Die juristische Presseschau vom 14. bis 17. Mai 2016: Nor­wegen ./. VW / Sicheres Maghreb / Abge­mahnte StA

17.05.2016

In der Abgas-Affäre muss sich VW nun auch gegen den norwegischen Staatsfonds verteidigen. Außerdem in der Presseschau: Bundestag erweitert die Liste sicherer Herkunftsstaaten, StA erhält Abmahnung und schlechte Zeiten für Serienanwalt.

Thema des Tages

Norwegen – VW: Das juristische Nachspiel der Abgas-Affäre von VW setzt sich fort: Über das Wochenende erklärten Vertreter des Staatlichen Pensionsfonds Norwegens, größter Staatsfonds der Welt und Anteilseigner des Autokonzerns, zur Sicherung von Ansprüchen vor Gericht ziehen zu wollen. Der durch die Enthüllungen entstandene Schaden des Fonds, der mit 1,64 Prozent stimmberechtigter Anteile an VW beteiligt ist, solle Hunderte Millionen Euro betragen, schreibt die Dienstags-FAZ (Carsten Germis). Nach einem separaten Kommentar von Carsten Germis (Dienstags-FAZ) belegt die Ankündigung das gewachsene "Misstrauen in das (Krisen-)Management von VW". Das "goldene Quartett aus Eigentümerfamilien, Gewerkschaften, dem Land Niedersachsen … und dem Management" handle seine Interessen nach wie vor im Geheimen und im Widerspruch zur "versprochenen rückhaltlosen Aufklärung des Skandals" aus.

Rechtspolitik

Sichere Herkunftsstaaten: Über die am Freitag im Bundestag beschlossene Einstufung der Länder Marokko, Tunesien und Algerien als asylrechtlich sichere Herkunftsstaaten berichtet u.a. die Samstags-FAZ (Johannes Leithäuser). Zur Kritik der Opposition habe Bundesinnenminister Thomas de Maiziére (CDU) in der Parlamentsdebatte erklärt, dass die bloß "abstrakte Androhung der Todesstrafe" oder die "abstrakte Strafbarkeit von Homosexualität" für sich genommen keine Asylgründe seien. Günther Nonnenmacher (Samstags-FAZ) hält dies in einem Kommentar für "vernünftig". Die aktuell geringe Anerkennungsquote von Asylewerbern aus den genannten Staaten belege, dass "fast alle Antragsteller Wirtschaftsmigranten sind". Nun würden "Fehlanreize" beseitigt. Für Annett Meiritz (spiegel.de) dagegen ergibt die wachsende Zahl sicherer Herkunftsstaaten eine "Liste ohne Sinn". Die Aufnahme folge innenpolitischen Erwägungen der Regierung, sei willkürlich und treffe die Falschen: Wer sich auf eine kriminelle Existenz im Untergrund einrichte, lasse sich auch von der Regelung nicht abschrecken. Nötig seien "ein kluges Einwanderungsgesetz", Konsequenz bei Abschiebungen und "fitte Behörden und Kommunen".

Maas zu AfD: Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) bezeichnet nach einer Meldung von welt.de die AfD in einem am heutigen Dienstag auf spiegel.de erscheinenden Gastkommentar als "nationalistisch, autoritär und frauenfeindlich". Das jüngst beschlossene Grundsatzprogramm der Partei belege, dass sie ein "Deutschland von vorgestern" plane.

§ 175 StGB a.F.: Der Spiegel (Dietmar Hipp) befragt den ehemaligen Bundesanwalt und Schwulenaktivisten Manfred Bruns zur geplanten Aufhebung von Verurteilungen nach § 175 Strafgesetzbuch a.F. und ob Vergleichbares auch wegen des bis 1973 geltenden, sogenannten Kuppelparagrafen angezeigt sei.

§ 103 StGB: Die am vergangenen Freitag im Bundesrat erfolgte Ablehnung der sofortigen Streichung des § 103 Strafgesetzbuch begrüßt Reinhard Müller (Samstags-FAZ) in einem Kommentar. In der "rasanten Staatskomödie" um "das berühmteste Schmähgedicht der Zeitgeschichte" werde regelmäßig der tatsächliche Schutzzweck der Norm vergessen, was sich auch daran zeige, dass die Regierung öffentlichkeitswirksam mit der Abschaffung einer angeblichen "Majestätsbeleidigung" zu punkten versuche.

Leiharbeit/Werkverträge: Nun auch auf lto.de gibt Alexander Bissels einen Überblick zu den geplanten Neuregelungen zu Leiharbeit und Werkverträgen, auf die sich die Große Koalition verständigt hat. Der Rechtsanwalt hält den erzielten Konsens für "inhaltlich immer noch nicht" überzeugend, weil "strukturelle Probleme des geplanten Gesetzesvorhabens" nach wie vor ungelöst blieben.

Sexualstrafrecht: Die große Koalition will die geplante Verschärfung des Sexualstrafrechts noch vor der Sommerpause durchsetzen, meldet die FAS (Peter Carstens). Hierzu gehöre nach den Worten der rechtspolitischen Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker, eine Umsetzung des "Nein heißt Nein"-Prinzips und die Strafbarkeit des sogenannten "Begrapschens". Die in den letzten Monaten diskutierten Entwurfsvarianten und die jeweilige Position des Justizministers zeichnet die Dienstags-taz (Tobias Schulze) nach.

Unfall-Gaffer: Am vergangenen Freitag brachte Niedersachsen einen Gesetzentwurf in den Bundesrat ein, nach dem die Behinderung von "Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rettungsdiensten" am Unglücksort als Vergehen strafbar sein soll. Verhindert werden sollten vor allem "Gafferpraktiken", gibt die Samstags-taz (Christian Rath) Innenminister Boris Pistorius (SPD) wieder. In einem Kommentar behauptet Christian Rath im Kölner Stadtanzeiger vom Samstags, dass der Vorschlag zu kurz greife. Zum einen gebe es auch andere, vom Entwurfstext nicht erfasste, gefährliche Verhaltensweisen an Unfallstellen. Zum anderen existiere bei bestehenden Sanktionsmöglichkeiten, etwa der Erteilung von Platzverweisen, ein Vollzugsdefizit. Hieran würde wohl auch ein Strafgesetz nichts ändern.

Familiengerichtliche Gutachten: In einem Gastkommentar für die Samstags-SZ fordert Anja Kannegießer, Rechtsanwältin, verstärkte Investitionen zur Qualitätssicherung von familiengerichtlichen Gutachten. Neben aktuellen Gesetzentwürfen zur Reform des Sachverständigenrechts und  Mindestanforderungen an Gutachten im Kindschaftsrecht bedürfe es auch der Unterstützung einschlägiger Forschung u.a. durch Wiedereinrichtung rechtspsychologischer Professuren.

Störerhaftung/Abmahnungen: netzpolitik.org (Constanze Kurz) befragt die auf Datenschutz und Kommunikationsrecht spezialisierte Rechtsanwältin Beata Hubrig zum praktischen Vorgehen gegenüber Abmahnungen wegen vermeintlicher Urheberrechtsverletzungen sowie ihrer Meinung zur geplanten Abschaffung einer pauschalen Störerhaftung von WLAN-Anbietern.

E-Akte in Strafsachen: Detlef Burhoff (burhoff-blog.de) macht aufmerksam auf den von der Bundesregierung vor zwei Wochen beschlossenen Gesetzentwurf zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen, die ab 2018 möglich und ab 2026 verpflichtend sein soll.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 14. bis 17. Mai 2016: Norwegen ./. VW / Sicheres Maghreb / Abgemahnte StA . In: Legal Tribune Online, 17.05.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19263/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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