Die juristische Presseschau vom 13. Februar 2015: Dealen bitte öffentlich – Azubis bei Verdacht kündigen – Konsequenzen eines Schweizer Referendums

13.02.2015

Das BVerfG hat die Gerichtsöffentlichkeit bei Deals gestärkt. Außerdem in der Presseschau: EU-Parlament knickt bei Fluggastdatenspeicherung ein, Entwurf für die Regelung des V-Mann-Einsatzes durch den Verfassungsschutz liegt vor, auch bei Azubis ist die Verdachtskündigung erlaubt, "so wichtig wie das tägliche Glas Milch" war nicht irreführend und ein verräterisches Kleidungsstück.

Thema des Tages

BVerfG zu Öffentlichkeit bei Deals: In der Verhandlungspause im Prozess gegen einen mutmaßlichen Drogendealer war die Möglichkeit einer Verständigung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung ausgelotet worden. Das teilte der Vorsitzende anschließend in der Verhandlung mit, nicht aber – wie vorgeschrieben – den wesentlichen Inhalt des Gesprächs. Der Angeklagte wollte keinen Deal und wurde ohne verurteilt. Seine Revision wurde vom Bundesgerichtshof mit dem Argument abgewiesen er habe sowieso nicht aussagen wollen, auch im Fall der Mitteilung hätte er geschwiegen und das Urteil beruhe nicht – wie erforderlich – auf dem Fehler. Mit seiner nun veröffentlichten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht das Urteil aufgehoben. Die Mitteilung diene nicht nur dazu dem Angeklagten etwaige Aussagen zu ermöglichen, sie sei vielmehr gerade auch an die Öffentlichkeit gerichtet. Der rechtsstaatlich essentielle Grundsatz der Öffentlichkeit des Verfahrens dürfe gerade durch die Möglichkeit des Deals nicht in Frage gestellt werden, zum Schutz des Angeklagten "vor einem im Geheimen sich vollziehenden Schulterschluss zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung". Es berichten die SZ (Wolfgang Janisch) und der Tagesspiegel (Jost Müller-Neuhof).

Rechtspolitik

Fluggastdatenspeicherung: Das EU-Parlament hat nun seinen bisherigen Widerstand aufgegeben und sich für die Hinarbeitung auf eine Richtlinie zur Fluggastdatenspeicherung bis Ende des Jahres ausgesprochen. Das meldet nun auch die taz (Christian Rath) und stellt die Eckpunkte und die Geschichte des derzeitigen Vorschlags der Kommission vor. Christian Rath (taz) weist darauf hin, dass das Vorhaben in entscheidenden Punkten sogar noch über die umstrittene Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten hinausgeht – fünf Jahre Speicherung unmittelbar durch den Staat und aktive vorbeugende Auswertung.

V-Mann-Regelung: Das Bundesinnenministerium hat einen Entwurf zur erstmaligen bundesgesetzlichen Regelung des Einsatzes von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern durch den Verfassungsschutz vorgelegt, den die SZ (Heribert Prantl) und die FAZ (ahan) vorstellen. Zu Haft ohne Bewährung Verurteilte dürfen "grundsätzlich" als V-Leute nicht eingesetzt werden. Die Begehung von Straftaten ist in verhältnismäßigem Maß erlaubt ebenso wie der Anschluss an kriminelle Vereinigungen, nur nicht "zur steuernden Einflussnahme".

Heribert Prantl (SZ) kritisiert den Entwurf als teils zu vage und im Übrigen von zu großen Ausnahmen geprägt. "Das V-Leute-Unwesen" bleibe daher "ein Karzinom im Organismus des Rechtsstaats".

Opferrechte: Das Kabinett hat einen Gesetzentwurf beschlossen, nach dem Opfer von Straftaten künftig Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung haben, berichtet lto.de. Außerdem sollen Anzeigende besser über das anschließende Verfahren informiert werden und Opfer mit geringen Sprachkenntnissen einen Anspruch auf einen Dolmetscher haben.

Allheilmittel sicherer Herkunftsstaat? Am heutigen Freitag wollen die Innenminister der Länder über Forderungen einzelner CDU- und SPD-Landesministerien beraten, nach den Westbalkanstaaten auch den Kosovo zum sicheren Herkunftsstaat zu erklären. Die erhoffte Wirkung zurückgehender Asylbewerberzahlen aus den entsprechenden Ländern ist jedoch bei jener Regelung ausgeblieben, wie die Berliner Zeitung (Mira Gajevic) berichtet. Hintergrund ist der starke Anstieg an Asylbewerbern aus dem Kosovo, worüber auch die FAZ (elo/jib/reb/rso) schreibt.

EU-Erbrechtsverordnung: Am 17. August tritt die neue EU-Erbrechtsverordnung in Kraft, wonach grundsätzlich das Erbrecht des Mitgliedstaates Anwendung findet, in dem im Zeitpunkt des Todes der gewöhnliche Aufenthaltsort lag. Wo sich das Vermögen befindet oder der Verstorbene gemeldet war, ist unerheblich. Es kann aber eine Rechtswahlklausel zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts verwendet werden, berichtet die SZ (Catrin Gesellensetter).

Freihandelsabkommen: Mit den bekannteren Freihandelsabkommen (Ceta und TTIP) befinden sich insgesamt etwa 30 solcher Verträge der EU in unterschiedlichen Vorbereitungsstadien. Laut SZ (Silvia Liebrich) kritisieren Ökonomen und Rechtswissenschaftlern gerade dieses Nebeneinander einer Vielzahl von Abkommen, die durch unterschiedliche Regelungen gegeneinander wirkten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 13. Februar 2015: Dealen bitte öffentlich – Azubis bei Verdacht kündigen – Konsequenzen eines Schweizer Referendums . In: Legal Tribune Online, 13.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14678/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen