Die juristische Presseschau vom 17. Februar 2017: Prüfpf­lichten des TÜV / Spricht Zschäpe mit Psy­ch­iater? / Kanz­lerin vor U-Aus­schuss

17.02.2017

EuGH klärt Haftung von Prüfstellen für Medizinprodukte. Außerdem in der Presseschau: Erneuter Tadel für Pkw-Maut, Zschäpe spricht doch mit Psychiater und Befragung der Bundeskanzlerin vor dem NSA-Untersuchungsausschuss.

Thema des Tages

EuGH zu Brustimplantate/TÜV: Prüfstellen wie der TÜV tragen keine generelle Pflicht, Medizinprodukte selbst zu überprüfen oder unangekündigte Kontrollen bei den Herstellern durchzuführen. Nur bei Hinweisen auf Mängel müssen sie "alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen", um die Qualität zu sichern. Dies entschied der Europäische Gerichtshof auf Vorlage des Bundesgerichtshofs. Eine Haftung gegenüber den Patienten sei allerdings möglich, wenn die Prüfstelle eine Pflicht zur Produktsicherheit schuldhaft verletzt habe. Dies hätten nationale Gerichte aufgrund von nationalem Recht festzustellen. Im vorliegenden Fall hatte eine Frau den TÜV Rheinland auf Schadensersatz verklagt, weil ihre Brustimplantate des französischen Unternehmens PIP zwar mit TÜV-Siegel versehen, aber mangelhaft waren. Die FAZ (Helene Bubrowski), die taz (Christian Rath) und die Welt (Claudia Ehrenstein) schildern den Fall. Der Rechtsanwalt Florian Niermeier analysiert für lto.de insbesondere die Folgen der Entscheidung im konkreten Fall, aber auch für Prüfstellen allgemein.

Christian Rath (taz) findet es unbefriedigend, dass die  Luxemburger Richter unangemeldete Kontrollen bei den Herstellern nur in Ausnahmefällen für zwingend erachten. Allerdings sieht die kommende Reform der EU-Medizinprodukte-Verordnung eine solche Pflicht vor. Rath sieht hier aber noch weiteren Regelungsbedarf: Hersteller von Medizinprodukten sollten dazu verpflichtet werden, eine Haftpflichtversicherung für Schäden in unbegrenzter Höhe abzuschließen.

Rechtspolitik

Rechtswidrige Pkw-Maut: Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hält auch den Kompromiss zur Pkw-Maut für unionsrechtswidrig. Die Regelungen diskriminierten EU-Ausländer, die nicht in Deutschland steuerpflichtig sind, mittelbar wegen ihrer Staatsangehörigkeit. Der Wissenschaftliche Dienst sieht auch keine unionsrechtlich anerkannten Rechtfertigungsgründe für die Diskriminierung. Das Gutachten liegt der FAZ (Henrike Roßbach/Hendrick Kafsack) vor.

Henrike Roßbach (FAZ) empfindet es als Trauerspiel, wie schwer Berlin sich damit tue, das ganz richtige Prinzip "wer die Straße nutzt, soll dafür bezahlen" umzusetzen.

Anti-Terrorismus-Richtlinie: Das Europaparlament hat die Anti-Terrorismus-Richtlinie verabschiedet. Die Mitgliedsstaaten sollen unter anderem die Ausbildung von Terroristen, die Finanzierung von Anschlägen sowie Reisen zu terroristischen Zwecken unter Strafe stellen. Dafür haben sie 18 Monate Zeit. Wie zeit.de anmerkt, werde sich für Deutschland durch die Richtlinie nicht viel ändern, nachdem das deutsche Strafrecht entsprechende Regelungen bereits umfasst.

Tomas Rudl (netzpolitik.org) hebt erneut die Kritik an der Richtlinie hervor: So könnten unscharfe Formulierungen dazu führen, dass die Regelungen sich auch auf nicht-terroristische Bereiche erstreckten und so etwa politische Aktivisten treffen. Bewegungs-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit seien gefährdet.

EU-Außengrenzkontrollen: Ein- und Ausreisende – aus Dritt- und EU-Staaten – sollen künftig an den EU-Außengrenzen systematisch überprüft werden. Dies sieht eine neue Verordnung vor, über die das EU-Parlament diskutiert hat, wie die Welt meldet.

Schleierverbot: Das Bundesjustizministerium mache verfassungsrechtliche Bedenken gegen das geplante pauschale Schleierverbot für Beamtinnen, Soldatinnen und Richterinnen geltend, wie der Tsp (Jost Müller-Neuhof) aus einem internen Schreiben an das Bundesinnenministerium erfahren hat. Das Verbot greife in das Grundrecht auf Glaubensfreiheit von Frauen ein, die sich aus "verpflichtend empfundenen religiösen Gründen" verschleierten. Ein verfassungsrechtliches Risiko schließe Maas' Ministerium aus, wenn das Verbot auf eine "konkrete Gefahr für den Dienstbetrieb" abstelle. 

Neues BKA-Gesetz: Unter dem Titel "Noch ein bisschen die Würde verletzen" stellt Ronen Steinke (SZ) konsterniert fest, dass sich das Bundesinnenministerium in Sachen Reform des BKA-Gesetzes "wie ein Chaot, der jede Deadline schon aus Prinzip bis zur letzten Minute ausreizt", vorwärts bewege. Der neue Entwurf sieht vor, dass die vom Bundesverfassungsgericht angemahnten Korrekturen der Ermittlungsbefugnisse zur Terrorbekämpfung zum 25. Mai 2018 in Kraft treten – die Frist läuft bis zum 1. Juni 2018.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 17. Februar 2017: Prüfpflichten des TÜV / Spricht Zschäpe mit Psychiater? / Kanzlerin vor U-Ausschuss . In: Legal Tribune Online, 17.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22086/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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