Die juristische Presseschau vom 10. September 2014: Süßer Erfolg für Ritter Sport – Hartz-IV-Leistungen verfassungsgemäß – Ausländische Agenten in Russland

10.09.2014

Voller Erfolg für Ritter Sport. Die Stiftung Warentest darf eine Behauptung über eine Nuss-Schokolade auch weiterhin nicht verbreiten. Außerdem in der Presseschau: Aus für den Soli?, das BVerfG hält Hartz-IV-Sätze für verfassungsgemäß, ausländische Agenten in russischen NGOs, behinderte Aktenlektüre im NSA-Ausschuss und unzulässige Selbsthilfe eines Anwalts.

Thema des Tages

OLG München zu Ritter Sport: Die Auseinandersetzung zwischen Ritter Sport und der Stiftung Warentest endet vorläufig mit einem Sieg des Schokoladenherstellers. Ein Urteil des Oberlandesgerichts München hielt eine gegen die Tester erwirkte einstweilige Verfügung aufrecht. Damit bleibt eine Passage in einem Bericht über die Schokoladen-Marke "Voll-Nuss" auch weiterhin geschwärzt. Es berichten u.a. SZ (Ekkehard Müller-Jentsch), FAZ (Henning Peitsmeier, Zusammenfassung), handelsblatt.com (Claudia Knust) und spiegel.de (Björn Hengst).

Verfahrensgegenstand war die von der Stiftung Warentest im vergangenen Herbst erfolgte Einstufung der Marke als "mangelhaft", weil Ritter Sport einen Inhaltsstoff falsch deklariert hätte. Im Widerspruch zur Behauptung des Herstellers, nur natürliche Zutaten zu verwenden, sei ein Aromastoff nachgewiesen worden, der nur künstlich hergestellt werden könne. Ob dies tatsächlich der Fall ist, musste vom Gericht nicht geklärt werden. Vielmehr habe die beanstandete Formulierung der Stiftung nach Ansicht des Gerichts nahegelegt, dass ihre Erkenntnisse auf wissenschaftlich eindeutigen Analysen beruhten, was wiederum nicht der Fall gewesen sei. Ob die unterlegene Stiftung, deren Anwalt die Bevorzugung gewerblicher Interessen über die Presse- und Meinungsfreiheit bemängelte, das Unternehmen zur Erhebung einer Hauptsacheklage zwingen würde sei ebenso offen wie die Verfolgung möglicher Schadensersatzansprüche durch Ritter Sport.

Der Bericht der Welt (Michael Gassmann) geht zusätzlich auf ein sich offensichtlich wandelndes Rechtsverständnis bezüglich der Kompetenzen der Stiftung Warentest ein. Im Jahr 1975 habe der Bundesgerichtshof gefordert, dass deren Testverfahren "richtig und objektiv" sein müssten, dabei aber das "Bemühen um Objektivität" als ausreichend anerkannt. Auch in der Einschätzung, die Berichte der Tester unterfielen der Meinungsfreiheit, deute sich eine "Kehrtwende" an.

Henning Peitsmeier (FAZ) erkennt in der im Verfahren vorgetragenen Argumentation der Stiftung, sie sei keine mit Hoheitsbefugnissen ausgestattete Behörde, gar "Ironie". Denn nicht zuletzt von einem solchen Ruf lebte die "Institution". Gerade deshalb sei sie zu Seriosität und Objektivität verpflichtet und habe diese Pflicht gegenüber Ritter Sport verletzt.

Rechtspolitik

Solidaritätszuschlag: Im Rahmen der derzeitigen Verhandlungen über eine Reform des Finanzausgleichs plant Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), die Abschaffung des Solidaritätszuschlages zu verankern. Grund hierfür die Sorge einer Verfassungswidrigkeit des Zuschlages, wenn 2019 der Aufbau Ost offiziell abgeschlossen wird, so die SZ (Claus Hulverscheidt/Guido Bohsem). Bereits jetzt hielten einige Gerichte den Zuschlag wegen fehlender zeitlicher Begrenzung für grundgesetzwidrig, das Bundesverfassungsgericht habe sich dieser Ansicht jedoch nicht angeschlossen.

Claus Hulverscheidt (SZ) begrüßt die Absicht in einem Kommentar. Obwohl der "Soli" nie nur den neuen Ländern zugute gekommen sei, müsse er alles in allem als "Erfolgsgeschichte" bezeichnet werden. Als Steuerzuschlag sei er jedoch "nur vorübergehend und mit eindeutiger politischer Zweckbindung zu rechtfertigen", anderenfalls aber verfassungswidrig.

Suizidhilfe: Mit einem Gastbeitrag für die SZ beteiligt sich der Soziologe Armin Nassehl an der Debatte über eine gesetzliche Regelung der ärztlichen Unterstützung eines Suizids schwer kranker Menschen. Den vom Bundesgesundheitsministerium und der Bundesärztekammer hierzu vertretenen "restriktiven Positionen" gesteht der Autor besondere Klarheit und Sicherheit zu, meint aber, dass sie die Vielfältigkeit der Lebenswirklichkeit nur ungenügend berücksichtigten. Solange "man weder einer völligen Liberalisierung noch einem lebensfernem Verbot der Sterbehilfe das Wort reden" wolle, bedürfe es offener und gleichzeitig verlässlicher Regeln, die es schaffen, "der Pluralität der modernen Gesellschaft Rechnung zu tragen, ohne darauf zu verzichten, Schutzmechanismen einzubauen."

Frauenquote: Nach einer der FAZ (Joachim Jahn) vorliegenden Neufassung ist der Gesetzentwurf für eine Frauenquote in Aufsichtsräten in einem wesentlichen Punkt "entschärft" worden. Nunmehr könnten zahlreiche, wegen Börsennotierung oder Mitbestimmungspflichtigkeit betroffene Unternehmen Vorgaben für den zu erreichenden Frauenanteil selbst setzen. Lediglich rund 100 der größten Unternehmen seien auf einen Anteil von 30 Prozent festgelegt.

Freihandelsabkommen: Die taz (Ulrike Herrmann/Bernhard Pötter) befragt die US-amerikanische Staatssekretärin Catherine Novelli zu dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU und speziell zu den besonders umstrittenen, im Abkommen vorgesehenen Investitionsschutzklauseln.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 10. September 2014: Süßer Erfolg für Ritter Sport – Hartz-IV-Leistungen verfassungsgemäß – Ausländische Agenten in Russland . In: Legal Tribune Online, 10.09.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13133/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen