Die EU-Kommission verhängt ein Bußgeld von 110 Millionen Euro gegen Facebook. Außerdem in der Presseschau: Maas will Online-Durchsuchung zur Strafverfolgung einführen und das Bundeskartellamt bemängelt die Vergabe von Rüstungsaufträgen.
Thema des Tages
EU-Kommission – Bußgeld für Facebook: Die EU-Kommission hat ein Bußgeld von 110 Millionen Euro gegen Facebook wegen falscher Angaben in Zusammenhang mit der Übernahme des Messenger-Dienstes Whatsapp verhängt. Es berichten die SZ (Alexander Mühlauer), lto.de, Welt (Andre Tauber) und taz (Eric Bonse). Facebook hatte gegenüber der Kommission 2014 angegeben, dass ein automatischer Abgleich der Nutzerprofile von Facebook und Whatsapp weder möglich noch geplant sei. Tatsächlich wurde ein solcher Abgleich dann aber im August 2016 eingeführt. Laut EU-Kommission sei dies schon 2014 möglich gewesen, was den Facebook-Mitarbeitern bekannt gewesen sei.
Angesichts des erheblichen Vertrauensverlustes hält Patrick Bernau (faz.net) das Bußgeld für zu niedrig. C. Busse u.a. (SZ) sehen die vergleichsweise niedrige Strafe insbesondere in der Kooperationsbereitschaft des Unternehmens während des Verfahrens begründet.
Rechtspolitik
Kameras im Gerichtssaal: Bei historisch bedeutsamen Prozessen sollen bald Tonaufnahmen aus dem Gerichtssaal erlaubt sein, bei den Urteilsverkündungen der fünf höchsten Bundesgerichte darüber hinaus auch Filmaufnahmen. Die SZ (Wolfgang Janisch) erläutert den entsprechenden Gesetzentwurf. Dieser ermöglicht auch die Einführung gerichtseigener Fernsehaufnahmen, wie von der Präsidentin des Bundesgerichtshofes, Bettina Limperg, gefordert. Die Finanzierung dieses Vorhabens ist indes noch ungeklärt.
Online-Durchsuchung: Nun berichten auch zeit.de (Friedhelm Greis) und die taz (Christian Rath) über die Pläne der Bundesregierung, Strafverfolgungsbehörden die Befugnis zur Online-Durchsuchung und zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) zu geben. Christian Rath (taz) verweist anhand der technischen Schwierigkeiten eines solchen Vorgehens auf den geringen praktischen Nutzen der neu geschaffenen Befugnisse: Das Bundeskriminalamt (BKA), das bereits seit 2009 die Befugnis zur Online-Durchsuchung habe, habe bis 2015 erst einmal davon Gebrauch gemacht, ohne dass daraus ein Ermittlungserfolg resultierte.
NetzDG: Am heutigen Freitag wird der Gesetzentwurf zur besseren Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (NetzDG) im Bundestag in erster Lesung behandelt. Der Tsp (Jost Müller-Neuhof) erläutert den Entwurf und die Kritik an ihm. netzpolitik.org (Markus Reuter) bemängelt die Unbestimmtheit des Entwurfs und die drohende Einschränkung von Presse- und Meinungsfreiheit. In gleicher Weise warnt die FAZ (Michael Hanfeld) vor voreiligen Löschungen tatsächlich nicht strafbarer Inhalte, die überdies in den Händen Privater liege.
Autobahnen: Die geplante Grundgesetzänderung zur Einführung einer Infrastrukturgesellschaft soll eine Privatisierung der Autobahnen ausschließen, berichten FAZ und taz (Malte Kreutzfeldt). Dritte sollen an der Gesellschaft oder ihren Tochtergesellschaften weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt sein, überdies soll die Beteiligung Privater im Rahmen Öffentlich-Privater Partnerschaften (ÖPP) ausgeschlossen sein für Strecken, welche das "gesamte Netz" oder "wesentliche Teile" davon umfassen.
