus der Haft den Auftrag zur Tötung seiner Ex-Frau gegeben haben. Das Gericht hielt indes die Hauptbelastungszeugin für unglaubwürdig und sprach den Mann frei.

LAG Düsseldorf – Befristung: community.beck.de (Markus Stoffels) berichtet über eine Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf über Befristungen von Arbeitsverträgen im Kunstbetrieb. Das Gericht habe in einer vorläufigen rechtlichen Einschätzung die Befristung mit Blick auf die Eigenheiten des Kunstgeschäftes und die verfassungsrechtliche Stellung der Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz als gerechtfertigt angesehen. Das Publikum habe ein Abwechslungsbedürfnis, dem Rechnung getragen werden müsse, weshalb die Befristung in der Eigenart der Tätigkeit (§ 14 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 TzBfG) begründet sei. Ein Urteil steht indes noch aus.

BGH – Auschwitz-Wachmann: Der vom Landgericht Detmold 2016 wegen Beihilfe zum Mord verurteilte frühere Auschwitz-Wachmann Reinhold Hanning ist im Alter von 95 Jahren verstorben, meldet zeit.de. Hanning hatte gegen seine Verurteilung Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt, über die nun nicht entschieden wird. spiegel.de (Benjamin Schulz) analysiert den Paradigmenwechsel der Rechtsprechung bezüglich der Strafbarkeit von KZ-Wärtern.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 2. Juni 2017: Bund-Länder-Reform beschlossen / Urheberrecht vor EuGH / Richterbesoldung vor BVerfG . In: Legal Tribune Online, 02.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23097/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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