Die juristische Presseschau vom 11. bis 13. Februar 2017: Lam­mert-Rede ver­fas­sungs­widrig? / Böh­m­er­mann-Gedicht ehr­ver­let­zend / Flug­ha­fen­ausbau gestoppt

13.02.2017

Die Rede von Norbert Lammert vor der Wahl des Bundespräsidenten wirft verfassungsrechtliche Fragen auf. Außerdem in der Presseschau: Böhmermann unterliegt weitgehend und der Wiener Flughafenausbau verstößt gegen das Staatsziel Umweltschutz.

Thema des Tages

Präsidentenwahl – Nobert Lammert: Bevor Frank-Walter Steinmeier zum Bundespräsidenten gewählt wurde, hat Bundestagspräsident Norbert Lammert eine bemerkenswerte Rede gehalten, in der er vor einem erstarkenden Nationalismus warnte und damit unter anderem auf die AfD anspielte. Der wissenschaftliche Mitarbeiter Sebastian Leuschner untersucht auf verfassungsblog.de ob Lammert damit in Hinblick auf den AfD-Kandidaten Albrecht Glaser gegen seine Pflicht zur Unparteilichkeit verstieß und welche verfassungsprozessualen Möglichkeiten die AfD hat.

Präsidentenwahl – Frank-Walter Steinmeier: Heribert Prantl (Montags-SZ) meint, der neue Bundespräsident sei "ein belesener und gebildeter Politiker, der aber in seinem Berufsleben nie etwas anderes gemacht hat als Politik". Thomas Stadler (internet-law.de) erinnert demgegenüber an Steinmeiers Rolle beim Umgang mit dem ehemaligen Guantanamo-Häftling Murat Kurnaz und mit Blick auf die Überwachungspraxis des Bundesnachrichtendienstes.

Präsidentenwahl – Elke Büdenbender: Die neue "First Lady" Elke Büdenbender wird sich nach einem Bericht des Spiegel (Marc Hujer/Christoph Schult, spiegel.de-Meldung) von ihrer Arbeit als Richterin am Verwaltungsgericht Berlin beurlauben lassen. Ursprünglich habe sie vorgehabt, ihren Beruf weiter auszuüben, doch die potenziellen Interessenkonflikte seien zu groß.

Rechtspolitik

Anzahl der Bundestagsabgeordneten: Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) drängt auf eine schnelle Änderung des Wahlrechts, um einen drastischen Anstieg der Anzahl der Abgeordneten zu verhindern. Sollten die Liberalen und die AfD neu in den Bundestag einziehen, ist mit einer großen Zahl an Ausgleichsmandaten zu rechnen. Die Union will die Anzahl der Überhang- und Ausgleichsmandate auf 32 beschränken. Die anderen Fraktionen lehnen das bisher ab, weil sie eine Verzerrung des Wählerwillens befürchten und der Union vorwerfen, eigene Interessen zu verfolgen. Am Dienstag wollen die Fraktionsspitzen beraten, schreibt die FAS (Lydia Rosenfelder, faz.net-Zusammenfassung).

Parteienfinanzierung: Der Bundesrat hat den Entzug von staatlichen Geldern für verfassungsfeindliche Parteien auf den Weg gebracht. Die Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) weist auf die Schwierigkeiten des niedersächsischen Gesetzentwurfs hinsichtlich der Voraussetzungen, der Zuständigkeit und des Rechtsschutzes hin. In einem Kommentar merkt Wolfgang Janisch (Montags-SZ) an, dass sich mit der Einführung des "kleinen Parteiverbots" das herkömmliche Verbotsverfahren erledigt habe. In Zukunft würden als "milderes Mittel" die Gelder gestrichen werden.

Lohngerechtigkeitsgesetz: Mit dem Lohngerechtigkeitsgesetz will Manuela Schwesig (SPD), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Arbeitnehmern einen Auskunftsanspruch über die Gehälter von vergleichbaren Kollegen verschaffen. Die Samstags-FAZ (Marcus Jung) gibt die Kritik wieder, nach der das Gesetz Unternehmen unverhältnismäßig belaste, und äußert Zweifel, ob der Auskunftsanspruch überhaupt zu mehr Lohngerechtigkeit führe. Lohnunterschiede hätten mit der "Branche und der Art der konkreten Tätigkeit" zu tun.

Reisevertragsrecht: Die Samstags-taz (Thomas Wüpper) befasst sich im Reise-Teil mit den geplanten Änderungen im Reisevertragsrecht. In Umsetzung der EU-Richtlinie wird unter anderem die Kategorie der "verbundenen Reisen" geschaffen, die zur Veranstalterhaftung von Reisebüros führen kann. Verbraucherschützer kritisierten, dass Tagesreisen und Ferienhausbuchungen vom Reisevertragsrecht ausgenommen werden sollen.

Managergehälter: Nach einem Bericht der Samstags-FAZ (Hendrik Wieduwilt u.a.) hat sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble offen für ein Einschreiten des Gesetzgebers gegen extrem hohe Managergehälter gezeigt. Zuletzt hatte sich die SPD für eine Beschränkung über die Abzugsmöglichkeit im Steuerrecht stark gemacht.

Gesetz gegen Geldwäsche: Bei der Umsetzung der EU-Geldwäscherichtlinie gibt es offenbar Uneinigkeit innerhalb der Bundesregierung. Das schreibt die Samstags-FAZ (Hendrik Wieduwilt). Während Bundesjustizminister Heiko Maas einen möglichst freien Zugang zum geplanten Transparenzregister befürworte, sehe der Entwurf aus dem unionsgeführten Finanzministerium einen eingeschränkten Zugang, etwa bei "berechtigtem Interesse", vor.

Abschiebungen: Die Samstags-SZ (Stefan Braun) und zeit.de (Sasan Abdi-Herrle/Ferdinand Otto) erläutern die Pläne zur schnelleren Abschiebung abgelehnter Asylbewerber, auf die sich die Bundesregierung mit den meisten Landesregierungen verständigt hat.

Papier zu innerer Sicherheit: Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier hat sich nach einer Meldung von zeit.de kritisch zu neuen Sicherheitsgesetzen geäußert. Die Videoüberwachung eines Großteils der Bevölkerung sei unverhältnismäßig, "Gefährder" bisher gar kein Rechtsbegriff.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11. bis 13. Februar 2017: Lammert-Rede verfassungswidrig? / Böhmermann-Gedicht ehrverletzend / Flughafenausbau gestoppt . In: Legal Tribune Online, 13.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22074/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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