Die juristische Presseschau vom 20. Januar 2015: Demo-Verbot und Grundrechte – Rückkehr der kommunalen Sperrklausel – Einblicke bei Familie Aldi

20.01.2015

In Dresden werden nicht nur Pegida-, sondern gleich alle Demonstrationen verboten. Zu Recht? Außerdem in der Presseschau: Comeback für kommunale Sperrklausel, Grundsteuer-Vorlage an das BVerfG, Aldi-Witwe im Zeugenstand, Steuerhinterziehung und Selbstbelastung, Erkenntnisse aus dem NSA-Untersuchungsausschuss und fragwürdige Erziehung per Zahlungsaufforderung.

Thema des Tages

Demonstrationsverbot: Am gestrigen Montag demonstrierten weder Anhänger noch Gegner der Pegida-Bewegung in Dresden. lto.de fasst Äußerungen von Politikern zusammen. Die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) etwa habe Unverständnis dafür geäußert, dass von dem polizeilichen Versammlungsverbot auch potentielle Gegendemonstranten erfasst wurden. Diesen Aspekt bezeichnet die taz (Christian Rath) als rechtswidrig. Im Übrigen geht der Beitrag auf die Voraussetzungen eines Demonstrationsverbotes ein.

Auch Christian Bommarius (Berliner Zeitung) hält das gleichzeitig ergangene Verbot der Gegendemonstration für "kaum zu begründen." Für die nach der Brokdorf-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hierfür notwendige "hohe Wahrscheinlichkeit" von Gewalttätigkeiten bestünde ebenso wenig Anlass wie die Annahme einer Bedrohung durch "Dschihadisten." Die Polizei habe mit ihrer Verfügung ihre eigentliche Aufgabe verletzt: "durch Herstellung der Sicherheit das Leben in Freiheit zu ermöglichen." Heribert Prantl (SZ) hält den Ansatz, im Zweifel über Sicherheitslagen zu verbieten, für "eine grundfalsche und grundrechtswidrige Devise." Nun sei eine heikle Lage entstanden, durch die die Polizei in der kommenden Woche und auch danach womöglich erneut zu einem Verbot und damit einem Grundrechtsverstoß gezwungen würde. Dagegen vermisst Reinhard Müller (FAZ) im Leitartikel des Blattes in der öffentlichen Diskussion "ein klares Bekenntnis – nicht zu Pegida, sondern zu den Grundrechten und dem öffentlichen Frieden." Störenfriede seien nicht diejenigen, die – auch mit provokanten Thesen – ihre Versammlungsfreiheit wahrnähmen, sondern jene, die Demonstranten störten.

Im Gespräch mit der taz (Plutonia Plarre) erinnert der Leiter der Polizeihistorischen Sammlung im Berliner Polizeipräsidium, Harold Selowski, an historische Vorbilder des jetzigen Verbots: Während bei Auseinandersetzungen während des sogenannten Berliner Blutmais 1929 mehr als 30 Menschen ums Leben kamen, habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Brokdorf-Urteil 1985 die Auflösung von Versammlungen strengen Voraussetzungen unterworfen.

Rechtspolitik

Kommunale Sperrklausel: Nach Bericht der FAZ (Reiner Burger) bereitet die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen die Wiedereinführung einer Sperrklausel für Kommunalwahlen vor. Sie stütze sich hierbei auf ein Rechtsgutachten "einer renommierten Bonner Großkanzlei." In diesem sei dargelegt, dass die in einem Urteil des Verfassungsgerichtshofes des Landes 1999 erarbeiteten Voraussetzungen für die Zulässigkeit derartiger Klauseln "praktisch nicht erfüllbar" seien. Sperrklauseln könnten - statt wie bisher einfachgesetzlich – in der Verfassung festgeschrieben werden.

Bildungsurlaub: Gesetzesvorhaben in Baden-Württemberg und Thüringen sehen das Recht für Arbeitnehmer vor, sich bis zu fünf Tage im Jahr für Weiterbildungsmaßnahmen freistellen zu lassen. Die SZ (Kristiana Ludwig) berichtet über Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung dieses Rechts, dass beispielsweise in Nordrhein-Westfalen schon seit 30 Jahren gilt.

Gerichtssprache Englisch: In einem Gastbeitrag für das Handelsblatt wirbt Rechtsprofessor Klaus J. Hopt für eine schleunige Bearbeitung des gegenwärtig im Bundesrat anhängigen Gesetzentwurfes zur Einführung von Kammern für Internationale Handelssachen. Ein Modellversuch im Gerichtsbezirk des Oberlandesgerichts Köln hätte belegt, dass auch vor der Verwendung der englischen Sprache nicht zurückgeschreckt werden müsse.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 20. Januar 2015: Demo-Verbot und Grundrechte – Rückkehr der kommunalen Sperrklausel – Einblicke bei Familie Aldi . In: Legal Tribune Online, 20.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14421/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen