Die juristische Presseschau vom 25. bis 27. Februar 2017: Jour­na­listen abge­hört / Gesetz gegen Kin­der­ehen / Haft­be­fehl gegen mut­maß­li­chen Todes­fahrer

27.02.2017

BND spionierte ausländische Journalisten aus. Außerdem in der Presseschau: Gesetzentwurf gegen Kinderehen wird scharf kritisiert, Verfassungsrichter über bedrohte Verfassungsgerichtsbarkeit und Haftbefehl gegen Todesfahrer erlassen.

Thema des Tages

BND-Bespitzelung: Nach Informationen des Spiegel (Martin Knobbe u.a.; spiegel.de-Vorabmeldung) hat der Bundesnachrichtendienst seit 1999 mindestens 50 Telefon- und Faxnummern oder E-Mail-Adressen von Journalisten oder Redaktionen aus der ganzen Welt ausspioniert, darunter die BBC und die New York Times. Reporter ohne Grenzen sehen hierin einen massiven Angriff auf die Pressefreiheit, die auch für ausländische Journalisten zu gelten habe. Der Bericht weist darauf hin, dass Journalisten als Berufsträger einen besonderen Schutz vor Eingriffen des Staates genießen und es inländischen Nachrichtendiensten verboten sei, diese abzuhören. Eine Regelung, die die Presse vor der Überwachung durch den BND schütze, gebe es aber nicht und sei auch durch die Novelle des BND-Gesetzes nicht ergangen. Es werde deshalb eine Verfassungsbeschwerde angestrebt, in der es insbesondere um die Frage gehen solle, ob sich im Ausland befindende Ausländer gegenüber dem BND auf deutsche Grundrechte berufen könnten, wie die Montags-taz (Christian Rath) schreibt. Auch die Opposition im Bundestag zeigte sich empört und forderte umgehende Aufklärung, so netzpolitik.org (Simon Reibig).

Rechtspolitik

Kinderehen: Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will Anfang März einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Kinderehen ins Bundeskabinett einbringen. Der Entwurf, der der Montags-SZ (Constanze von Bullion) vorliegt, sieht vor, dass künftig nur noch heiraten dürfe, wer mindestens 18 Jahre alt sei. Außerdem müsse das Jugendamt einen Aufhebungsantrag beim Familiengericht stellen, falls einer der Ehepartner bei Eheschluss zwischen 16 und 18 Jahre alt war. Die Ehe solle sogar als nicht-existent behandelt werden, wenn der Partner bei Eheschluss unter 16 Jahre alt war. Betroffen seien aber nur aktuell Minderjährige und nicht verheiratete Erwachsene, die bei Eheschluss minderjährig waren. Der Entwurf wurde von juristischen Fachverbänden scharf kritisiert.

Der Entwurf sorge für neues Leid, so Constanze von Bullion (SZ). Für konservative Musliminnen bedeute die Trennung einen Ehrverlust, der bei der Rückkehr in ihre Heimat lebensbedrohlich sein könne. Christian Rath (taz.de) hält die Vorstellung, man müsse Kinder aus einem "Ehe-Alptraum" retten, für naiv, für die meisten Flüchtlinge sei eine Zwangstrennung von ihrem Partner nach gemeinsamer Flucht und Ankunft in einem fremden Land wohl eher ein "Schock". Positiv zu bewerten sei aber, dass der Entwurf sich nur auf aktuell minderjährige Ehepartner konzentriere und nicht auf Erwachsene, die bei Eheschluss minderjährig waren. Bedauerlich sei aber die fehlende Härtefallklausel bei Ehen, die mit unter 16-Jährigen geschlossen wurden.

Dieselfahrverbote: Der Rechtsanwalt Stefan Kugler vertritt zwei Stuttgarter, deren Klagen vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart zum Dieselfahrverbot in der Stuttgarter Innenstadt ab 2018 führten. Im Interview mit dem Spiegel (Jan Friedmann) erläutert er, warum dieses Verbot im Kampf gegen Feinstaubbelastung nicht ausreichend sei. Nur weniger Autoverkehr insgesamt führe zu weniger Feinstaubbelastungen in den Innenstädten. In Stuttgart werde, so Kugler, schon seit zwölf Jahren gegen europäisches Recht zur Luftreinhaltung verstoßen.

Lobbyregister: Ein Gesetzentwurf der SPD, der der Samstags-FAZ (Hendrik Wieduwilt) vorliegt, sieht ein sogenanntes Lobbyregister beim Bundestag sowie Meldepflichten und ein Verbot von Boni-Zahlungen für erfolgreiches "Lobbyieren" vor, um Einflussnahme im politischen Betrieb transparenter zu machen. Damit werden allerdings, so Hendrik Wieduwilt (Samstags-FAZ), nicht nur Lobbyisten, sondern auch Abgeordnete an die kurze Leine genommen, diese seien auf Informationen von außen angewiesen.

Abschiebungsanordnung: Gegen zwei in Deutschland geborene Islamisten, die einen Terroranschlag geplant haben sollen, aber nicht verurteilt wurden, erließ der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) eine Abschiebungsanordnung gemäß § 58a Aufenthaltsgesetz. Ob das rechtens ist, fragt die FAS (Morten Freidel), immerhin lebten beide noch nie außerhalb Deutschlands. Auch wenn es für eine strafrechtliche Verurteilung nicht reichte, sei eine solche Abschiebungsanordnung zur Gefahrenabwehr rechtmäßig, diese stelle, so Freidel, keine Strafe dar und dürfe auch gegen in Deutschland Geborene ergehen.

Elektronische Fußfessel: Nach einem Schreiben, das der Samstags-Welt (Manuel Bewarder/Florian Flade) vorliegt, kritisiert das BKA die Pläne der Bundesregierung zur Einführung der elektronischen Fußfessel für nicht verurteilte islamistische Gefährder. Diese könne verdeckte Observationen des BKA und damit auch die Informationsgewinnung zur "Erstellung von Kontakt- und Bewegungsbildern" gefährden.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 25. bis 27. Februar 2017: Journalisten abgehört / Gesetz gegen Kinderehen / Haftbefehl gegen mutmaßlichen Todesfahrer . In: Legal Tribune Online, 27.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22216/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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