Die juristische Presseschau vom 11. Oktober 2016: Nazis in der Rosen­burg / Exor­zismus in Frank­furt / Arbeits­be­din­gungen in Katar

11.10.2016

Eine wissenschaftliche Kommission stellt ihren Bericht zur Akte Rosenburg vor. Außerdem in der Presseschau: Aus für ALFA, Mordprozess wegen Exorzismus, niederländische Gewerkschaft gegen Arbeitsbedingungen in Katar und lästiges Pendeln.

Thema des Tages

BMJV – Akte Rosenburg: Eine unabhängige wissenschaftliche Kommission unter Leitung des Historikers Manfred Görtemakers und des Juristen Christoph Safferling hat unter dem Titel "Die Akte Rosenburg – Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Zeit" ihren Abschlussbericht vorgestellt. Hierzu stellte Minister Heiko Maas (SPD) nach dem Bericht der taz (Christian Rath) fest, dass personelle Kontinuitäten "den demokratischen Neubeginn belastet und verzögert" haben. Der prozentuale Anteil früherer NSDAP-Mitglieder unter den untersuchten Führungskräften des Justizministeriums sei in den ersten Jahren der Bundesrepublik kontinuierlich gestiegen. Auch habe die vom Ministerium eingerichtete und später vom Auswärtigen Amt weitergeführte Zentrale Rechtsschutzstelle Deutsche, die im Ausland wegen NS- oder Kriegsverbrechen belangt wurden, unterstützt. Die Autoren der Studie hätten als vorrangigen Grund für die damalige Gleichgültigkeit gegenüber NS-Verstrickungen Antikommunismus als "Kitt der Nachkriegszeit" ausgemacht. Ein ausführlichen Bericht zu den Erkenntnissen der Studie und den vom Bundesjustizminister gezogenen Schlüssen bringt lto.de.

Über die mutmaßlich vom damaligen Ministerialdirigenten Eduard Dreher bewerkstelligte nachträgliche Verjährung von Mordbeihelfern schreibt die taz (Christian Rath). Drehers Berufsbiographie sowie jene von Josef Schafheutle, nachmaliger Leiter der Abteilung Strafrecht im Ministerium, stellt die Welt (Sven Felix Kellerhoff) eingehender vor.

Nach dem Leitartikel von Klaus Hillenbrand (taz) übersteigt das Ausmaß der NS-Infiltration "alle bisherigen Befürchtungen". Es stelle damit auch die These vom Erfolgsmodell der früheren Bundesrepublik in Frage, der es gelungen sei, NS-Eliten demokratisch zu beeinflussen. Joachim Käppner (SZ) hält dagegen fest, dass es für Einsicht "nie zu spät" sei. Forschungsprojekte wie das jetzt abgeschlossene widerlegten traditionelle Rechtfertigungsmuster und erinnerten somit auch "an die Verantwortlichkeit des Einzelnen".

Rechtspolitik

Abschiebehaft: In einem Hintergrundartikel zu rechtspolitischen Konsequenzen der jüngsten Festnahme eines syrischen Terrorverdächtigen beschreibt die SZ (Robert Roßmann) Pläne des Innenministeriums, mögliche Gefährder durch einen neuen Haftgrund in Gewahrsam nehmen zu können. Der Gesetzentwurf "zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht" befinde sich seit dem vergangenen Freitag in der Ressortabstimmung. Eine Stellungnahme des Bundesjustizministeriums gebe es noch nicht.

Vollzeitarbeit: Noch in diesem Herbst will das von Andreas Nahles (SPD) geleitete Bundesarbeitsministerium einen Gesetzentwurf vorlegen, nach dem Teilzeitbeschäftigte einen Rechtsanspruch auf Rückkehr in die Vollzeitbeschäftigung geltend machen können. Dies berichtet die FAZ (Dietrich Creutzburg).

Whistleblower: Ein wirksamerer Schutz von Whistleblowern wurde von Teilnehmern der 11. Handelsblatt-Jahrestagung Compliance gefordert. Wie das Hbl (Mathias Brüggmann) schreibt, habe hierbei auch ein Urteil des Landgerichts Bochum vom März den Unwillen der Tagungsteilnehmer erregt. Nach diesem waren staatsanwaltschaftliche Durchsuchungen und Unterlagenbeschlagnahmen bei einer hauptberuflichen Rechtsanwältin für zulässig erklärt worden, weil zwischen deren nebenberuflichem Amt als Ombudsperson und Hinweisgebern "kein schutzwürdiges mandantenähnliches Vertrauensverhältnis" bestanden habe.

Erbschaftsteuer: Den erzielten Kompromiss zur Erbschaftsteuer bezeichnet Rechtsanwalt Daniel Lehmann in einem Gastkommentar für das Hbl als "Reform mit Verfallsdatum". Gleichwohl drohe trotz Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Reform möglicherweise nicht der "Todesstoß" durch das Bundesverfassungsgericht, sondern durch ein nach der nächsten Bundestagswahl denkbares rot-rot-grünes "Linksbündnis im Bund".

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11. Oktober 2016: Nazis in der Rosenburg / Exorzismus in Frankfurt / Arbeitsbedingungen in Katar . In: Legal Tribune Online, 11.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20837/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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