Die juristische Presseschau vom 3. März 2017: Suizid ermög­licht / Sch­le­cker ange­klagt / Auf­tritte abge­sagt

03.03.2017

Sind tödliche Medikamente für den eigenen Suizid zu genehmigen? Das BVerwG eröffnet einen Zugang in Extremfällen. Außerdem in der Presseschau: Vorabmeldungen zum Schlecker-Verfahren und die Absage von Auftritten türkischer Politiker.

 

 

Thema des Tages

BVerwG zu Selbsttötung: In extremen Einzelfällen, in denen Betroffene einer unerträglichen Leidenssituation ausgesetzt sind und eine zumutbare Alternative nicht besteht, kann der Zugang zu einem tödlichen Betäubungsmittel, das eine würdige und schmerzlose Selbsttötung ermöglicht, staatlicherseits nicht verwehrt werden. Dies entschied das Bundesverwaltungsgericht unter Berufung auf das grundgesetzliche allgemeine Persönlichkeitsrecht. Die taz (Christian Rath) stellt die Entscheidung und den zugrunde liegenden Fall vor. Die Ehefrau des jetzigen Klägers hatte sich nach einem schweren Unfall vor nunmehr zwölf Jahren in der Schweiz das Leben genommen. Bislang erfolglos hatte der Kläger die Feststellung begehrt, dass die damalige Verweigerung der Medikation durch das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte rechtswidrig gewesen sei. Der Bericht von lto.de zeichnet den Verfahrensgang nach.

Daniel Deckers (FAZ) kritisiert das Urteil in scharfen Worten. Zwar zähle das "Recht auf Selbstbestimmung zu den fundamentalen Menschenrechten". Hieraus könne jedoch kein Recht abgeleitet werden, den Staat "zum Handlanger beim Suizid" zu machen. Indem die Entscheidung mit der Wertordnung des Grundgesetzes breche, werde geltendes Recht durch Richterrecht pervertiert.

Rechtspolitik

Strafvollzug: In einem Gastbeitrag für die SZ zieht Bernd Maelicke, Honorarprofessor, eine kritische Zwischenbilanz zu der durch die Föderalismusreform formulierten Zuständigkeit der Länder für den Strafvollzug. Der frühere Beamte im schleswig-holsteinischen Justizministerium zeigt sich besorgt über den geschaffenen Flickenteppich an Regelungen, die sich allerdings höchstens in Detailfragen unterschieden. Der Bund müsse sich fragen, ob er zur Sicherung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und der Einheit des Rechtsstaats Kompetenzen für den Betrieb "von Einrichtungen für Sicherheit und Resozialisierung" nicht wieder an sich ziehen sollte.

Abschiebungen: Über den von EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos vorgestellten Aktionsplan zur Flüchtlingspolitik berichtet unter anderem die Welt (Andre Tauber). Neben einer fairen Verteilung von Flüchtlingen auf die Mitgliedsstaaten enthalte der Plan auch Vorgaben zur schnelleren und effizienteren Abschiebung "irregulärer" Migranten. Nikolaus Busse (FAZ) begrüßt diese Absicht. "Nicht zuletzt in Deutschland" würde "immer wieder so getan", als ob es europäische Standards verletze, wenn abgelehnte Asylbewerber in ihre Heimat zurückgeschickt werden. Dabei könne das Asylrecht "nur dann politischen Bestand haben, wenn die Bevölkerung das Gefühl hat, dass es korrekt angewandt wird".

Managergehälter: In einem Kommentar bezweifelt Karl-Heinz Büschemann (SZ) den Nutzen gesetzlicher Beschränkungen von Managergehältern. Zwar würden neue Paragrafen als "Arbeitsnachweis für Volksvertreter" gelten, "schäbiges Handeln" könne es aber auch "innerhalb des rechtlich Möglichen" geben.

Dienstleistungsfreiheit: In einem dem Hbl (Till Hoppe/Frank Specht) vorliegenden Papier üben die Regierungsparteien "ungewöhnlich scharfe Kritik" an Plänen der EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska zur Beseitigung von Beschränkungen des Binnenmarkts für Dienstleistungen. Gerügt werde etwa eine Verletzung des Demokratieprinzips durch eine Vorlagepflicht nationaler Vorschriften zum Dienstleistungssektor.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 3. März 2017: Suizid ermöglicht / Schlecker angeklagt / Auftritte abgesagt . In: Legal Tribune Online, 03.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21701/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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