Die juristische Presseschau vom 12. Mai 2015: Finanzkrise vor Gericht – Finanzbeamter verurteilt – Verfassungsschützer am Telefon

12.05.2015

Das LG Leipzig versucht sich an der juristischen Aufarbeitung der Finanzkrise. Außerdem in der Presseschau: Vorschlag zur Erhöhung der Wahlbeteiligung, Bewährungsstrafe für brandstiftenden Finanzbeamten, NSU-U-Ausschuss zu Telefonat des hessischen Verfassungsschutzes, Böckenförde zum Unrechtsstaat und überraschender Fund in bester City-Lage.

Thema des Tages

LG Leipzig - SachsenLB: Die frühere SachsenLB gilt in Deutschland als eines der prominentesten Opfer der weltweiten Finanzkrise. Sogenannte Verbriefungsgeschäfte mit US-amerikanischen Hypothekenmarktkrediten über eine irische Tochter bewirkten im Herbst 2007 eine akute Liquiditätskrise und schließlich die Übernahme durch die Landesbank Baden-Württemberg. Nach Bericht des Handelsblatts (Elisabeth Atzler/Volker Votsmeier) hat das Landgericht Leipzig nun ein Verfahren gegen den Geschäftskunden-Manager der Bank gegen eine Geldauflage eingestellt. Der frühere Bankchef Herbert Süß und zwei Vorstandskollegen müssen sich jedoch ab dem Herbst gegen den Vorwurf der Untreue in einem besonders schweren Fall durch die riskanten Geschäfte verteidigen. Die Verteidigung bestreite den Vorsatz. Zudem würde die Beteiligung des "hochkarätigen Bankanwalts" Thomas Ende bemängelt. Diesen beauftragte die Staatsanwaltschaft mit der Erstellung eines Gutachten, indem "eklatante Fehler" und "mangelnde Risikovorsorge" der Manager festgestellt worden sei. Den Angeklagten drohe die Auferlegung der Kosten des Gutachtens von 2,6 Millionen Euro.

Rechtspolitik

Wahlbeteiligung: Wegen der geringen Wahlbeteiligung in Bremen schlägt Daniel Delhaes (Handelsblatt) im Leitartikel des Blattes vor, Parteien durch ein "stärkeres Bonus-Malus-System" bei der Parteienfinanzierung zur Führung mobilisierender Wahlkämpfe zu mobilisieren. Das Parteiengesetz weise den Parteien explizit die Förderung der aktiven Teilnahme der Bürger am politischen Leben zu. Das gegenwärtige, bereits an die Wahlbeteiligung, aber auch an Mitgliedsbeiträge und Spenden gekoppelte System der Parteienfinanzierung biete jedoch keinen finanzielle Anreiz, diese Aufgabe zu erfüllen.

Suizidbeihilfe: Eine Äußerung des Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, es sei mit dem Berufsethos von Ärzten unvereinbar, schwerstkranke Patienten in den Tod zu begleiten, hat eine Gruppe von Medizinern in einer gemeinsamen Erklärung kritisiert. Die "wohlinformierte" Entscheidung für den Suizid verdiene Hilfe, es sei "hilfreich und human", wenn Ärzte diese anbieten könnten, zitiert spiegel.de aus dem Schreiben.

Als Debattenbeitrag veröffentlicht Henning Ernst Müller (beck.blog.de) eine Stellungnahme von Strafrechtslehrern, in der u.a. darauf abgestellt wird, dass das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf Selbstbestimmung auch das eigene Sterben umfasse. Bestrebungen, den Anwendungsbereich des Strafrechts auch im Zusammenhang der Sterbehilfe auszuweiten, würden daher mit Sorge beobachtet.

Tarifeinheitsgesetz: Stellungnahmen der Rechtsexperten aus der in der vergangenen Woche stattgefundenen Sachverständigenanhörung zum Tarifeinheitsgesetz fasst Markus Stoffels (beck.blog.de) zusammen.

EU-Flüchtlingspolitik: Die Europäische Kommission stellt am morgigen Mittwoch eine "Migrationsagenda" vor. Als deren Kern sei eine gerechtere Verteilung bei der Aufnahme von Flüchtlingen anzusehen, schreibt die FAZ (Michael Stabenow). Daneben würde aber auch eine Überarbeitung des gesamten EU-Asylregelwerks angestrebt.

Dass die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in diesem Zusammenhang auch einen "robusten Militäreinsatz" gegen Schlepper unter UN-Mandat fordert, hält Andrea Bachstein (SZ) für kontraproduktiv. Abgesehen von praktischen Schwierigkeiten bei der Identifizierung derartiger Schiffe verbiete es das Völkerrecht, in Hoheitsgewässern anderer Staaten militärisch einzugreifen. Was Not tue, sei Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten und gegenüber den Flüchtlingen.

No Spy-Abkommen: In der Affäre um das vermeintliche Angebot zum Abschluss eines No Spy-Abkommens mit der USA hat die Bundeskanzlerin nun Vorwürfe einer Täuschung der Öffentlichkeit zurückgewiesen. Sie sei bereit, dem Untersuchungs-Ausschuss zur NSA-Affäre als Zeugin "gern auch Rede und Antwort" zu stehen, wird Angela Merkel (CDU) von der FAZ (Johannes Leithäuser) wiedergegeben.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 12. Mai 2015: Finanzkrise vor Gericht – Finanzbeamter verurteilt – Verfassungsschützer am Telefon . In: Legal Tribune Online, 12.05.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15511/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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