Die juristische Presseschau vom 19. Oktober 2016: Kritik an "Terror" / Reform der Juris­ten­aus­bil­dung / Revi­sion gegen Deut­sche Bank

19.10.2016

Die Verfilmung von Schirachs "Terror" sieht sich herber Kritik ausgesetzt. Außerdem: Behinderte Dobrindt das Musterklagen-Vorhaben? Revision in Sachen Deutsche Bank, Justizminister erwägen Reform der Juristenausbildung.

Thema des Tages

Kritik an "Terror": Die am vergangenen Montagabend gesendete Verfilmung von Schirachs Theaterstück "Terror" sieht sich einiger Kritik ausgesetzt. So habe der Film die strafrechtliche Lage falsch dargestellt: Er bringe etwa Rechtswidrigkeit und Schuld durcheinander, erörtere Entschuldigungsgründe nicht ausreichend und suggeriere den Zuschauern mit der Entscheidung "Schuld oder Unschuld", es gebe nur diese beiden Lösungen, obwohl das Strafrecht weitere kenne. Der Film vermittele ein "primitives" Bild des Rechts, das keine überzeugende Antwort für diesen besonderen Fall finden könne. Die Kritiker monieren zudem, es widerspreche dem Rechtsstaat, das Grundrecht der Menschenwürde für Opportunitätsüberlegungen zu öffnen und Menschen damit zum reinen Objekt der Staatsgewalt zu machen. Dies habe schon das BVerfG in seiner Entscheidung zum Luftsicherheitsgesetz erklärt. Die Spannung habe mehr gezählt, als eine sachlich richtige Darstellung. Bundesrichter Thomas Fischer braust in seiner zeit.de-Kolumne. Frank Bräutigam (tagesschau.de) wägt zudem ab, wie sinnvoll solche Volksbefragungen in Rechtsfragen sind. Christian Bommarius (BerlZ) sieht eine Abstimmung über ein Scheinproblem. Heribert Prantl (SZ) setzt sich auch mit der darauffolgenden Diskussion bei "Hart aber fair" auseinander. Rechtsanwalt Heinrich Schmitz zieht sein Fazit auf causa.tagesspiegel.de und Rechtsanwalt Wolfgang Kubicki auf focus.de.

Rechtspolitik

Musterklagen: Nach Recherchen der SZ (Markus Balser/Klaus Ott u.a.) mit NDR und WDR heißt es, das Vorhaben Musterfeststellungsklage sei deswegen nicht vorangegangen, weil Bundesverkehrsminister Dobrindt (CSU) alle Passagen dazu anlässlich der regierungsinternen Abstimmung aus einem Entwurf des Justizressorts herausstrich. Dies belegten handschriftliche Notizen des Ministers ("Komplett streichen!"). Auf Anfrage habe er nun angegeben, er sei "offen" für eine Regelung der Musterklage.

Ceta: Die EU-Handelsminister haben Ceta an die Bedingungen des Bundesverfassungsgerichts angepasst. Allerdings konnten sie sich bei ihrem Treffen nicht auf eine vorläufige Anwendung des Abkommens einigen, nachdem die Zustimmung aus Belgien, Rumänien und Bulgarien aus unterschiedlichen Gründen fehlt. Beim EU-Gipfeltreffen ab morgigem Donnerstag sollen nun die letzten Hindernisse des Abkommens ausgeräumt werden, denn dieses soll am 27. Oktober mit Kanada unterzeichnet werden, schreiben SZ (Daniel Brössler) und FAZ (Hendrik Kafsack). Das Hbl (Dana Heide) berichtet über den durch die BVerfG-Entscheidung bedingten Zusatztext.

Albakr/Justizvollzug: Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) verteidigt gegenüber der SZ (Cornelius Pollmer/Robert Rossmann) das Vorgehen des Generalbundesanwalts in Sachen Albakr: Dieser habe "im Rahmen seiner Zuständigkeiten und seiner Befugnisse angemessen und adäquat gehandelt". Maas bezweifelt zudem, dass mit einem Gefängnis für terroristische Verdächtige in der Sache etwas gewonnen wäre. Das Problem suizidgefährdeter Häftlinge beschränke sich nicht nur auf Terrorismusverfahren. Eine Expertenkommission wird nun dabei helfen, den Fall Albakr aufzuklären.

Auch Generalbundesanwalt Peter Frank selbst weist die Vorwürfe im Interview mit der FAZ (Reinhard Müller) zurück und trägt ähnliche Bedenken hinsichtlich einer Haft-Reform vor. Er erklärt, dass Albakr auch nach Vorführung vor dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs wieder in die sächsische Justizvollzugsanstalt gebracht worden wäre. Eine Totalüberwachung eines Inhaftierten stelle einen schwerwiegenden Eingriff in dessen Persönlichkeitsrecht dar und bedürfe einer entsprechenden Rechtfertigung.

Bundesgefängnis für Terroristen: Der Rechtsanwalt Nikolaos Gazeas führt im Interview mit spiegel.de (Ansgar Siemens) aus, warum er zentrale Justizvollzugsanstalten für in Untersuchungshaft befindliche Terrorverdächtige befürwortet. Er äußert sich zudem zu den Besonderheiten islamistischer Inhaftierter und hält fest, warum ein zentrales Gefängnis für verurteilte Islamisten nicht sinnvoll sei. Er betont, es brauche weder Reformen im materiellen Strafrecht noch im Recht zur Untersuchungshaft.

Legalisierung von Cannabis: Der Ko-Bundesvorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, spricht sich in der Welt dafür aus, Cannabis zu legalisieren.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 19. Oktober 2016: Kritik an "Terror" / Reform der Juristenausbildung / Revision gegen Deutsche Bank . In: Legal Tribune Online, 19.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20898/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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