Die juristische Presseschau vom 18. bis 20. April 2015: Union kritisiert BVerfG – Auschwitz-Wachmann will aussagen – Enthüllungen zu US-Drohnen

20.04.2015

Überzogene Einmischung? Oder unliebsame Entscheidungen? Unionspolitiker kritisieren das Bundesverfassungsgericht, stoßen aber nicht überall auf Beifall. Außerdem in der Presseschau vom Wochenende: Debatte um Sterbehilfe, Führerscheinentzug als Strafe, Prozess gegen Auschwitz-Wachmann, US-Drohnenangriffe, Betreuungsgeld und eine Nacht in einer englischen Zelle.

Thema des Tages

Union kritisiert BVerfG: In der Union herrscht Unmut über Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Laut WamS (Susanne Gaschke/Thorsten Jungholt/Thomas Vitzthum u.a..) kritisieren Unionspolitiker, dass die Verfassungsrichter sich mit ihren Entscheidungen zu stark in die Politik einmischen – so etwa beim Kopftuchbeschluss, bei der Verhandlung um das Betreuungsgeld und bei der Aufhebung der Drei- bzw. Fünf-Prozent-Hürden bei Kommunal- und Europawahlen. Zitiert werden Gerda Hasselfeldt (CSU), Elmar Brok (CDU) und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU). Im Kanzleramt halte man sich zwar mit Kritik am Verfassungsgericht "strikt zurück", aber das sei ein "dröhnendes Schweigen". Die Montags-SZ (wiw/fmue) greift die Berichterstattung auf. Die Montags-Welt (Thomas Jungholt) schildert erneut ausführlich die Kritik der Unionspolitiker, zitiert aber zudem Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), der die Verfassungsrichter verteidigt.

Thorsten Krauel (Montags-Welt) findet, in den pauschalen Vorwürfen stecke ein "wahrer Kern", die Politik könne die "praktische Wirklichkeit" besser einschätzen als das Gericht. Wolfgang Janisch (Montags-SZ) hält die Argumente der Union für "dünn" und kritisiert, dass sie schon seit Jahren "mit strategischer Kühle" versuche, das Gericht zu diskreditieren. Christian Rath (Montags-taz) schreibt, die Kritik sei "ungerecht". Das Gericht habe Verfassungsfragen unvoreingenommen geprüft und werde das auch beim Betreuungsgeld tun – wobei es für die Union schlecht aussehe.

Rechtspolitik

Sterbehilfe und Suizidhilfe: Der Rechtsanwalt und Publizist Oliver Tolmein kritisiert in der Samstags-FAZ den Aufruf zahlreicher Strafrechtler gegen eine "Ausweitung der Strafbarkeit der Sterbehilfe". Die Strafrechtler – darunter Bundesrichter Thomas Fischer – ließen es an "wissenschaftlicher Genauigkeit und Differenziertheit der Argumente" fehlen. Bei aktuellen Gesetzesvorhaben gehe es keinesfalls darum, Sterbehilfe im eigentlichen Sinne, etwa in der Palliativmedizin, einzuschränken, sondern um organisierte und geschäftsmäßige Suizidhilfe.

Schutz von Kleinanlegern: Nach Informationen der Samstags-Welt (Karsten Seibel) soll der Gesetzentwurf zum Schutz von Kleinanlegern deutlich entschärft werden. Um Start-Ups und Crowdfunding-Projekte nicht unnötig zu belasten, solle erst ab 2,5 Millionen Euro ein umfassender Wertpapierprospekt Pflicht werden. Auch auf ein weitreichendes Werbeverbot werde verzichtet. Stattdessen sollten Warnhinweise und ein Widerrufsrecht die Anleger schützen.

Führerscheinentzug als Strafe: Führerschein weg – auch wenn es nicht um Verkehrsdelikte geht? Laut Rheinischer Post (Eva Quadbeck) wollen Union und SPD den Führerscheinentzug künftig auch bei anderen Straftaten einsetzen. Das soll Straftäter treffen, für die eine Geldstrafe kein "fühlbares Übel" darstellt, etwa Steuerbetrüger. Bundesjustizminister Heiko Maas solle in der zweiten Jahreshälfte einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen.

Nudging: Auf verfassungsblog.de wird die Diskussion um "Nudging" weitergeführt. Sabine Junginger versteht Recht und Politik als "Design", Christopher Unseld sieht die Debatte als Herausforderung, die typische deutsche "Rechtsbrille" abzulegen und Niels Petersen erklärt, warum sich Juristen – und nicht nur Sozialwissenschaftler – mit Nudging beschäftigen sollten.

EU-Flüchtlingspolitik: Schon bevor in der Nacht zum Sonntag erneut ein Flüchtlingsboot im Mittelmeer sank, hatte Heribert Prantl (Samstags-SZ) angesichts der vielen Toten seit Beginn des Jahres in scharfen Worten die EU-Grenzpolitik kritisiert und legale Einreisemöglichkeiten gefordert. Auch Hans-Jürgen Schlamp (spiegel.de) hält ein Einwanderungsgesetz für notwendig: Selbst eine "brutale Zuwanderungsregelung", die sich allein an den ökonomischen Interessen der Aufnahmeländer orientiert, sei besser als die derzeitige Situation.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. bis 20. April 2015: Union kritisiert BVerfG – Auschwitz-Wachmann will aussagen – Enthüllungen zu US-Drohnen . In: Legal Tribune Online, 20.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15277/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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