Zustellung von Anwalt zu Anwalt: Mit der jetzt verkündeten Änderung von § 59b Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ist die Bundesrechtswaltskammer (BRAK) ermächtigt worden, die Mitwirkungspflichten bei der Zustellung von Anwalt zu Anwalt zu regeln. Benedikt Windau (zpoblog.de) kritisiert diese Satzungsermächtigung, da eine Regelung der Zustellung von Anwalt zu Anwalt innerhalb der Zivilprozessordnung gegenüber der nun gewählten berufsrechtlichen Lösung vorzugswürdig gewesen sei.
Asylrecht verschärft: Der Bundestag hat verschiedene Verschärfungen des Asylrechts beschlossen, darunter die Ausweitung der Abschiebehaft für sogenannte "Gefährder" und deren Überwachung per Fußfessel. Dies meldet spiegel.de. Darüber hinaus erhält das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Befugnis, zur Feststellung der Identität von Asylbewerbern ohne Ausweispapiere deren Handydaten auszuwerten.
Justiz
OLG München – NSU/Zschäpe-Gutachten: Im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München wurde der von der Verteidigung beauftragte Gutachter Joachim Bauer intensiv als Zeuge befragt. Bauer hatte der Angeklagten Zschäpe eine verminderte Schuldfähigkeit aufgrund einer abhängigen Persönlichkeitsstörung attestiert. Vor Gericht machte Bauer eine unglückliche Figur, wie spiegel.de (Julia Jüttner) und SZ (Anette Ramelsberger/Wiebke Ramm) berichten. Auf Nachfrage räumte er ein, bei seiner persönlichen Begutachtung der Angeklagten wichtige Fragen nicht gestellt zu haben und nicht mit den Mindestanforderungen für ein Schuldfähigkeits- und Prognosegutachten vertraut zu sein. Bereits im Vorfeld war Bauer in die Kritik geraten, nachdem er Zschäpe eine Schachtel Pralinen in die JVA mitgebracht hatte.
BVerfG – Abstimmung zur Homo-Ehe: Die Grünen haben einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gestellt, mit welcher der Bundestag verpflichtet werden soll, noch vor der Sommerpause über einen Gesetzentwurf zur Homo-Ehe abzustimmen. Dies berichten sueddeutsche.de und taz. Die betreffenden Gesetzentwürfe seien bereits vor mehreren Jahren eingebracht worden, eine Abstimmung werde jedoch von den Regierungsparteien stets verzögert. Rechtsprofessor Joachim Wieland hält den Antrag indes gegenüber lto.de (Pia Lorenz) für wenig aussichtsreich. Art. 76 Abs. 3 S. 6 Grundgesetz gebe nur vor, dass der Bundestag innerhalb angemessener Frist beschließen müsse, bestimme jedoch keine Zeitspanne.
BVerfG – Befangenheit: Das Bundesverfassungsgericht hat im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde zwei Befangenheitsanträge gegen Richter abgelehnt, die zuvor an unanfechtbaren Entscheidungen in Fällen mit vergleichbaren Sachverhalten beteiligt waren, wie lto.de (Pia Lorenz) berichtet. Die vergleichbare Fragestellung allein genüge nicht, um einen Ausschluss nach § 18 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) zu begründen. Die Norm sei vielmehr als Ausnahmevorschrift eng auszulegen und sehe einen Ausschluss eines Richters nur vor, wenn dieser in dem jeweiligen Verfahren selbst oder in einem diesem unmittelbar vorausgehenden und ihm sachlich zugeordneten Verfahren tätig gewesen sei.
OLG Dresden – "Oldschool-Society": Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen zwei weitere Mitglieder der "Oldschool Society" (OSS) zum Oberlandesgericht Dresden erhoben. Dies berichten spiegel.de und zeit.de. Den Männern wird vorgeworfen, eine terroristische Vereinigung gegründet zu haben, um etwa Sprengstoffanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte durchzuführen. Bereits im März hatte das Oberlandesgericht München vier Mitglieder der OSS zu Freiheitsstrafen zwischen drei und fünf Jahren verurteilt.
