Die juristische Presseschau vom 19. März 2015: BVerfG zu Kuckuckskindern – Schönheitsreparaturen: BGH stärkt Mieter – Uber Pop ist verboten

19.03.2015

Die Mutter eines "Kuckuckskindes" muss dem Scheinvater nicht mitteilen, wer der leibliche Vater sein könnte, hat das BVerfG entschieden. Außerdem in der Presseschau: Vorratsdatenspeicherung – herrscht anlasslose Aufregung? Der BGH stärkt Mieterrechte in Sachen Schönheitsreparaturen, das LG Frankfurt untersagt den Betrieb von Uber Pop und Frankreich beschließt ein Sterbehilfegesetz.

Thema des Tages

BVerfG zum Auskunftsanspruch von Scheinvätern: Um Unterhaltsregress gegenüber leiblichen Vätern geltend zu machen, können Scheinväter die Mütter von "Kuckuckskindern" fortan nicht mehr verpflichten, sie darüber aufzuklären, mit wem sie sexuelle Kontakte hatten. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einem Beschluss vom Februar entschieden. Das BVerfG erteilt damit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Absage, der einen solchen Anspruch aus Treu und Glauben ableitet. Ein derartiger Auskunftsanspruch stellt nach Ansicht des BVerfG einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Mutter dar, der sich auf richterliche Rechtsfortbildung nicht stützen lässt. Allein der Gesetzgeber könne eine entsprechende Regelung schaffen. Die Entscheidung geht auf die Verfassungsbeschwerde einer Mutter zurück, die vom Oberlandesgericht Schleswig-Holstein zu einer Auskunft verpflichtet wurde. Die taz (Christian Rath) und lto.de berichten.

Constantin van Lijnden (lto.de) hält den Beschluss für eine Fehlentscheidung. Das BVerfG habe formalisiertes Gerechtigkeitsempfinden anstelle von Empathie walten lassen – indem es die Belange von Betrügerinnen in grotesker Weise überbetone.

Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) liest aus dem Beschluss des BVerfG die "Dekonstruktion der Abwägungskonstellation" des BGH heraus. Die Freiheit der Justiz, Generalklauseln kreativ auszulegen, habe nun eine klare Richtung: "Für Grundrechtssschutz dürfen sie ganz viel, gegen Grundrechtsschutz entsprechend wenig.

Rechtspolitik

Vorratsdatenspeicherung: Im Streit um die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung vergleicht die SZ (Heribert Prantl) die Situation des Bundesjustizministers Heiko Maas (SPD) mit der Sabine Leutheusser-Schnarrenbergers (FDP), die 1995 in ihrer ersten Periode als Justizministerin den Großen Lauschangriff nicht mittragen wollte und schließlich zurücktrat. Jetzt wie damals wolle eine Parteispitze die Umsetzung, und Ober steche Unter. Maas werde allerdings aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung einer Datenspeicherung nur bei ganz bestimmten Anlässen und Verdachtsmomenten zustimmen können.

Angesichts der engen Vorgaben einer möglichen Regelung ruft Jost Müller-Neuhof (Tagesspiegel) zur Raison auf: Die Aufregung sei anlasslos, "weil das Datensammeln nach Urteilen des Verfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs in jeder Hinsicht domestiziert sein muss. Mit dem Großangriff auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht, als der es einst konzipiert war, wird es nichts mehr zu tun haben."

Bedenken zur Pkw-Maut: Hätte die Pkw-Maut vor dem Europäischen Gerichtshof Bestand? Nein, so die Äußerung des Rechtsprofessors Franz Mayer am gestrigen Mittwoch in der Anhörung des Bundestags-Verkehrsausschusses. Die Maut könnte schnell vom EuGH gekippt werden – im Eilverfahren sechs bis neun Monate nach Klageerhebung. Die Kopplung der Maut an die Entlastung bei der Kfz-Steuer für Inländer bedeute eine mittelbare Diskriminierung für Ausländer, so Mayer. Die FAZ (Kerstin Schwenn) berichtet.

Bedenken zum IT-Sicherheitsgesetz: Nach einem Bericht des Handelsblattes (Till Hoppe) stellt ein Gutachten die Verfassungsmäßigkeit des geplanten IT-Sicherheitsgesetzes in Frage. Zu bemängeln sei, dass die Betreiber kritischer Infrastrukturen vom Gesetz erfasst, staatliche Behörden aber ausgenommen und Hersteller von IT-Produkten nicht erfasst würden. Autor des Gutachtens ist der Anwalt Christoph Ahlhaus (CDU).

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 19. März 2015: BVerfG zu Kuckuckskindern – Schönheitsreparaturen: BGH stärkt Mieter – Uber Pop ist verboten . In: Legal Tribune Online, 19.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14992/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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