Die juristische Presseschau vom 15. bis 17. Oktober: "Terror" im Ersten / Vor­erst keine Sam­mel­klagen / Peggy und der NSU

17.10.2016

Die ARD zeigt am Montag Ferdinand von Schirachs "Terror" als TV-Drama. Außerdem in der Presseschau: Sammelklagen für Verbraucher sollen vorerst doch nicht eingeführt werden und eine DNA-Spur von Uwe Böhnhardt gibt Rätsel auf.

Thema des Tages

"Terror" im Ersten: Am Montagabend zeigt die ARD die Verfilmung von Ferdinand von Schirachs "Terror". In dem Drama steht ein Soldat vor Gericht, der ein von Terroristen entführtes Flugzeug abgeschossen hat. Am Ende soll das Publikum über den Vorgang urteilen. Die Montags-BadZ (Christian Rath) befasst sich mit dem Versuch, das Abschießen entführter Flugzeuge gesetzlich zu regeln, der am Bundesverfassungsgericht gescheitert ist. In einem strafrechtlichen Verfahren wäre ein Freispruch jedoch nicht ausgeschlossen, da ein "übergesetzlicher Notstand" angenommen werden kann.

Der Verfassungsrechtler Rupert Scholz plädiert im Focus für die legale Möglichkeit, entführte Flugzeuge abzuschießen, um ein "Höchstmaß an aktiv erreichbarem Lebensschutz" zu erreichen. Dem widerspricht die Schriftstellerin und Juristin Juli Zeh: "Kein Mensch auf Erden besitzt die Legitimation, zwischen wertvollerem und weniger wertvollem Leben zu unterscheiden."

Im Spiegel meldet sich auch Otto Schily zu Wort, der als damaliger Bundesinnenminister für den Gesetzentwurf zur "umittelbaren Einwirkung mit Waffengewalt" auf entführte Flugzeuge verantwortlich war. Im Ergebnis habe das Bundesverfassungsgericht richtig entschieden, den Abschuss nur zu erlauben, wenn keine Unschuldigen getroffen werden.

Rechtspolitik

Sammelklagen: Das von der Bundesregierung angekündigte Gesetz zur Einführung von Sammelklagen wird nach Informationen der Montags-SZ (Markus Balser u.a.) nicht mehr in dieser Legislaturperiode vorgelegt. Das gehe aus Unterlagen aus dem Justizministerium hervor. Dieses hatte nach Bekanntwerden des VW-Abgasskandals angekündigt, eine Möglichkeit für Sammelklagen, wie es sie bereits in den USA gibt, zu schaffen.

In einem gesonderten Kommentar kritisiert Klaus Ott (Montags-SZ) das Vorgehen des Justizministeriums: "Einfach zu schweigen und zu warten, dass sich das Thema hoffentlich von selbst erledigt, das ist einfach zu billig." In einem weiteren Beitrag trägt die Montags-SZ (Markus Balser u.a.) Reaktionen von Verbraucherschützern zusammen, die seit langem für Sammelklagen kämpfen.

Erbschaftsteuerreform: Der Bundesrat hat am Freitag die Reform der Erbschaftsteuer beschlossen. Die Samstags-FAZ (Hendrik Wieduwilt/Manfred Schäfers) stellt die Reaktionen aus Politik und Wirtschaft dar. Letztere zeigt sich zufrieden, befürchtet aber die Bürokratie. In einem gesonderten Beitrag beantwortet die Samstags-FAZ (Manfred Schäfers) die wichtigsten Fragen zur Neuregelung.

Länderfinanzausgleich: Bund und Länder haben sich über eine Reform des Länderfinanzausgleichs geeinigt. Die bisherigen Zahlungen von wenigen reichen "Geber-Ländern" an arme "Nehmer-Länder" entfallen. Ein Ausgleich soll nur noch über den Anteil an der Umsatzsteuer erfolgen. Insgesamt soll der Bund ab dem Jahr 2020 jährlich 9,5 Milliarden Euro, zum Teil zweckgebunden, bereitstellen. Bayern und Hessen wollen ihre beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Klagen zurückziehen. Die Samstags-SZ (Cerstin Gammelin) und die Samstags-Welt (Nikolaus Doll) erläutern den Kompromiss.

Manfred Schäfers (Samstags-FAZ) sieht durch die Neuregelung den Föderalismus in Gefahr: "Die im Grundgesetz vorgenommene Aufgabenverteilung interessiert offenbar keinen mehr." Joachim Käppner (Montags-SZ) bewertet die Reform ebenfalls als Schritt zu mehr Zentralgewalt, begrüßt diesen jedoch. Der bisherige Finanzausgleich sei der "Irrgarten des Föderalismus". Auch Gudula Geuther (deutschlandfunk.de) begrüßt die Einigung. Mehr Durchgriffsrechte des Bundes seien in einigen Bereichen sinnvoll.

Die Samstags-FAZ (Jasper von Altenbockum) analysiert den Verlauf der Verhandlungen und die verschiedenen Interessen von Bund und Ländern. Die Samstags-SZ (Markus Balser/Cerstin Gammelin) und spiegel.de (David Böcking) geben einen Überblick über die wichtigsten Absprachen zwischen Bund und Ländern.

Kooperationsverbot: Nach der Einigung zum Länderfinanzausgleich besteht Uneinigkeit über den Fortbestand des Kooperationsverbots im Bildungsbereich. Während der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Hubertus Heil erklärte, das Kooperationsverbot sei "Geschichte", und eine zügige Grundgesetzänderung forderte, drückte Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) auf die Bremse, wie die Montags-FAZ (Heike Schmoll) schreibt.

Kipping zu BVerfG: Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) kritisiert die Linkspartei-Vorsitzende Katja Kipping für einen Tweet, den diese nach der Verkündung des BVerfG-Beschlusses zu Ceta, abgesetzt hat. Darin warf die Politikerin dem Bundesverfassungsgericht vor, "Klassenjustiz" zu betreiben und sich zum "Handlanger von #GroKo & Großkonzernen" zu machen.

Informationstechnik in der Verwaltung: In einem Gastbeitrag für die Samstags-SZ warnt der Rechtswissenschaftler und ehemalige Datenschutzbeauftragte Hans Peter Bull davor, den Nutzen von Informationstechnik in der Verwaltung zu überschätzen: "Wenn es um die angemessene Anwendung von Rechtsbegriffen oder die Ausübung von Ermessen geht, nützt die automatisierte Datenverarbeitung wenig."

Nationalstaaten in Europa: Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier beschäftigt sich in der Montags-FAZ mit dem Verhältnis von Europäischer Union und Nationalstaaten. Angesichts zunehmender Skepsis gegenüber Europa hält er die permanente Vertiefung der Integration für verfehlt. Für einen europäischen Bundesstaat fehle es nicht nur an der Bereitschaft in der Bevölkerung, sondern auch an einer gesamteuropäischen Zivilgesellschaft und Medienöffentlichkeit. Stattdessen müsse anerkannt werden, dass auch in Zukunft Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in den Nationalstaaten verwirklicht werden.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 15. bis 17. Oktober: "Terror" im Ersten / Vorerst keine Sammelklagen / Peggy und der NSU . In: Legal Tribune Online, 17.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20875/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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