Die juristische Presseschau vom 29. Dezember 2016: Tür­ki­scher Jour­na­listin droht Haft­strafe / Gefähr­li­cher Land­wirt / Wendt-Buch wird ver­rissen

29.12.2016

Der türkischen Journalistin Asli Erdogan droht lebenslange Haft. Außerdem in der Presseschau: Das LG Kiel muss die Gefährlichkeit eines Landwirts beurteilen und Bundesrichter Fischer kritisiert Rainer Wendt.

Thema des Tages

Türkei – Prozess gegen Journalistin: Heute beginnt der Prozess gegen die türkische Autorin Asli Erdogan und acht weitere Angeklagte. Der Schriftstellerin wird vorgeworfen, Mitglied in der als terroristisch eingestuften kurdischen Arbeiterpartei PKK ("Partiya Karkerên Kurdistanê") zu sein. Erdogan hat für die inzwischen eingestellte pro-kurdische Zeitung "Özgür Gündem" gearbeitet. Jetzt droht ihr lebenslange Haft. Menschenrechtsorganisationen und Juristen kritisieren das Verfahren. Ein im Auftrag einer Gruppe um den türkischen Schauspieler und Regisseur Mehmet Atak erstelltes Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die Inhaftierung Erdogans ein Verstoß gegen die türkische Verfassung und gegen die Europäische Menschenrechtskonvention sei. Über das Verfahren berichten die FAZ (Karen Krüger) und lto.de.

Rechtspolitik

Beschäftigtendatenschutz: Der Deutsche Gewerkschaftsbund warnt vor einer Lockerung des Beschäftigtendatenschutzes durch die EU-Datenschutzgrundverordnung, so die FAZ (Hendrik Wieduwilt). Die Grundverordnung würde zwar unmittelbar gelten, jedoch habe der Gesetzgeber Spielräume. Der derzeit diskutierte Gesetzentwurf würde den hohen Schutz von Beschäftigten vor Überwachung nicht übernehmen.

Freiwillige Ausreisen: Die Zahl der abgelehnten Asylbewerber, die "freiwillig ausreisen", ist deutlich gestiegen. Sie erhalten dafür vom Staat eine finanzielle Starthilfe, wie zeit.de ( Katharina Schuler/Zacharias Zacharakis) berichtet. Für Christian Bommarius (BerlZ) ist dies sowohl für die Betroffenen als auch für die Bundesrepublik eine akzeptable Lösung.

Sicherheitsdebatte: Nach dem Anschlag am Breitscheidplatz und dem Angriff auf einen Obdachlosen hält die Debatte um Änderungen in der Innenpolitik an. Während die CSU mehr Überwachung und eine härtere Gangart bei Abschiebungen fordert, warnt die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl davor, Flüchtlinge in Mithaftung zu nehmen, wie die taz (Patricia Hecht) berichtet.

Laut Daniel Deckers (FAZ) offenbart der Fall Amri Mängel in der europäischen Sicherheitsarchitektur, die eine unabhängige Untersuchungskommission nötig machten. Die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin zeigt sich im Interview mit deutschlandfunk.de (Christine Heuer) skeptisch, ob Videoüberwachung geeignet ist, Straftaten zu verhindern.

spiegel.de (Max Holscher) beantwortet die wichtigsten Fragen zur Videoüberwachung, auch zu den rechtlichen Grundlagen.

CSU zu Integration: In einem Papier fordert die CSU von Bund und Ländern Änderungen in der Integrationspolitik. Unter anderem sollten das Tragen von Vollverschleierung vor Gericht untersagt und Flüchtlinge auf eine "Leitkultur" verpflichtet werden. Außerdem werde eine Einschränkung des Versammlungsrechts angedeutet, so die Welt (Thomas Vitzthum).

Einwanderungspolitik: Anlässlich der Gewalttaten in Berlin macht sich Jochen Bittner (Zeit) Gedanken über die rechtlichen und ethischen Verpflichtungen gegenüber Einwanderern. Es sei "legitim, Kriminelle und Islamisten entschlossener, und das heißt: schneller und unkomplizierter, abzuweisen". Besser sei es jedoch, Asylanträge schon vor der Einreise nach Europa zu prüfen.

Sozialkassen des Baugewerbes: Detlef Esslinger (SZ) kommentiert nun die Pläne von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, die Sozialkassen des Baugewerbes per Gesetz zu retten. Das Gesetz sei nicht nur die "Abwendung einer Katastrophe", sondern auch "eine tückische Erfindung": Tarifverträge, die von einem Minister für opportun gehalten werden, könnten zum Gesetz erhoben werden. Ursprünglich war die Einrichtung per Tarifvertrag vom Arbeitsministerium für allgemeinverbindlich erklärt worden. Dies war aber nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom September rechtswidrig. Jetzt soll ein Gesetz abhelfen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 29. Dezember 2016: Türkischer Journalistin droht Haftstrafe / Gefährlicher Landwirt / Wendt-Buch wird verrissen . In: Legal Tribune Online, 29.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21607/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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