BSG – Schlafender Richter: Das Bundessozialgericht hat ein Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg aufgehoben, weil ein ehrenamtlicher Richter während der Verhandlung über einen Zeitraum von über 25 Minuten geschlafen habe. Dies meldet die FAZ. Während dieser Zeit habe er sich nach Ansicht des BSG keine eigene Überzeugung in der Sache bilden können, weshalb die Richterbank nicht ordentlich besetzt gewesen sei.
BVerwG zu verkaufsoffenem Sonntag: Michael Kläsgen (SZ) kritisiert das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zum verkaufsoffenen Sonntag. Das Gericht habe an der "Anlassbezogenheit" als Voraussetzung für eine Sonntagsöffnung festgehalten, ohne präzisieren zu können, wann eine solche vorliege. Demgegenüber sei eine pauschale Erlaubnis von vier verkaufsoffenen Sonntagen im Jahr im Interesse der Rechtssicherheit vorzugswürdig.
Recht in der Welt
USA – Polizistin freigesprochen: Ein Gericht im US-Bundesstaat Oklahoma hat eine Polizistin freigesprochen, die im vergangenen Jahr einen unbewaffneten Schwarzen während einer Verkehrskontrolle erschossen hatte. Dies melden spiegel.de und taz.de. Die Polizistin hatte angegeben, der Mann habe bei der Kontrolle nicht kooperiert.
Indonesien – Peitschenhiebe für Homosexualität: Ein Gericht in der indonesischen Provinz Aceh hat zwei Männer wegen homosexuellen Geschlechtsverkehrs zu je 85 Peitschenhieben verurteilt. Eine sogenannte Bürgerwache war im März in das Zimmer der beiden Männer eingedrungen, hatte Videos gemacht und auf die Männer eingeschlagen. Das Urteil fügt sich ein in eine Reihe von Entscheidungen, mit denen die indonesische Justiz Härte zeigt und ihre Treue gegenüber Scharia-Gesetzen zu demonstrieren sucht, berichtet die SZ (Arne Perras).
Sonstiges
BKartA vs. BMVg – Ausschreibung von Rüstungsaufträgen: Das Bundeskartellamt (BKartA) hat die Vergabe eines Produktionsauftrags von fünf Korvetten durch das Verteidigungsministerium gerügt, berichtet lto.de. Das Ministerium hatte den Auftrag ohne vorherige Ausschreibung erneut an die Werften Lürssen und ThyssenKrupp Marine Systems vergeben, da diese bereits 2008 und 2013 fünf Korvetten gebaut hatten. Das Kartellamt verwies demgegenüber darauf, dass auch Rüstungsaufträge grundsätzlich nur nach vorherigem Wettbewerb zu vergeben seien.
Aufenthaltsduldung: Katrin Sass erläutert auf juwiss.de eine im August 2016 in Kraft getretene Änderung des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), wonach ein Ausländer, der einen qualifizierten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt, während dieser Zeit einen Anspruch auf Duldung hat. Hiermit soll Ausbildungsbetrieben Planungssicherheit bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen gegeben werden.
Das Letzte zum Schluss
Blind Date vermasselt: In Texas hat ein Mann seine Internetbekanntschaft auf 17,31 Dollar verklagt, weil sie während des gemeinsamen Kinobesuch fortwährend auf ihrem Handy getippt habe. Er habe daher den Film "Guardians of the Galaxy Vol. 2" nicht genießen können und verlangte von ihr das Eintrittsgeld ersetzt. Dies berichtet spiegel.de. Indes hat der Geschäftsführer des Kinos dem Mann bereits einen entsprechenden Kinogutschein angeboten, sodass eine außergerichtliche Lösung in Sicht scheint.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/mps
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 19. Mai 2017: Bußgeld für Facebook / Online-Durchsuchung zur Strafverfolgung / Rüge für BMVg . In: Legal Tribune Online, 19.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22979/ (abgerufen am: 23.04.2024 )
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