Die juristische Presseschau vom 18. Mai 2017: Sieg für DFL / Alice Weidel unter­liegt / EU-Kom­mis­sion bil­ligt Maut

18.05.2017

Justiz

BVerwG zu verkaufsoffenen Sonntagen: Das Bundesverwaltungsgericht knüpft die Zulässigkeit verkaufsoffener Sonntage an strengere Voraussetzungen. Diese seien nur zulässig, wenn ein wichtiger Sachgrund, der im Gemeininteresse steht, die Ladenöffnung auch am Sonntag rechtfertige. Konsum- und umsatzbezogene Interessen reichten hingegen nicht aus, wie die SZ (Michael Kläsgen) berichtet. Geklagt hatte die Gewerkschaft Verdi.

BGH zu Kita-Verein: Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein gemeinnütziger Verein Kindertagesstätten betreiben kann, obwohl es sich um eine unternehmerische Tätigkeit handelt. Voraussetzung sei die Zuordnung des Geschäftsbetriebs zum ideellen Hauptzweck des Vereins; das Gericht habe insoweit einen Grundsatzbeschluss verkündet, wie die FAZ (Hendrik Wieduwilt) und die taz-Berlin (Christian Rath) berichten. Betroffen war der Berliner Verein "Kirschkern", eine Elterninitiative, die in Berlin als eingetragener Verein mehrere Kindertagesstätten betreibt und der die Löschung aus dem Vereinsregister angedroht worden war.

LVerfG Schleswig-Holstein zu Rederecht: Das Landesverfassungsgericht Schleswig-Holstein hat entschieden, dass ein gegen den Landtagsabgeordneten Patrick Breyer (Piratenpartei) gerichteter Ordnungsruf rechtswidrig war. Der Ordnungsruf habe sich auch auf den Inhalt der Rede des Politikers bezogen und wäre demnach nur rechtmäßig, wenn die durch die Rede gefährdeten Rechtsgüter dem Rederecht des Parlamentariers gleichrangig seien. Dies sei aber nicht erkennbar gewesen. Auch aus der Geschäftsordnung des Landtags ergebe sich nichts anderes, wie lto.de (Constantin van Lijnden) berichtet.

LG Hamburg zu Alice Weidel: Die NDR-Sendung "extra 3" durfte die AfD-Politikerin Alice Weidel eine "Nazi-Schlampe" nennen, hat das Landgericht Hamburg entschieden. Es handele sich bei der Äußerung um Satire, die von der Meinungsfreiheit gedeckt sei, wie u.a. die taz und spiegel.de mitteilen.

LG Hannover zu Landfriedensbruch durch Großfamilie: Sechs Mitglieder einer Großfamilie, die in einem Gericht sowie vor einem Krankenhaus Polizisten und Unbeteiligte angegriffen hatten, sind wegen Körperverletzung und Landfriedensbruchs zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Grund der Gewalthandlungen war der tödlich geendete Fluchtversuch eines Familienmitglieds aus dem Hamelner Gericht gewesen, wie die FAZ (Reinhard Bingener) schreibt.

VG Berlin zu Einstellungspraxis der Polizei: Das Verwaltungsgericht Berlin hat in zwei Eilverfahren die anspruchsvolle Einstellungspraxis der Polizei bestätigt. Diese dürfe hohe Anforderungen an die charakterliche Eignung von Bewerbern für den gehobenen Dienst stellen. Geklagt hatten zwei junge Männer, deren Bewerbungen mit Verweis auf früheres Fehlverhalten (u.a. Radfahren in betrunkenem Zustand) abgelehnt worden waren, wie die FAZ (Mechthild Küpper) meldet.

VG Berlin zu weggenommenem Handy: Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Feststellungsklage eines Schülers und seiner Eltern gegen einen Lehrer abgewiesen. Der Lehrer hatte das Mobiltelefon des Jungen, der den Unterricht erheblich störte, weggenommen und zur Strafe ein Wochenende lang behalten. Dies sei eine Demütigung für den Jungen gewesen und verletze die Eltern in ihrem Erziehungsrecht, argumentierten die Kläger. Eine solch schwerwiegende Rechtsverletzung wollte das Verwaltungsgericht jedoch nicht erkennen; mangels Feststellungsinteresses sei die Klage unzulässig, wie spiegel.de berichtet.

AG Zwickau – NSU: André E., ein enger Vertrauter des NSU-Trios Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt, muss sich vor dem Amtsgericht Zwickau wegen Körperverletzung und Bedrohung verantworten. Dabei soll die Verhandlung in einem Raum mit nur fünf Besucherplätzen stattfinden, wie die SZ (Wiebke Ramm) berichtet. Es sei vor diesem Hintergrund eine ähnliche Kontroverse zu erwarten, wie sie angesichts der Platzvergabe des Oberlandesgerichtes München im Rahmen des NSU-Prozesses ausgelöst wurde.

StA Stuttgart – Ermittlungen gegen VW-Chef: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat Ermittlungen gegen Matthias Müller, den Vorstandsvorsitzenden der Volkswagen AG, wegen des Verdachts auf Marktmanipulation bestätigt. Der Manager soll als Vorstandsmitglied der Porsche SE Aktionäre zu spät über den Abgasskandal informiert haben, wie die SZ (Max Hägler u.a.) und die FAZ (Susanne Preuß u.a.) berichten. Mitbeschuldigt seien der Aufsichtsratsvorsitzende bei VW, Hans Dieter Pötsch, sowie Martin Winterkorn.

Strafanzeige gegen Berliner LKA: Die Berliner Landesregierung hat Strafanzeige gegen Mitglieder des Landeskriminalamts wegen des möglichen Zurückhaltens und der Manipulation von Ermittlungsergebnissen im Fall Amri gestellt. Die betreffenden Informationen hätten unter Umständen eine Festnahme des Attentäters ermöglicht und damit den Anschlag am Berliner Weihnachtsmarkt verhindern können, wie die Welt (Michael Behrendt) schreibt.

EuG zu Bankenaufsicht: Der Rechtsprofessor Christoph Herrmann bespricht mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Aike Würdemann auf lto.de ein Urteil des Europäischen Gerichts zur Einstufung einer Bank als "bedeutend". Die klagende Landeskreditbank Baden-Württemberg hatte sich gegen die Einstufung gewehrt, die zur Aufsicht durch die Europäische Zentralbank führt, und argumentierte, die Bankenaufsicht könne besser durch nationale Behörden erfolgen. Die Autoren meinen, in seinem Urteil habe das Europäische Gericht im Wege einer Wortlautauslegung des Art. 70 Abs. 1 der SSM-RahmenVO dem unionsrechtlichen Begriff der Geeignetheit eine neue Dimension verliehen. Dieser erfordere nun, dass eine andere Maßnahme nicht nur ebenso, sondern besser geeignet sein müsse. Diese hohe Anforderung an die Beweislast sei auch im Sinne einer einheitlichen Bankenaufsicht sinnvoll, andernfalls könne es zu einem "Wunschkonzert" kommen.

Anwältin mit Kopftuch: Die FAZ (Helene Bubrowski) beschäftigt sich anlässlich eines Verfahrens der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main mit der Frage, ob Anwältinnen vor Gericht Kopftuch tragen dürfen. Eine Anwältin hatte sich über das Kopftuch der Anwältin der Gegenseite beschwert. Die FAZ kommt zu dem Schluss, dass das Tragen eines Kopftuches als Anwältin zulässig sei.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. Mai 2017: Sieg für DFL / Alice Weidel unterliegt / EU-Kommission billigt Maut . In: Legal Tribune Online, 18.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22961/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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