Die juristische Presseschau vom 5. Januar 2017: Mili­tär­straf­sache Asaria / Mehr starker Staat / Lam­mert zur Volks­sou­ve­ränität

05.01.2017

Elor Asaria wird von Militärgericht in Israel für schuldig befunden. Außerdem in der Presseschau: Streit um starken Staat geht weiter, Klosterkammer muss NS-Kunst weiter ausstellen und Norbert Lammert schreibt über Volkssouveränität.

Thema des Tages

Israel – Elor Asaria: Ein Militärgericht in Israel hat den Soldaten Elor Asaria wegen Totschlags verurteilt. Er hatte im März in Hebron einen palästinensischen Attentäter in den Kopf geschossen, obwohl dieser bereits verletzt am Boden lag, wie die SZ (Peter Münch), die taz (Susanne Knaul), spiegel.de und zeit.de berichten. Der Prozess hatte vor dem Hintergrund einer seit Oktober 2015 anhaltenden Anschlagswelle für heftige Debatten in der israelischen Öffentlichkeit gesorgt. In einem Interview mit der taz (Susanne Knaul) weist Gilad Grossmann von der israelischen Menschenrechtsorganisation Jesch Din darauf hin, dass der Fall Asaria kein Einzelfall sei. Andere derartige Vorgänge würden aber nicht vor Gerichten verhandelt.

Rainer Hermann (FAZ) schreibt, Israels Rechtsstaat habe sich "gegen den Druck nationalistischer Kreise immun gezeigt" und das Land habe seinen Nachbarn voraus, dass es ein Rechtsstaat sei, in dem "unbequeme Urteile gefällt und akzeptiert werden". Auch Peter Münch (SZ) begrüßt das Urteil des Militärgerichts und verbindet es mit Kritik an der Regierung. Eine Politik, nach welcher der Zweck die Mittel heiligt, "untergräbt die rechtsstaatlichen Werte Israels und droht das Land außenpolitisch weiter in eine Isolation zu treiben".

Rechtspolitik

Sicherheitsarchitektur: Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat für seine "Leitlinien für einen starken Staat in schwierigen Zeiten" sowohl Kritik von den Ländern als auch der Opposition im Bund geerntet, wie lto.de berichtet.

Heinrich Wefing (Die Zeit) hält viele der Überlegungen de Maizières für vernünftig. Er werde bei der Realisierung "getragen von einer politischen Stimmung, die eindeutig zu mehr Sicherheit, mehr Staat" neige. Jost Müller-Neuhof (Tsp) plädiert für ein Vertrauen, das in die Sicherheitsbehörden gesetzt werden müsse und für eine Politik, die "Druck widersteht, statt ihn zu erzeugen". Kritik übt Christian Bommarius (BerlZ). Seiner Meinung nach brauche ein starker Staat einen "Bundesinnenminister, der nicht nach einem Terroranschlag den Kopf verliert", sondern "besonnen reagiert".

Elektronische Fußfessel: Nun berichtet auch die FAZ (Alexander Haneke) über den Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums, der den Einsatz elektronischer Fußfesseln bei extremistischen Straftätern vorsehe.

Kölner Silvesternacht: Die Zeit (Gero von Randow) diskutiert das Vorgehen der Polizei in der Kölner Silvesternacht 2016/17. Einerseits sei der Polizei zu danken, da sexuelle Übergriffe in dem Ausmaß vom letzten Jahr nicht vorgekommen seien. Es sei allerdings nicht zu leugnen, dass die Polizei Personen nach dem Aussehen einsortiert und kontrolliert habe. Über die rechtsstaatlichen Schwierigkeiten eines solchen "racial profilings" müsse nachgedacht werden. Auch wenn es sich nur um vermeintlich harmlose Identitätskontrollen gehandelt habe, seien polizeiliche Maßnahmen allein auf Grund der sichtbaren Herkunft demütigend. Wie die taz (Christoph Herwartz) berichtet, hat Kölns Polizeipräsident Jürgen Mathies eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die den Einsatz aufarbeiten soll.

"Hassreden": Im Interview mit lto.de (Anja Hall) spricht der Rechtsanwalt Niklas Haberkamm über "Hassreden im Internet". Geeignete Gegenmaßnahmen könnten nur ergriffen werden, wenn differenzierter mit dem Begriff "Hassrede" umgegangen werde. Seiner Auffassung nach bietet die aktuelle Gesetzlage genug Handlungsspielraum um gegen die strafrechtlich relevanten Fälle vorzugehen. Gesetze müssten nur konsequent angewendet und "die vorgesehenen Sanktionsmöglichkeiten mit der jeweils gebotenen Härte" umgesetzt werden. Der erste Schritt sei die Einführung "digitaler Polizeibehörden".

Zeitarbeit: Der Rechtsanwalt Alexander Bissels stellt auf lto.de ausführlich die Reform des "Fremdpersonaleinsatzes" vor, welche im April 2017 in Kraft treten soll. Diese sieht Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, im Bürgerlichen Gesetzbuch und im Betriebsverfassungsgesetz vor. Ziel der Reform sei es, Zeitarbeit für Unternehmen unattraktiver zu machen.

Befristete Teilzeit: Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles legte einen Gesetzentwurf vor, der es Arbeitnehmern erleichtern soll, die wöchentliche Arbeitszeit für einen befristeten Zeitraum zu reduzieren und anschließend wieder zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückzukehren, wie SZ (Thomas Öchsner), das Hbl (Frank Specht) und die FAZ (Britta Beeger) berichten. Ziel des Entwurf sei es zu verhindern, dass Arbeitnehmer – vor allem Frauen – in Teilzeitjobs verbleiben müssten. Constanze Buillon (SZ) zweifelt zwar an der Wirksamkeit des Entwurfes, da dieser nur auf Unternehmen mit einer Beschäftigtenzahl von mehr als 15 Personen beschränkt sei, sieht das Recht auf befristete Teilzeit aber als "einen Schritt auf dem Weg zu mehr Chancengleichheit. Heike Göbel (FAZ) bezweifelt, dass es Arbeitnehmern tatsächlich schwerfalle, in die Vollzeitbeschäftigung zurückzukehren. "Wer mehr arbeiten will, dem bieten sich mehr Chancen denn je, wenn auch nicht unbedingt im selben Unternehmen", schreibt sie.

Bleiberecht: Nach einem Erlass des Brandenburgischen Innenministeriums vom 21. Dezember 2016 soll Opfern rechter Gewalt als Entschädigung ein Bleiberecht zuerkannt werden, auch wenn sonst kein Grund für eine Bewilligung vorliegt. Hiermit solle auf den starken Anstieg von politisch rechts motivierten Gewalttaten reagiert werden, so das Innenministerium. So berichtet nun auch lto.de (Maximilian Amos).


Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 5. Januar 2017: Militärstrafsache Asaria / Mehr starker Staat / Lammert zur Volkssouveränität . In: Legal Tribune Online, 05.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21668/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen