Die juristische Presseschau vom 20. Juni 2017: Experten gegen NetzDG / Meinei­dige Frauke Petry ? / Helmut Kohl und das Recht

20.06.2017

Recht in der Welt

Polen – Rechtsstaat: Der wissenschaftliche Mitarbeiter Oscar Szerkus gibt auf lto.de einen Überblick zu den vor Ort als "gute Veränderungen" der Judikative beworbenen Maßnahmen der polnischen Regierungspartei PiS.

Ungarn – Flüchtling: Ein ungarisches Berufungsgericht hat die Verurteilung eines syrischen Flüchtlings wegen terroristischer Aktivitäten aufgehoben und ein neues Verfahren angeordnet. Dem Mann war vorgeworfen worden, den Sturm auf einen Grenzzaun initiiert zu haben, schreibt die SZ (Cathrin Kahlweit). Nach der jetzigen Entscheidung seien aber sowohl der Ablauf der Aktion als auch die angebliche Rädelsführerschaft des Manns unklar geblieben.

Türkei/Griechenland – Auslieferung: Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim hat erklärt, dass die Entscheidung der griechischen Justiz, acht nach angeblicher Beteiligung am Putschversuch gesuchte Soldaten nicht an die Türkei auszuliefern, respektiert würde. Dies meldet die taz.

Sonstiges

Helmut Kohl: Herrschaft gerate "eben auch in der Demokratie leicht an die Grenzen des Rechts", schreibt die FAZ (Reinhard Müller) in einem Rückblick auf rechtliche Auseinandersetzungen des soeben verstorbenen Bundeskanzlers a.D. Helmut Kohl. Dieser habe mehrfach, etwa bei einer Zeugenvernehmung im Strafverfahren gegen den ehemaligen Rüstungsstaatssekretär Holger Pfahls, in der verfassungsrechtlich problematischen Ansetzung von Neuwahlen 1983 und nicht zuletzt durch seinen Umgang mit der CDU-Spendenaffäre, bewiesen, dass er sich wie andere "große" Gestalten "gelegentlich über die für alle geltenden Regeln hinwegsetzen" konnte.

NSA-U-Ausschuss: Eine Woche vor dem Abschlussbericht des NSA-Untersuchungsausschusses des Bundestags haben die Oppositionsparteien ihre Sondervoten vorgestellt. Nach ihren Erkenntnissen hätte die Ausschussarbeit eine "anlasslose, massenhafte Überwachung" von NSA und BND in Deutschland zutage gefördert, schreibt die taz (Konrad Litschko).

Fall Amri: Für Bruno Jost, den Berliner Sonderermittler zum Anschlag auf dem Breitscheidplatz, verfestigt sich der Eindruck von Aktenmanipulationen beim Landeskriminalamt. Dem Innenausschuss des Abgeordnetenhauses berichtete Jost von einem neuerlichen Aktenfund, einer möglichen Strafanzeige gegen Amri, die vom 2. Januar des Jahres stamme. Dies berichtet die FAZ (Mechthild Küpper).

Autonomes Fahren: Dem Hbl (Daniel Delhaes) liegt ein bislang unveröffentlichtes Gutachten des wissenschaftlichen Beirats beim Bundesverkehrsministerium zur "Einführung des automatisierten Fahrens" vor. Die Wissenschaftler hätten betont, dass es notwendig sei, "etliche Akzeptanz-, Rechts-, Sicherheits-, Infrastruktur- und Risikofragen zu klären". Vor der Einführung selbst halbautomatisierter Anwendungen müsse eine Haftungsverschiebung zu Lasten der Hersteller und Betreiber erfolgen. Daneben stellt am heutigen Dienstag eine unabhängige Kommission unter Leitung des früheren Verfassungsrichters Udo Di Fabio 20 ethische Regeln für das autonome Fahren vor, die der Zeitung gleichfalls vorliegen. Unter anderem werde festgestellt, dass die Schadenshaftung den gleichen Grundsätzen "wie in der übrigen Produkthaftung" unterliege.

Das Letzte zum Schluss

Verdacht: § 160 Abs. 2 Strafprozessordnung beschreibt den Umfang der staatsanwaltschaftlichen Aufklärungspflicht als sowohl be- wie auch entlastende Umstände umfassend. Ganz scharf hingeschaut bei den erstgenannten Umständen hat ein Mitarbeiter der Stuttgarter Abteilung der objektivsten Behörde der Welt in einem Fall, über den lawblog.de (Udo Vetter) und burhoff.blog.de (Detlef Burhoff) berichten. In einem Strafbefehlsverfahren wegen Fahrens ohne Führerschein begründe sich der Verdacht gegen den Angeschuldigten auch durch dessen Verteidigerwahl: der Rechtsanwalt vertrete "bekanntlich fast ausschließlich Mandanten … die über den so genannten Führerscheintourismus Fahrerlaubnisse … erwerben".

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/mpi

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 20. Juni 2017: Experten gegen NetzDG / Meineidige Frauke Petry ? / Helmut Kohl und das Recht . In: Legal Tribune Online, 20.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23119/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen