Auch das zweite Trump-Dekret zu einem Einreiseverbot ist gerichtlich gestoppt worden. Außerdem in der Presseschau: Gegenwind für Heiko Maas' Netzwerkdurchsetzungsgesetz, Durchsuchung bei VW-Kanzlei und ein Fluss als juristische Person.
Thema des Tages
USA – Einreiseverbot: Ein Bundesrichter im US-Staat Hawaii hat auch das zweite von Präsident Donald Trump verfügte Einreiseverbot für Bürger bestimmter muslimischer Staaten vorläufig ausgesetzt. Die von Richter Derrick Watson verfasste Entscheidung orientierte sich dabei über den bloßen Dekrettext hinaus auch an Äußerungen, die Trump und seine Unterstützer für den sogenannten Muslimbann getätigt hatten, erläutert die Welt (Clemens Wergin). Hieraus ergebe sich, dass von einem "religionsneutralen Charakter" des Dekrets nicht auszugehen sei. Dies wiederum mache die Verfassungswidrigkeit der Anordnung "sehr wahrscheinlich" und rechtfertige daher eine vorläufige Aussetzung.
Ein Hintergrundbericht der FAZ (Andreas Ross) geht auch auf die Reaktion des Präsidenten auf die Entscheidung ein und beschreibt im Übrigen die Schwierigkeiten bei der Mehrheitsbeschaffung innerhalb der Republikanischen Partei für die Vorhaben Trumps. Nicht zuletzt aus diesem Grund halte sich Trump aktuell mit Richterschelten zurück, um nicht "noch mehr Republikaner durch Respektlosigkeit vor der Gewaltenteilung abzustoßen".
Nach dem Kommentar von Hubert Wetzel (SZ) lässt die Entscheidung "die USA wie einen Rechtsstaat und den Präsidenten wie einen inkompetenten Schwadroneur aussehen". Auch nach zwei Monaten im Amt habe Trump nichts vollbracht, außer Millionen Einwanderer in Angst zu versetzen.
Rechtspolitik
Hate Speech-Gesetz: Das von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) vorgestellte Netzwerkdurchsetzungsgesetz zu einer effektiveren Ahndung sogenannter Hate Speech in sozialen Netzwerken sieht sich weiterhin kritischen Stimmen ausgesetzt. Ein ausführlicher Beitrag von zeit.de (Patrick Beuth) fasst zentrale Aspekte zusammen und mutmaßt, dass der Minister in Kenntnis des knappen Zeitplans bis zur Bundestagswahl eine "allerletzte Mahnung" an die Betreiber der Netzwerke zu senden gedenkt. Stimmen zum Entwurf sammelt auch netzpolitik.org (Markus Reuter). Hendrik Wieduwilt (FAZ) kritisiert in einem Kommentar, dass es dem Minister "um viel mehr als Rechtsdurchsetzung" gehe. Die mehr oder weniger offen kommunizierte Absicht sei vielmehr eine Einflussnahme auf die "Debattenkultur" in einem veränderten "gesellschaftlichen Diskurs". Eine "Debattenpolizei" kenne "das Grundgesetz aber aus guten Gründen nicht". Problematisch sei zudem die vorgesehene "Art Bundesmedienaufsicht", die sich Aufgaben der Länder anmaße.
Wettbewerbsregister: Durch ein neues Wettbewerbsregister sollen öffentliche Auftraggeber künftig leichter erfahren können, ob potenzielle Bewerber von Vergaben auszuschließen sind. Rechtsanwalt Sebastian Schnitzler stellt auf lto.de den zugrunde liegenden Gesetzentwurf aus dem Bundeswirtschaftsministerium vor und regt gleichzeitig an, die Registerverwaltung dem Bundeskartellamt zuzuweisen.
EU-Finanzdienstleistungen: Die EU-Kommission möchte Verbrauchern den Zugang zu Finanzdienstleistungen im EU-Ausland erleichtern und plant dafür in den kommenden zwei Jahren insgesamt zwölf Maßnahmen. Über diese, etwa erhöhte Transparenz bei Umtauschgebühren für EU-Devisen, schreibt das Hbl (Ruth Berschens).
Justiz
BVerfG zu Beschwerdefrist: Rein redaktionelle Gesetzänderungen ohne Auswirkungen auf den materiellen Gehalt begründen keine neue Frist für die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss vom Februar, den lto.de meldet.
BGH zu Auskunftsanspruch: Auch privatrechtlich organisierte Unternehmen der Daseinsvorsorge müssen presserechtliche Auskunftsansprüche erfüllen. Dies gilt nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs zumindest dann, wenn Unternehmen mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand stehen. Die Entscheidung meldet die SZ (Karoline Meta Beisel).
BGH zu Wechselmodell: Aus Anlass des jüngsten Beschlusses des Bundesgerichtshofs zu den Voraussetzungen familiengerichtlicher Anordnungen eines Wechselmodells befragt die SZ (Ulrike Heidenreich) Rechtsanwältin Kirstin Tomforde zur Praxis der gerichtlichen Anhörung minderjähriger Kinder, den Voraussetzungen eines funktionierenden Wechselmodells und zu den unterhaltsrechtlichen Konsequenzen.
BGH zu Schwarzarbeit: Eine Schwarzarbeitsabrede bewirkt auch dann die Nichtigkeit des Vertrages und damit den Ausschluss von Gewährleistungsrechten, wenn sie nachträglich getroffen wurde. Diese klarstellende Entscheidung des Bundesgerichtshofs erweitere die Rechtsprechung zu Schwarzarbeitsabreden, schreibt lto.de.
BSG zu Elterngeldberechnung: Bei der Berechnung eines Elterngeldes ist eine Bemessung anhand der zwölf Monate vor einer Geburt dann diskriminierend, wenn die Mutter wegen einer vorherigen Fehlgeburt arbeitsunfähig war. Eine solche schwangerschaftsbedingte Erkrankung ist nach einem Urteil des Bundessozialgerichts bei der Bemessung des Elterngeldes nicht zu berücksichtigen. Über die Entscheidung berichten FAZ (Marcus Jung) und lto.de.
OVG Münster zu THC-Wert: Nach Meldung von lawblog.de (Udo Vetter) hält das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen an seiner Rechtsprechung fest, nach der bereits ein THC-Wert von 1,0 ng/ml im Serum die dauerhaft fehlende Eignung zum Führen eines Fahrzeugs belegt. Der Wert liege bei einem Drittel des von einer Grenzwertkommission 2015 Ermittelten.
LG München I – Georg Funke: Auch das Hbl (Christian Schnell) bringt nun einen Vorbericht zu dem am kommenden Montag beginnenden Strafverfahren gegen den früheren Chef der Hypo Real Estate, Georg Funke, vor dem Landgericht München I. Zahlreiche ursprüngliche Verdachtsvorwürfe seien inzwischen fallengelassen worden. Es sei auch fraglich, ob die nun erhobene Anklage wegen unrichtiger Bilanzen zu einer Verurteilung führen werde. Diese Entwicklung spiegle jene des "Umgangs im Land mit dem größten Bankenskandal seiner Geschichte".
LG Ellwangen – Betonklotz: Weil er einen Betonklotz auf eine Autobahn geworfen haben soll, ist ein 37-jähriger Mann vor dem Landgericht Ellwangen wegen versuchten Mordes in vier Fällen angeklagt. Von einer bedrückenden Zeugenvernehmung der Familie, deren Auto mit dem Klotz kollidierte, berichtet die FAZ (Rüdiger Soldt). In einem Vorgutachten sei dem Angeklagten eine "differenzierte Schizophrenie" attestiert worden.
AG Regensburg – Meineid: Vor dem Amtsgericht Regensburg ist ein Zeuge im Wiederaufnahmeverfahren Gustl Mollath wegen Meineides angeklagt worden. Der Mann hatte vor knapp drei Jahren die frühere Ehefrau Mollaths belastet und hierbei einen Eid geschworen, die SZ (Hans Holzhaider) berichtet.
StA München II – VW: Räumlichkeiten der von VW mit der internen Aufklärung der Abgas-Affäre beauftragten US-Kanzlei Jones Day wurden am Mittwoch auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft München II durchsucht. Die Anklagebehörde sei offenbar unzufrieden mit der Kooperationsbereitschaft des Konzerns, schreibt das Hbl (Jan Keuchel u.a.). Die betroffenen Anwälte würden als Zeugen gelten. Die als extrem kostspielig geltende Kanzlei habe entgegen anderslautender Ankündigungen ihre Erkenntnisse bislang nicht hinreichend zugänglich gemacht. Über die Reaktion des Automobilkonzerns berichtet auch die SZ (Max Hägler).
Die Staatsanwaltschaft glaube "offenbar nicht an die Selbstreinigungskräfte bei den Niedersachsen", schreibt Martin Murphy (Hbl) im Leitartikel. Nicht erst seit dem Ausscheiden von Christine Hohmann-Dennhardt stehe "der Vertuschungsverdacht" im Raum.
Ethik-Kodex: Nach einer Online-Vorabmeldung der NJW (Joachim Jahn) schlägt der Deutsche Richterbund einen Ethik-Kodex für die gesamte Justiz vor. Gerade junge Richter fänden in den Regelungen des Deutschen Richtergesetzes nicht genügend Anhaltspunkte für zulässiges berufliches und privates Verhalten.
Recht in der Welt
Türkei – Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Die Welt (Thorsten Jungholt) interviewt die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), die soeben als Vorstand der Friedrich-Naumann-Stiftung die Türkei bereiste, zu ihren Eindrücken vom dortigen Wahlkampf, der Situation inhaftierter Journalisten und ihrer Prognose für die deutsch-türkischen Beziehungen.
Frankreich – Politisierte Justiz: Die FAZ (Michaela Wiegel) beschreibt das "seit langem angespannte" Verhältnis zwischen Richtern und Politik in Frankreich. Das nun gegen den Präsidentschaftskandidaten François Fillon eröffnete Strafverfahren wegen Veruntreuung sei nur die Spitze eines Eisbergs ranghoher Politiker, die verurteilt wurden oder gegen die ermittelt werde. Die zahlreich genannten Fälle nährten den Verdacht, die Richterschaft sei politisiert.
Griechenland – Schleuser: Ein Revisionsgericht auf Rhodos hat die Haftstrafe eines wegen Einschleusens einer syrischen Flüchtlingsfamilie verurteilten deutschen Rentners erheblich reduziert. Nachdem sich der Mann bereits seit September 2014 in Haft befand, kam er nach der jetzigen Entscheidung frei, schreibt die taz (Stefan Buchen). Gleichwohl werfe der Fall und seine rechtsstaatlich bedenkliche Bearbeitung durch die griechische Justiz "schwerwiegende menschenrechtliche Fragen auf".
USA – VW: Bis zum Beginn seines Strafprozesses muss der in Detroit/USA festgehaltene VW-Manager Oliver Schmidt in Untersuchungshaft verbleiben. Ein Antrag, den Manager vorläufig gegen eine Kautionszahlung zu entlassen, wurde abgewiesen. bild.de berichtet.
Sonstiges
First Lady: Für das Feuilleton der SZ stellt Rechtsprofessorin Sophie Schönberger Überlegungen zur Rolle der First Lady an. Sowohl von Melania Trump als auch Elke Büdenbender, der Frau des neugewählten Bundespräsidenten, würden repräsentative Aufgaben im Umfang eines Vollzeitjobs verlangt. Ein Gehalt beziehe keine der beiden Frauen.
Das Letzte zum Schluss
Rechtsfähigkeit: Das neuseeländische Parlament hat in einem Beschluss den von der indigenen Bevölkerung des Landes verehrten Fluss Whanganui zur juristischen Person erklärt. Das Gewässer kann damit in juristischen Verfahren vertreten werden, erklärt die taz.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/mpi
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 17. März 2017: Trump versus Gerichte II / Gegenwind für Maas / Staatsanwaltschaft gegen VW . In: Legal Tribune Online, 17.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22375/ (abgerufen am: 20.04.2024 )
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