Die juristische Presseschau vom 27. Oktober 2016: BVerfG zu Mas­sen­ver­fas­sungs­be­schwerde / Muster- vs. Sam­mel­klage / Aus­sage zu Peggy

27.10.2016

Das BVerfG hat die Anforderungen an vorformulierte Massenverfassungsbeschwerden präzisiert. Außerdem in der Presseschau: Maas will Musterklagen voranbringen und Zschäpe wird sich schriftlich zum Mordfall Peggy äußern.



Thema des Tages

BVerfG zu Verfassungsbeschwerde nach Internetvorlage:
Das Bundesverfassungsgericht hat im Fall eines Hartz-IV-Empfängers, der sich mit einer Verfassungsbeschwerde mittels einer Vorlage aus dem Internet gegen die jüngsten Hartz-IV-Änderungen wehren wollte, die Anforderungen an Massenverfassungsbeschwerden präzisiert. Auch in solchen Fällen müssten die Kläger darlegen, inwiefern sie das Gesetz selbst "gegenwärtig und unmittelbar" in ihren Grundrechten verletze. Zudem müsse bei Verfassungsbeschwerden gegen ein Gesetz in der Regel zunächst der Rechtsweg zu den Fachgerichten beschritten werden. Großzügiger sei das BVerfG allerdings, wenn es um europäische Rechtsakte oder Sicherheitsgesetze gehe, schreibt die taz (Christian Rath) und führt dafür das Beispiel der für zulässig befundenen Massenverfassungsbeschwerden gegen das Ceta-Abkommen an.

Rechtspolitik

Musterklagen: Anlässlich des Vergleichs, den VW mit geschädigten Käufern in den USA geschlossen hat, fordert Justizminister Heiko Maas nach einem Bericht der BadZ (Christian Rath) die Einführung von Musterklagen. Heribert Prantl (SZ) meint, dass diese hierzulande besser geeignet seien als das Instrument der Sammelklage, das eher zum amerikanischen System des Strafschadenersatzes passe.

Datenschutz im Internet: Nach Einschätzung des Rechtsprofessors Mario Martini in der FAZ ist eine demokratische Willensbildung über die Grenzen staatlicher Neugierde im Internet, der in konkreten Rechtsvorschriften mündet, längst überfällig. Die neue Datenschutzgrundverordnung der EU wolle das aus dem Lochkartenzeitalter stammende Datenschutzrecht an die Herausforderungen digitaler Technologien heranführen, enthalte aber zahlreiche Öffnungsklauseln, deren Gegenstände zu regeln, der nationale Gesetzgeber aufgerufen sei.

Zu den Plänen von Justizminister Heiko Maas, soziale Netzwerke der EU-Medienrichtlinie zu unterwerfen, mit straff organisierter inhaltlicher Verantwortung und entsprechenden Möglichkeiten, Verfehlungen zu ahnden, meint Jost Müller-Neuhof (Tsp), dass der virtuelle Sozialraum dadurch seinen Charakter verlöre.

Videoüberwachung: Wie netzpolitik.org (Constanze Kurz) meldet, plant Justizminister Heiko Maas eine Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes, in deren Folge die Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen mitsamt intelligenter Auswertungstechnik ausgebaut werden können soll. Im Interview mit Deutschlandfunk (Sarah Zerback) kritisiert der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz das Vorhaben.

Länderfinanzausgleich: In der FAZ kritisiert Hans-Günter Henneke, geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Landkreistages, die geplante Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Wenn im bevorstehenden Gesetzgebungsverfahren nicht noch einmal neu verhandelt werde, würden die Länder ein gutes Stück ihrer Eigenstaatlichkeit und Eigenverantwortung aufgeben.

Scheinväter: Die Zeit (Constantin van Lijnden) kritisiert den Gesetzentwurf der Bundesregierung, nach dem Scheinväter gezahlten Kindesunterhalt zurückfordern können sollen, als zu kurz greifend. So solle der Regressanspruch nur für die letzten beiden Jahre gelten, bevor die Vaterschaft angefochten wurde. Zudem bleibe die Mutter bis auf seltene Ausnahmefälle weiterhin vom Regress verschont.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 27. Oktober 2016: BVerfG zu Massenverfassungsbeschwerde / Muster- vs. Sammelklage / Aussage zu Peggy . In: Legal Tribune Online, 27.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20986/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen