Die juristische Presseschau vom 15. Februar 2017: Keine Fort­bil­dungspf­licht für Anwälte / Miss­brauch in Flücht­lings­heim / Pro­zess um Polens Ver­fas­sungs­ge­richt

15.02.2017

Die Reform ist gescheitert: Rechtsanwälte müssen sich nicht fortbilden. Außerdem in der Presseschau: Bewährungsstrafe nach dramatischem Missbrauchsfall in Berlin und Polens Zivilgerichte mischen im Verfassungsstreit mit.

Thema des Tages

Keine Fortbildungspflicht für Anwälte: Die Umsetzung der EU-Berufsanerkennungs-Richtlinie ist am heutigen Mittwoch Thema im Rechtsausschuss des Bundestags und wird am morgigen Donnerstag im Bundestags-Plenum beschlossen. Die ursprünglich vorgesehene Fortbildungspflicht für Rechtsanwälte ist darin nicht mehr enthalten. Die Berichterstatter der großen Koalition, die MdB Detlef Seif (CDU) und Christian Flisek (SPD), wollten eine Zusatzbelastung für Anwälte vermeiden. Ein Kompromissvorschlag des rechtspolitischen Sprechers der SPD, Johannes Fechner, scheiterte am Widerstand der Union. Die FAZ (Hendrik Wieduwilt) schildert die Diskussionen und erwähnt auch den Vorwurf, dass u.a. kommerzielle Interessen der Anwaltsorganisationen DAV und BRAK hinter der Idee mit der Fortbildungspflicht gestanden hätten.

Rechtspolitik

Ceta und Investitionsgerichtshof: Am heutigen Mittwoch wird das Europäische Parlament voraussichtlich dem EU-Freihandelsvertrag mit Kanada zustimmen. Die taz (Ingo Arzt) gibt die aktuelle Kritik am geplanten Investitionsgerichtshof wieder. Für Greenpeace habe die Anwältin Roda Verheyen in einem Kurzgutachten die Bevorzugung kanadischer gegenüber europäischen Investoren herausgearbeitet. Der Deutsche Richterbund lehne das Investitionsgericht ebenfalls ab, weil der Gesetzgeber nicht eingreifen könne, falls das Gericht zu investorenfreundlich urteile.

Parteien-Diskriminierung: Im Interview mit der taz (Christian Rath) kritisiert Rechtsprofessor Christoph Möllers den Vorschlag des Bundesrats, verfassungswidrige Parteien von staatlichen Zuschüssen auszuschließen. Ein Zwei-Klassen-Recht im Parteienrecht werde diejenigen in ihren Vorurteilen bestätigen, die ohnehin am demokratischen System zweifelten. Möllers glaubt nicht, dass das Bundesverfassungsgericht eine entsprechende Grundgesetzänderung anregen wollte.

Insolvenzordnung: Der Bundestag wird die Änderung der Insolvenzordnung an diesem Mittwoch im Rechtsausschuss beraten und an diesem Donnerstag beschließen, heißt es in einer Online-Vorabmeldung der NJW (Joachim Jahn) und in einer Meldung der FAZ (Hendrik Wieduwilt). Insovenzverwalter sollen von Lieferanten nicht mehr Beträge zurückverlangen können, wenn einst Ratenzahlung vereinbart wurde.

Kinderehen: Nach Angaben von zeit.de haben sich Union und SPD auf einen Gesetzentwurf gegen Kinderehen geeinigt. Ehen sollen künftig als nichtig gelten, wenn beim Eheschluss einer der Partner unter 16 Jahre alt war. Offen ist noch, ob Ehen in der Altersgruppe von 16 bis 18 Jahren immer "aufgehoben" werden, so die Union, oder ob hier Härtefall-Regelungen möglich sein sollen, so das Bundesjustizministerium.

Managergehälter: Manfred Schäfers (FAZ) kritisiert die Bereitschaft der CDU/CSU, die von der SPD vorgeschlagene beschränkte steuerliche Absetzbarkeit von Managergehältern mitzutragen. "Es ist unfassbar. Die Union lässt einen der wichtigen Grundsätze im Steuerrecht fallen wie eine heiße Kartoffel: das Nettoprinzip." Mit freier Wirtschaft habe das nicht mehr viel zu tun.

Mitbestimmung: Der Bundesrat hat am 10. Februar in einer Entschließung die Bundesregierung aufgefordert, das Recht der betrieblichen und Unternehmens-Mitbestimmung zu reformieren. In einer Bewertung kommt Anwalt Thomas Gennert auf dem Handelsblatt-Rechtsboard zum Schluss, dass nur die Forderung nach Schließung von Lücken bei der Unternehmensmitbestimmung Substanz habe.

Gemeinsamer Bundesausschuss: Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat drei verfassungsrechtliche Gutachten in Auftrag gegeben, die untersuchen sollen, wie die demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken gestärkt werden kann. Die Gutachten sollen im Sommer vorliegen, berichtet die FAZ (Andreas Mihm). Gröhe reagiert damit auf kritische Andeutungen des Bundesverfassungsgerichts und seines Vizepräsidenten Ferdinand Kirchhof.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 15. Februar 2017: Keine Fortbildungspflicht für Anwälte / Missbrauch in Flüchtlingsheim / Prozess um Polens Verfassungsgericht . In: Legal Tribune Online, 15.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22101/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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