Die juristische Presseschau vom 24. Februar 2016: Befangen wegen Face­book­bild / Anonyme Samen­spenden / Pläd­oyer Mord

24.02.2016

Der BGH befindet einen Richter wegen eines Bildes auf Facebook für befangen. Außerdem in der Presseschau: Anonyme Samenspenden sollen bald der Geschichte angehören und der GBA möchte möglichst viele Syrien-Heimkehrer wegen Mordes drankriegen.

Thema des Tages

BGH zu Befangenheit wegen Facebookbild: Der Bundesgerichtshof hat einen Richter für befangen befunden, der auf Facebook mit dem T-Shirt-Aufdruck "Wir geben ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA" zu sehen war. Diese Äußerung sei nicht einfach nur neckisch, sondern dokumentiere eine innere Haltung des Vorsitzenden, die bei verständiger Betrachtung besorgen lasse, dass dieser Spaß an der Verhängung hoher Strafen habe und sich über die Angeklagten lustig mache, urteilte der BGH. Der Internetauftritt sei deshalb mit der gebotenen Unvoreingenommenheit eines im Bereich des Strafrechts tätigen Richters nicht zu vereinbaren. Weil ein so befangener Richter am Urteil einer Großen Strafkammer des Landgerichts Rostock mitgewirkt hatte, mit dem zwei Angeklagte wegen erpresserischen Menschenraubes zu acht bzw. fünf Jahren und zehn Monaten Freiheitsentzug verurteilt worden waren, wurde es aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung an ein anderes Gericht zurückverwiesen. Nach Einschätzung der SZ (Heribert Prantl) kann die Entscheidung als Wunder betrachtet werden, da auf Befangenheit eines Richters gestützte Revisionsrügen nur selten durchgingen. Es berichtet auch die taz (Christian Rath).

Rechtspolitik

Bundestrojaner: Nach vier Jahren Programmierungsarbeit hat das Bundeskriminalamt den neuen Bundestrojaner präsentiert, der nur können soll, was er auch darf – und zwar auf laufende Kommunikation zugreifen. Es fehle jedoch nach wie vor an einer gesetzlichen Grundlage für die Quellen-TKÜ, merkt Christian Rath (BadZ) an. Eine solche sei bisher nur für präventive Ermittlungen des BKA, nicht aber für die Strafverfolgung gegeben.

Insolvenzreform: Die FAZ (Joachim Jahn) befasst sich mit der Kritik am Reformplan der Insolvenzordnung. In seiner Stellungnahme an den Rechtsausschuss des Bundestages habe der Bundesverband der Deutschen Industrie die geplante Begünstigung von Finanzämtern und Krankenkassen bemängelt. Dadurch werde es zum befürchteten Wettlauf der Gläubiger kommen, bei welchem den öffentlichen Gläubigern ein entscheidender Vorsprung eingeräumt werde. Dies gefährde das insolvenzrechtliche Ziel einer gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger.

Auslandskindergeld: Die Bundesregierung erwägt das Kindergeld für EU-Ausländer, deren Kinder im Ausland leben, entsprechend der dort geringeren Lebenshaltungskosten zu kürzen. Wie Christian Rath (taz) schreibt, gehe es ihr dabei vor allem um Integrationspolitik. Das deutsche Kindergeld solle keinen Anreiz dafür bieten, dass Eltern ihre Heimat und Kinder verlassen, um in Deutschland zu arbeiten.

Abschaffung anonymer Samenspenden: Nach Plänen der grünen Bundestagsfraktion sollen anonyme Samenspenden in Zukunft unterbunden werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf, der aus einer Samenspende gezeugten Kindern einen Anspruch auf Auskunft über den Namen ihres Vaters verschaffen würde, soll in Kürze in den Bundestag eingebracht werden, schreibt die FAZ (Helene Bubrowski). Zwar habe das Bundesverfassungsgericht diesen Anspruch auf Kenntnis der eigenen Abstammung schon 1989 hergeleitet, die anonyme Samenspende sei jedoch weiter gängige Praxis.

Haftung für Atom-Altlasten: Wie SZ (Michael Bauchmüller) berichtet, haben mehrere Umweltverbände davor gewarnt, die deutschen Stromkonzerne langfristig aus ihrer Haftung für nukleare Altlasten zu entlassen. Die Abweichung vom Verursacherprinzip sei als schockierend bezeichnet worden. Hintergründe und Einzelheiten des Entwurfs der Atomfinanz-Kommission schildert noch einmal die taz (Malte Kreutzfeldt). In einem gesonderten Kommentar bezeichnet Malte Kreutzfeldt (taz) die von Umweltverbänden geforderte unbegrenzte Haftung als unpraktikabel, weil bei der zu befürchtenden Insolvenz der Stromkonzerne am Ende auch der Steuerzahler zahle.

Verbandsklagerecht bei Datenschutzverstößen: Das Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts tritt nach der gestrigen Verkündung im Bundesgesetzblatt am heutigen Mittwoch in Kraft, meldet internet-law (Thomas Stadler).

Leiharbeit und Werkverträge: In einem Update auf Handelsblatt-Rechtsboard weist der Rechtsanwalt André Zimmermann darauf hin, dass das Kabinett am 9. März über den geänderten Gesetzentwurf zu Leiharbeit und Werkverträgen beschließen soll und stellt die geplanten Änderungen überblicksartig dar.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 24. Februar 2016: Befangen wegen Facebookbild / Anonyme Samenspenden / Plädoyer Mord . In: Legal Tribune Online, 24.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18567/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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