Die juristische Presseschau vom 16. bis 18. August 2014: Strate zu Mollath – Kritik an Ceta-Abkommen – Unsicherheit bei privaten Mails im Betrieb

18.08.2014

Mollaths Verteidiger Gerhard Strate reflektiert das Urteil und sein Verhältnis zu Gustl Mollath. Außerdem in der Presseschau: Kritik am geplanten Handelsabkommen Ceta, erneute Anklage gegen NPD-Chef Pastörs, Datenschutz und Dashcams, die unklare Rechtslage bei privaten Mails am Arbeitsplatz - und warum ein brasilianischer Hahn eine elektronische Fußfessel um den Hals trug.

Thema des Tages

Nachwirkungen des Mollath-Urteils: Im Interview mit dem Focus (Ansgar Siemens) spricht Verteidiger Gerhard Strate über das Urteil und sein Verhältnis zu Gustl Mollath. Soweit das Landgericht Regensburg die Gewaltanwendung Mollaths gegen seine geschiedene Frau als erwiesen ansah, akzeptiere er die Begründung zwar nicht, halte sie aber für nachvollziehbar. Zum Bruch zwischen ihm und Mollath sei es gekommen, als dieser öffentlich den Vorwurf erhob, seine Verteidiger hätten zu wenig Zeit für ihn. Strate, der nach eigenen Angaben den Fall vor knapp zwei Jahren pro bono übernommen und etwa 1.400 Arbeitsstunden investiert hatte, nennt Mollath einen "Vulkan, der gelegentlich Lava ablassen muss". Strate weiter: "Man kann nicht, wie Herr Mollath, alle möglichen Vorwürfe zur Steuerehrlichkeit thematisieren und gleichzeitig zu dem konkreten Vorwurf der Körperverletzung vage bleiben, wie er das getan hat."

Nach der Einschätzung von Heribert Prantl (Samstags-SZ) sind Gutachter und Richter vorsichtiger geworden, wenn es um die Unterbringung in psychiatrische Anstalten geht: Es gelte wieder das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Mollath habe eine Selbstbesinnung der Justiz erzwungen – jedoch nur mit Hilfe der Öffentlichkeit, was der Justiz zu denken geben müsse. Für nicht ausreichend hält Prantl die gesetzlichen Mechanismen zur Selbstkorrektur der Justiz.

Christian Rath (Samstags-taz) sieht im guten Ausgang für Mollath keinen Beleg, dass der Rechtsstaat funktioniere: Nur weil sich Mollath als Opfer einer Schwarzgeldaffäre sah und "immer mehr Menschen glaubten, in Bayern werde ein Bankenkritiker psychiatrisiert", habe sich die Justiz gründlich mit dem Fall beschäftigt. Beate Lakotta (Spiegel) kritisiert die Rolle der Medien, die mit Mollath einen "prügelnden Ehemann zum edlen Kämpfer für die Gerechtigkeit" stilisierten.

Rechtspolitik

Ceta-Abkommen: Den Inhalt des zwischen der EU und Kanada geplanten Handelsabkommens Ceta, dessen Vertragsentwurf seit vergangener Woche bekannt ist, fasst die Samstags-SZ (Andrea Rexer) zusammen. Im Hinblick auf die vielfach kritisierten Investitionsschutzklauseln enthalte der Vertragsentwurf die "Überraschung", dass Schiedsgerichtsverfahren grundsätzlich öffentlich stattfinden müssten. Richter könnten allerdings die Öffentlichkeit von Teilen des Verfahrens ausschließen, soweit es um "vertrauliche oder geschützte Informationen" gehe. Der Spiegel (Gerald Traufetter) setzt sich kritisch mit dem derzeitigen Vertragstext auseinander und führt hierfür die Einschätzung des Erlanger Juraprofessors Markus Krajewski ins Feld. Einwände der Kritiker berücksichtige der Vertragstext nur scheinbar, so Krajewski. Immer wieder fänden sich Relativierungen im Text, auch die Formulierungen seien schwammig.

Waffenlieferungen der Bundesregierung: Zu den von der Bundesregierung erwogenen Waffenlieferungen an Kurden zur Bekämpfung der terroristischen IS-Truppen beleuchtet Heribert Prantl (Samstags-SZ) die rechtlichen Anforderungen. In diesem Fall decke Artikel 26 Absatz 1 des Grundgesetzes zwar die Waffenlieferungen in den Nordirak, da sie von der Absicht getragen seien, die Bedrohung der dortigen Minderheiten zu beseitigen – und dadurch das friedliche Zusammenleben der Völker zu ermöglichen. Prantl fordert jedoch, dass sich die Bundesregierung Kriegswaffenexporte in den Nordirak nicht selbst genehmigen sollte. Dies sei "einer parlamentarischen Demokratie nicht gemäß". Vielmehr solle der Bundestag eine Grundsatzentscheidung darüber treffen und damit ebenso beteiligt werden, wie wenn er Auslandseinsätze deutscher Soldaten beschließt.

Prostitutionsgesetz: Die Regierungskoalition hat sich in ihren Reformbestrebungen in Sachen Prostitutionsgesetz laut taz.de in einigen Punkten geeinigt. Prostituierte sollen sich künftig in Kommunen registrieren lassen, eine Erlaubnispflicht für Bordelle ist geplant. Außerdem sollen Flatrate-Sex und "Gang-Bang-Partys" verboten werden.

Pkw-Maut: Mit der Vereinbarkeit einer Pkw-Maut mit EU-Recht befasst sich nun auch das Handelsblatt (Daniel Delhaes). Die Verfassungsrechtler Christoph Degenhart und Joachim Wieland äußern rechtliche Bedenken, allen voran gegen die Diskriminierung von EU-Ausländern durch eine Maut: "Inländer über die Regeln der Kfz-Steuer und Ausländer pauschal zu belangen, widerspricht dem EU-Recht", so Degenhart. Indem Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die Maut nicht nur für Autobahnen, sondern nunmehr für alle Straßen plant, wolle sich der Bund sehr großzügig die Zuständigkeit zuweisen, konstatiert Wieland, könne deshalb aber nicht alle Einnahmen für sich verlangen.

Suizidhilfe: Derzeit schwelt eine rechtspolitische Diskussion um die Frage, ob die gewerbsmäßige Beihilfe zum Suizid strafrechtlich sanktioniert werden soll. Rechtsanwalt Philip von der Meden kritisiert auf lto.de die Pläne. Das Argument der Befürworter eines Verbotes, Angebote zur gewerbsmäßigen Suizidhilfe schüfen erst eine Nachfrage, sei nicht belegt. Von der Meden spricht sich vielmehr für einen legalen, gut zu kontrollierenden Markt aus. Bei der Frage, ob der Tod käuflich sein darf, sei der Gesetzgeber gut beraten, "wenn er diese Frage nicht allgemeinverbindlich und zudem strafbewehrt entscheidet".

Digitale Agenda und Cybersicherheit: In einem ausführlichen Gastbeitrag für die Montags-FAZ wirbt Innenminister Thomas de Mazière für ein IT-Sicherheitsgesetz sowie die "Digitale Agenda", die die Bundesregierung am Mittwoch vorstellen will. Mit der Agenda wolle sich die Bundesregierung auf "den Weg zu einer aufgeklärten Position im Hinblick auf die Digitalisierung" machen.

Europäische Stiftung: Eine einheitliche Rechtsform für eine europäische Stiftung fordert Michael Göring, Vorsitzender der Zeit-Stiftung und Autor, in einem Gastkommentar für das Handelsblatt. Nötig sei die Anerkennung gemeinnütziger Arbeit deutscher Stiftungen im europäischen Ausland – damit "Bürger mit der Marke 'Europa'" auch eine "Bürgergesellschaft verbinden", so Göring. Hoffnungen setzt er außerdem in eine Stiftungsinitiative der Justiz- und Innenminister der Länder.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 16. bis 18. August 2014: Strate zu Mollath – Kritik an Ceta-Abkommen – Unsicherheit bei privaten Mails im Betrieb . In: Legal Tribune Online, 18.08.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12920/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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