Die juristische Presseschau vom 18. bis 20. März 2017: Sch­le­cker als Geschä­d­igter? / Ermitt­lungen gegen Claudia D. / Right to Repair

20.03.2017

Justiz

EuGH zu Kopftuch: Die Rechtswissenschaftlerin Elke Cloots erläutert auf verfassungsblog.de (in englischer Sprache) die europarechtlichen Hintergründe im Zusammenhang mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Kopftuchverbot in Unternehmen vom vergangenen Dienstag.

BVerwG zu Verjährungsfrist: Die Rechtsanwälte Gunilla Klöhn und Florian van Schewick befassen sich auf lto.de mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, in der dieses für die Verjährungsfrist für öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche die kenntnisabhängige Drei-Jahres-Frist gemäß § 195 Bügerliches Gesetzbuch in der Neufassung für anwendbar hält und zeichnen die bisherige Rechtsprechung zu der Thematik nach.

BGH zu Auskunftspflicht: Ein Urteil des Bundesgerichtshofes erleichtert die journalistische Aufklärungsarbeit, indem es privatrechtlich organisierte, mit der öffentlichen Daseinsvorsorge betraute Unternehmen zur Auskunft verpflichtet. So meldet es nun auch die Samstags-FAZ (Reiner Burger). Unternehmen, die öffentliche Aufgaben, wie die Daseinsvorsorge erfüllten, seien dann als von der öffentlichen Hand beherrscht anzusehen, wenn sich mehr als die Hälfte ihrer Anteile in öffentlichen Besitz befände, konkretisierte das Gericht.

OLG München zu "Oldschool Society": Nun schreibt auch der Spiegel (Beate Lakotta) in einem ausführlichen Bericht vom Prozess gegen die Gruppe "Oldschool Society", deren Mitglieder vom Oberlandesgericht München wegen der Bildung einer terroristischen Vereinigung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Der Bericht problematisiert auch den sogenannten "Terror-Paragraphen" § 129a Strafgesetzbuch.

VG Berlin zu Schmähgedicht: In einem Eilbeschluss vom vergangenen Freitag hat das Verwaltungsgericht Berlin einem Journalisten einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Bundeskanzleramt in der Böhmermann-Affäre zugesprochen, wie der Tsp (Jost Müller-Neuhof) und lto.de berichten. Danach müsse das Bundeskanzleramt nun mitteilen, welche Dokumente der Bundeskanzlerin vorlagen, bevor sie das Gedicht als "bewusst verletzend" bezeichnete und sich auf die Seite der türkischen Regierung stellte. Das Gericht sah den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung durch das Auskunftsersuchen nicht berührt, da die Informationen keinen Schluss auf zukünftige Regierungsentscheidungen und deren Grundlagen zuließen.

OLG Dresden – Gruppe Freital: Nun berichtet auch die Samstags-taz (Konrad Litschko/Steffi Unsleber) in einem ausführlichen Beitrag über den Prozess gegen die Gruppe Freital vor dem Oberlandesgericht Dresden. Den acht Angeklagten wird die Bildung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen, außerdem sollen sie Anschläge auf Asylbewerberunterkünfte verübt haben.

LG München I – Georg Funke: Vor dem Landgericht München I müssen sich vom heutigen Montag an der frühere Chef der Hypo Real Estate, Georg Funke und sein damaliger Finanzvorstand, Marcus Fell, verantworten, worüber nun die Samstags-FAZ (Marcus Jung/Henning Peitsmeier) berichtet. Ihnen wird die "unrichtige Darstellung" von Bilanzen gemäß § 331 Handelsgesetzbuch vorgeworfen. Andere schwere Verdachtsmomente hätten es aber nicht in die Anklageschrift geschafft. Funke und sein Strafverteidiger Wolfgang Kreuzer bestreiten die Vorwürfe vehement.

LG Chemnitz – Luxusgüter: Vor dem Landgericht Chemnitz wird gegen drei Personen verhandelt, weil sie trotz des 2006 verhängten Embargos für den Handel mit Luxusgütern hochwertige Spirituosen und Kaviarersatz an Nordkorea geliefert haben sollen, schreibt lto.de. Der "Knackpunkt" sei dabei, ab welcher Wertgrenze Waren als "Luxusgüter" einzustufen seien.

LG Krefeld – Untreue: Seit dem vergangenen Freitag müssen sich ein Rechtsanwalt und seine Frau vor dem Landgericht Krefeld wegen des Vorwurfs der Untreue in 900 Fällen verantworten, meldet lto.de. Sie sollen Kanzleivermögen und zum Teil auch Mandantengelder veruntreut haben. Der angeklagte Anwalt sei zuvor auch wegen Parteispenden an die SPD ins öffentliche Interesse gerückt. Daraufhin sei die Staatsanwaltschaft Hinweisen auf ein verstecktes Parteispendensystem nachgegangen, wofür sie aber keine Anhaltspunkte fand.

StA Mannheim – Kachelmann: Die Staatsanwaltschaft Mannheim ermittelt gegen Claudia D., die im Jahre 2010 Vergewaltigungsvorwürfe gegen den Wettermoderator Jörg Kachelmann erhob, der daraufhin 132 Tage in Untersuchungshaft verbrachte und in einem späteren Strafverfahren freigesprochen wurde. Ermittelt werde wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft. Anlass für die Aufnahme der Ermittlungen war ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, das D. zur Zahlung der Kosten für die entlastenden Gutachten verpflichtete und dabei feststellte, sie habe bewusst gelogen. Ihr Anwalt Manfred Zipper äußerte gegenüber den Medien: "Meine Mandantin hatte nie die Intention, Herrn Kachelmann mit einer Falschaussage in den Knast zu bringen." Dies ließe auch die Deutung zu, D. habe zwar falsch ausgesagt, aber ohne böse Absicht. Es berichten spiegel.de (Dietmar Hipp/Barbara Schmid) und die Montags-Welt (Gisela Friedrichsen).

Offener Brief an Bundesrichter Fischer: In einem offenen Brief wirft Simone Schmollack (Samstags-taz) Bundesrichter Thomas Fischer ein sexistisches Frauenbild vor und erklärt, warum ein mit ihm geführtes Interview nicht veröffentlicht wurde.

Gerichtsbericht: Die FAS (Raquel Erdtmann) berichtet über das Verfahren gegen einen Herrn M. wegen Diebstahls. Der studierte Chemiker habe in den letzten zwanzig Jahren permanent im Gefängnis gesessen, immer wegen Diebstahls, er sei drogenabhängig. Thematisiert wird eine Hilflosigkeit der Justiz im Umgang mit Strafsachen, in denen der "Sinn einer Strafe" nicht greife.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. bis 20. März 2017: Schlecker als Geschädigter? / Ermittlungen gegen Claudia D. / Right to Repair . In: Legal Tribune Online, 20.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22417/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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