Die juristische Presseschau vom 10. Mai 2017: Pro­zess um brandver­letzten Mann / BGH zu Bau­spar­ver­trägen / Indo­ne­si­scher Blas­phemie-Pro­zess

10.05.2017

Recht in der Welt

Österreich – Facebook: Das Oberlandesgericht Wien hat entschieden, dass Facebook ein strafbares Hassposting weltweit löschen muss. Maßgeblich sei das Recht am Wohnort des Opfers, also österreichisches Recht. Das Gericht stützte sich in seiner Beurteilung des anwendbaren Rechts auf Art. 4 Abs. 1 der Rom II-Verordnung, wie lto.de (Pia Lorenz u.a.) berichtet. Geklagt hatte die österreichische Vorsitzende der Grünen, Eva Glawischnig, die in dem sozialen Netzwerk beleidigt worden war. Auch auf das sogenannte Provider-Privileg konnte sich Facebook nicht stützen und unterlag damit in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren.

Vereinigtes Königreich – Investorenschutz: Der in England lehrende Dozent Ioannis Glinavos setzt sich anlässlich des Brexits auf verfassungsblog.de (in englischer Sprache) mit der Möglichkeit von schiedsgerichtlichen Klagen ausländischer Unternehmen auseinander, die sich auf bilaterale Investitionsabkommen zwischen Großbritannien und dritten Staaten stützen. Er benennt Präzedenzfälle, beurteilt die Erfolgsaussichten solcher Klagen gegen das Vereinigte Königreich und kommt zu dem Schluss, dass bereits die Aussicht auf eine Vielzahl schiedsgerichtlicher Verfahren ein politisches Druckmittel für Investoren gegen die britische Regierung darstelle.

Spanien – Brandstiftung durch Deutschen: Ein deutscher Aussteiger, der einen Waldbrand auf der Kanareninsel La Palma verursacht hat, ist wegen grob fahrlässiger Brandstiftung zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Der 27-Jährige hatte nach Verrichten seiner Notdurft Klopapier angezündet und den Brand nicht mehr löschen können. Auf den nach eigenem Bekunden vermögenslosen Mann werden zudem zivilrechtliche Ansprüche zukommen, wie die SZ (Thomas Urban) berichtet.

Indonesien – "Gotteslästerung": Der kürzlich abgewählte christliche Gouverneur der indonesischen Hauptstadt Jakarta, Basuki Tjahaja Purnama, ist wegen Blasphemie zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Politiker während des Wahlkampfs den Koran beleidigt habe. Die SZ (Arne Perras) ordnet das Urteil als "Sieg für die Radikalen" ein; die FAZ (Till Fähnders) vermutet, die Entscheidung gebe einen Vorgeschmack auf die Zukunft Indonesiens.

USA – Studentenverbindung: Achtzehn amerikanische Studenten der Pennsylvania State University müssen sich wegen des Todes eines jungen Studenten vor Gericht verantworten – acht von ihnen wegen fahrlässiger Tötung. Das Opfer Timothy Piazza hatte an einem Aufnahmeritual teilgenommen und sich in volltrunkenem Zustand eine Kopfverletzung zugezogen. Anstatt Hilfe herbeizurufen, versuchten einige Mitglieder der Verbindung, Beweismittel für das Alkoholgelage zu beseitigen, wie die SZ (Jürgen Schmieder) schreibt.

Sonstiges

Todesstrafen-Referendum: Der Privatdozent Michael Lysander Fremuth erklärt auf lto.de, weshalb die Bundesregierung verpflichtet sei, ein türkisches Referendum über die Todesstrafe in Deutschland zu verbieten. Der Autor geht davon aus, dass die Bundesregierung sowohl völkerrechtlich als auch verfassungsrechtlich – insbesondere mit Blick auf Art. 102 Grundgesetz – daran gehindert sei, eine solche Abstimmung zuzulassen. Es stünden jedoch kaum Mittel zur Durchsetzung einer solchen Untersagung bereit.

Digitaler Nachlass: Der Rechtsanwalt Gerd Seeliger befasst sich in der FAZ mit der Vererblichkeit des digitalen Nachlasses. Er bezieht in seine Betrachtung die aktuelle Rechtsprechung des Landgerichts Berlin ein und kommt zu dem Schluss, dass es sich bei dem Themenkomplex um eine Grauzone handele. Auch künftig bestünde erhebliche Rechtsunsicherheit, eine Klärung durch die Gesetzgebung sowie die Rechtsprechung sei wünschenswert.

Das Letzte zum Schluss

Geh nach Hause: Der Blog fachanwalt-fuer-it-recht (Ralf Möbius) untersucht die strafrechtliche Relevanz von Schmähgesängen Braunschweiger Fußballfans. Die Zuschauer hatten bei dem Zweitligaspiel gegen Union Berlin den Berliner Abwehrspieler Roberto Puncec nach seinem Platzverweis deutlich vernehmbar als "Hurensohn" bezeichnet. Leider sei nicht davon auszugehen, dass der Fall die Strafverfolgungsbehörden beschäftigen werde, denn Puncec werde kaum einen Strafantrag stellen.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/fs

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.


Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 10. Mai 2017: Prozess um brandverletzten Mann / BGH zu Bausparverträgen / Indonesischer Blasphemie-Prozess . In: Legal Tribune Online, 10.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22871/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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