Die juristische Presseschau vom 15. Dezember 2016: Eigen­be­darfs­kün­di­gung auch durch GbR / Ein­kes­se­lung auch von Unschul­digen / Ums­trit­tene Abschie­bungen

15.12.2016

Eine GbR darf sich auf Eigenbedarf berufen. Außerdem in der Presseschau: Bundeskabinett verabschiedet neues Finanzausgleichssystem, BVerfG weist Verfassungsbeschwerde gegen Polizeikessel ab und Abschiebungen nach Afghanistan.

Thema des Tages

BGH zu Mietbeendigung durch GbR: Eine Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts darf dem Mieter aus Eigenbedarf kündigen, wenn einer der Gesellschafter die Wohnung für seine Angehörigen benötigt. Die Mieter in dem konkreten Fall hatten argumentiert, die Eigenbedarfskündigung sei unwirksam, da der einzelne Gesellschafter nicht Vertragspartei des Mietvertrags sei. Der Bundesgerichtshof entschied aber nun, dass in einem solchen Fall die Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts sich auf Eigenbedarf berufen könne und zieht damit Parallelen zur Erbengemeinschaft. Damit weicht der Bundesgerichtshof von seiner bisher rigiden Rechtsprechung zur Anbietpflicht ab. Das Unterlassen von Angeboten zur Anmietung einer anderen Wohnung führt somit nicht mehr über § 242 Bürgerliches Gesetzbuch zur Unwirksamkeit der Kündigung. "Als doppelte Ohrfeige für Mieter" bezeichnete der Mieterbund das Urteil. Es berichten die FAZ (Markus Jung/Michael Psotta), die SZ (Valentin Dornis/Harald Freiberger) und die BadZ (Christian Rath). Auf lto.de befasst sich Rechtsanwalt Dominik Schüller ausführlicher mit den juristischen Einzelheiten des Urteils.

In einem Kommentar kritisiert Jan Heidtmann (SZ) das Urteil, insbesondere die darin enthaltene Aufweichung der Anbietpflicht, scharf. Michael Fabricius (Die Welt) warnt davor, Gerichtsurteile für politische und ideologisch aufgeladene Debatten zu nutzen und sieht Behandlungsbedarf auf Seiten der Gesetzgebung und des Wohnungsbaus.

Rechtspolitik

Strafverfahren: Ein Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz soll zur Beschleunigung von Strafverfahren beitragen, ohne allerdings – wie Bundesminister Heiko Maas betont – Beschuldigtenrechte einzuschränken, wie nun auch lto.de berichtet.

Contergan: In einem ausführlichen Bericht schreibt die taz (Simone Schmollack) über die Verhandlungen im Bundestag zum Gesetzentwurf zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes, die heute ihren Abschluss finden sollen. Die Änderung sieht vor, Betroffenen nunmehr einen Pauschalbetrag zukommen zu lassen und darüber hinaus Leistungen für den individuellen Bedarf, die – wie zuvor auch – bei der Contergan-Stiftung beantragt werden müssen. Betroffene hatten bemängelt, dass das in der Stiftung verfügbare Geld bei ihnen nicht ankomme, Anträge auf medizinische und therapeutische Hilfsmittel würden oftmals willkürlich abgelehnt.

Bund-Länder-Finanzen: Das Bundeskabinett hat den umstrittenen Gesetzentwurf zur Grundgesetzänderung, mit welchem das bundesstaatliche Finanzausgleichssystem neu geordnet werden soll, verabschiedet, wie die FAZ (Manfred Schäfers) und die taz (Martin Kreutzfeldt) melden.

Autobahn: Felix Rohrbeck (Die Zeit) befasst sich mit den Themen der Pkw-Maut und der geplanten Autobahngesellschaften und bringt diese in Zusammenhang. Er prognostiziert eine Autobahn-Maut für alle Straßen, an denen Konzerne mitverdienten.


Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 15. Dezember 2016: Eigenbedarfskündigung auch durch GbR / Einkesselung auch von Unschuldigen / Umstrittene Abschiebungen . In: Legal Tribune Online, 15.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21493/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen