Die juristische Presseschau vom 11. September 2014: Studentenvisum für Nicht-EU-Ausländer – Netzsperren in der Türkei – Akt-Selfies

11.09.2014

Wenn Nicht-EU-Ausländer die unionsrechtlichen Voraussetzungen für ein Studentenvisum erfüllen, muss der Mitgliedstaat sie ins Land lassen. Das hat der EuGH am Mittwoch entschieden. Außerdem in der Presseschau: Amtshaftungsklage wegen nicht vereitelter NSU-Anschläge, geschwärzte Akten im NSA-Ausschuss, schärfere Regelung zu Netzsperren in der Türkei und warum es nicht strafbar ist, sich heimlich fremde Akt-Selfies zu schicken.

Thema des Tages

EuGH zu Studentenvisum: Angehörigen eines Staates außerhalb der EU darf nicht der Aufenthalt verwehrt werden, wenn sie die Anforderungen an ein Studentenvisum erfüllen. Die Zulassungsbedingungen der Richtlinie, nach der Nicht-EU-Staatsangehörigen das Studium in der EU ermöglicht werden soll, seien abschließend und schärfere Bedingungen einzelner Mitgliedstaaten unzulässig. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden.

Der Entscheidung liegt die Klage eines Tunesiers zugrunde, der vor dem Verwaltungsgericht Berlin einen Aufenthaltstitel in Deutschland erstreiten will. Der Kläger hatte bereits 2010 ein Studentenvisum beantragt mit dem Ziel, an der TU Dortmund zu studieren. Die TU ließ den Tunesier zum Studium zu, die deutschen Behörden räumten ihm aber aus anderen Gründen kein Aufenthaltsrecht ein: wegen fehlender Motivation, schlechter Noten und geringer Deutschkenntnisse, wie es heißt. lto.de berichtet über das Urteil des EuGH.

Rechtspolitik

EU-Kommission und Netzpolitik: Die EU-Kommission hat am Mittwoch ihre neue Ressortverteilung unter Leitung des Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker vorgestellt. Umstritten ist insbesondere die Ernennung Günther Oettingers (CDU) zum zukünftigen Kommissar für Digitale Agenda, der sich etwa der Telekommunikationsregulierung und einer geplanten Urheberrechtsreform annehmen wird. Das Handelsblatt (Thomas Ludwig), die FAZ (Hendrik Kafsack), die taz (Eric Bonse) und die SZ (Daniel Brössler) schreiben über die Personalie Oettinger.

Deutschland will Ceta nachbessern: Nach Informationen der FAZ (Henrike Roßbach/Patrick Welter) will Deutschland Änderungen am geplanten Freihandelsabkommen Ceta durchsetzen – obwohl die EU-Kommission die Verhandlungen bereits für abgeschlossen erklärt hatte. Deutschland fordere beim Investorenschutz einen "Ausschluss von Schadensersatzklagen bei Umschuldungen von Staatsanleihen"; außerdem sollen "Klagen gegen die Abwicklung von Banken und die vorrangige Heranziehung der Gläubiger unzulässig" sein sowie das nationale Steuerrecht Vorrang gegenüber dem Investorenschutz genießen.

Kontrollen an deutschen Grenzen: Um zunehmende Flüchtlingsströme besser abwehren zu können, schlug der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer vor, an deutschen Grenzen wieder Kontrollen einzuführen. Hintergrund des Vorschlags war für Seehofer das Vorgehen Italiens, Flüchtlinge entgegen dem Schengen-Abkommen über Österreich nach Deutschland weiterreisen zu lassen. Die Innenminister der Länder lehnen den Vorschlag ab, wie die FAZ (Eckart Lohse) und zeit.de melden.

Residenzpflicht für Flüchtlinge: Bayern ist laut SZ (Dietrich Mittler/Mike Szymanski) bereit, die Residenzpflicht für Flüchtlinge zu lockern. Damit könnten sich Flüchtlinge innerhalb des Landes frei bewegen. Die Lockerung kommt "in absehbarer Zeit", wie der bayerische Innenminister Joachim Hermann (CSU) zitiert wird. Der wolle aber die Reform des Asylverfahrensgesetzes abwarten – und nicht die Lockerung per Rechtsverordnung selbst regeln.

Hamburger Transparenzgesetz: Von nun an stellt die Hamburger Stadtverwaltung alle wesentlichen Verwaltungsakten online zur Verfügung. Grundlage ist das seit 2012 in Hamburg geltende Transparenzgesetz, das der Verwaltung zwei Jahre Zeit ließ, um eine entsprechende Plattform ins Netz zu stellen. Die Welt (Jens Meyer-Wellmann) meldet Einzelheiten zur Plattform und dem mit der neuen Transparenz einhergehenden "Bruch mit Prinzipien von Staatsverwaltung und Beamtentum". So habe schließlich das Bundesverfassungsgericht noch 1970 entschieden, Verwaltung arbeite grundsätzlich unter Stillschweigen über Behördenvorgänge einwandfrei.

Vermeintliche EU-Regelungswut: Staubsaugerverordnung und Glühbirnenverbot – ist eine Attacke auf die "Regelungswut" der EU berechtigt? Nein, meint Fritz Vorholz (Die Zeit) und weist auf die Kernkompetenz der EU hin, einen einheitlichen Binnenmarkt zu schaffen. Alternative seien jeweils 28 eigene Standards – und damit "teurer Provinzialismus".

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11. September 2014: Studentenvisum für Nicht-EU-Ausländer – Netzsperren in der Türkei – Akt-Selfies . In: Legal Tribune Online, 11.09.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13146/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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