Die Diskussion um ein Aufführungsverbot des antiislamischen Spielfilms "Innocence of Muslims" wird intensiver. Außerdem in der Presseschau: Viviane Reding auf dem Juristentag, Sascha Opel vor Gericht, Siemens im Patentstreit, Ermittlungen gegen einen KZ-Wachmann und warum eine Großmutter die Taufe ihrer Enkeltochter widerrufen musste.
Verbot des Anti-Islam-Film: Wie die FAZ (Günter Bannas) berichtet, haben in der Diskussion um ein mögliches Verbot des antiislamischen Spielfilms "Innocence of Muslims" Vertreter der Bundesregierung (Angela Merkel, Hans-Peter Friedrich, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Guido Westerwelle) zumindest die Prüfung eines Aufführungsverbots zugesagt, da mit dem Film die Störung des öffentlichen Friedens bezweckt werde. Auch Cem Özdemir unterstütze ein Verbot des Films, andere Politiker der Grünen (Jürgen Trittin, Renate Künast) sähen dagegen keine Handhabe für ein Verbot, sollte die Splittergruppe "Pro Deutschland" den Film öffentlich zeigen.
Die SZ (Constanze von Bullion / Joachim Käppner / Sebastian Krass) setzt sich mit der Reaktion muslimischer Verbände auseinander, die nur teilweise für ein Verbot plädierten. SZ.de führt ein Interview mit Lamya Kaddor, der Vorsitzenden des Liberal-Islamischen Bundes, die sagt: "Es wäre ein Zeichen der Stärke, den Film zu zeigen."
Christian Geyer (FAZ) nennt in einem Beitrag im Feuilleton "gute Gründe", die für ein Verbot sprächen. Die steigende Zahl der Toten weltweit sei ein Indiz dafür, dass durch eine Aufführung auch in Deutschland der öffentliche Frieden gestört würde.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Meldegesetz im Vermittlungsausschuss: Vor der sich abzeichnenden Verweisung des umstrittenen Meldegesetzes in den Vermittlungsausschuss am 21. September dokumentiert netzpolitik.org (André Meister) die Empfehlung von Innen- und Rechtsausschuss des Bundestags, des schleswig-holsteinischen Datenschutzbeauftragten Thilo Weichert, sowie die Kritik der Deutschen Vereinigung für Datenschutz, die dem Bündnis "Meine Daten sind keine Ware" angehört.
Patrick Beuth (zeit.de) befürchtet eine Verschlimmbesserung des im Sommer 2012 in weniger als einer Minute verabschiedeten Gesetzes.
Reding auf Juristentag: EU-Justizkommissarin Viviane Reding hat in ihrer Rede auf dem Deutschen Juristentag den deutschen Kritikern, die die Bail-Out-Kompetenz des ESM für einen Rechtsbruch hielten, eine "populärwissenschaftliche" Sicht unterstellt, berichtet die SZ (Wolfgang Janisch / Alexander Hagelüken).
Joachim Jahn (faz.net) wirft der Politikerin deshalb "Rosstäuscherei" und "unverfrorene Thesen" vor.
Außenwirtschaftsrecht: In einem Gastbeitrag gibt Rechtsanwalt Stephan Müller in der FAZ einen Überblick über die von der Bundesregierung geplante Novellierung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG). Exporteure sollten in Zukunft leichter feststellen können, ob Ausfuhrverbote, insbesondere aufgrund militärischer Nutzungsmöglichkeiten, für bestimmte Produkte bestünden.
Ehegattensplitting: Der Notar und Professor Herbert Grziwotz formuliert bei lto.de seine Zweifel an der im Moment diskutierten Abschaffung des Ehegattensplittings. Es brauche zunächst ein Konzept für die Abgrenzung von Familienarbeit und öffentlicher Fürsorge, ehe man die Familienförderung und damit das Ehegattensplitting reformiere.
Jahressteuergesetz/ Cash-GmbHs: Heute berät der Finanzausschuss des Bundestags über das Jahressteuergesetz 2012. Die FTD (Mareeke Buttjer) gibt einen Überblick über die geplanten Änderungen, insbesondere den Plan, die vom Bundesfinanzhof kritisierten Cash-GmbHs, mit denen die Erbschaftssteuer umgangen werden kann, abzuschaffen.
LG Hamburg überlastet: Udo Vetter (lawblog.de) nimmt die Klage der Präsidentin des Landgerichts Hamburg, Sybille Umlauf, über die Überlastung ihres Gerichts zum Anlass, die überregionale Zuständigkeit zweier Hamburger Zivilkammern als "fliegende Gerichtsbarkeit" für Pressesachen in Frage zu stellen. Bei einer entsprechenden Änderung der ZPO lasse sich die Zuständigkeit auf alle Justizverwaltungen verteilen und Hamburger Gerichte seien nur noch für Hamburger Fälle zuständig.
Ulrich Sieber zu Internettauschbörsen: Professor Ulrich Sieber vom Max-Planck-Institut für Strafrecht in Freiburg stellt heute auf dem Juristentag sein Gutachten über Internetkriminalität vor. Im Gespräch mit der Badischen Zeitung (Christian Rath) bezweifelt er unter anderem die Verfassungsmäßigkeit von Internetsperren für Leute, die in Tauschbörsen mehrfach Urheberrechte verletzen.
Weitere Themen – Justiz
LG Stuttgart – Sascha Opel et al.: Vor dem Landgericht Stuttgart müssen sich drei Männer wegen Börsenmanipulationen verantworten, die binnen vier Wochen mit Aktien von De Beira Goldfields 38 Millionen Euro Gewinn erzielt haben sollen. Wie die FTD (Renate Daum / Frauke Ladleif) berichtet, wird dem Kanadier Aly M., einem ehemaligen Focus-Journalisten und dem wegen einer ähnlichen Vorgehensweise bereits einmal verurteilten Sascha Opel "Scalping" (Kursmanipulationen) zur Last gelegt. Über sechzig Mal sollen die Männer die Wertpapiere, die sie selbst besaßen, empfohlen haben.
Ebenfalls die FTD (Renate Daum) bringt ein Porträt von Sascha Opel, der vor zehn Jahren als erster Journalist in Deutschland wegen Kursmanipulationen verurteilt worden war.
Mivenion vs. Siemens: Über den Patentstreit zwischen Siemens und der Berliner Firma Mivenion berichtet die FTD (Jens Brambusch). Das kleine Unternehmen wirft Siemens vor, die Patentrechte an dem technischen Kernbestandteil eines Körperscanners verletzt zu haben.
StA Weiden – Ermittlungen gegen KZ-Wachmann: Die SZ (Wolfgang Wittl) berichtet im Bayern-Teil, dass die Staatsanwaltschaft Weiden möglicherweise Ermittlungen gegen einen ehemaligen Wachmann aus dem Konzentrationslager Auschwitz aufnehmen wird. Nach den Unterlagen, die von der Zentralen Stelle Ludwigsburg an die Ermittler in Weiden abgegeben wurden, könne dem heute 87-jährigen Mann ein "wesentlicher Tatbeitrag" zur Tötung von mehr als 340.000 Menschen zur Last gelegt werden.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Frankreich – Schutz für nackte Brüste: spiegel.de hatte einen Vorbericht gebracht, die FAZ (Michaela Wiegel) meldet heute, dass ein Gericht in Nanterre dem Magazin "Closer" per einstweiliger Verfügung die Verbreitung der Nacktfotos der Prinzengattin Kate untersagt habe.
Sonstiges
Forensische Linguistik: lto.de (Jens Kahrmann) führt ein Interview mit Gabriele Klocke, die als Linguistin am Lehrstuhl für Strafrecht, Kriminologie, Jugendstrafrecht und Strafvollzug der Universität Regensburg tätig ist. Ob man durch seine Sprache den Verdacht auf eine andere Person lenken könne, bezweifelt sie.
Das Letzte zum Schluss
Taufe widerrufen: Amtsrichter Hans-Otto Burschel (blog.beck.de) stellt eine Entscheidung des Amtsgerichts Hagen vor. Eine Frau musste die Aussage widerrufen, sie habe im Jahr 2001 heimlich ihre Enkeltochter getauft. Diese Form des Schadenersatzes ergebe sich aus dem religiösen Selbstbestimmungsrecht der Mutter des Kindes und sei auch für die katholische Kirche beachtlich.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
(Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen epaper des jeweiligen Titels.)
lto/ro
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 19. September 2012: Verbot für Anti-Islam-Film – Nachbesserungen für Meldegesetz – Schutz für nackte Brüste . In: Legal Tribune Online, 19.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7112/ (abgerufen am: 28.03.2024 )
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