Die juristische Presseschau vom 7. Juli 2017: Raser ohne Bewäh­rung / U-Bahn-Treter mit ver­min­derter Schuld / Neu­tra­lität ohne Plu­ra­lismus

07.07.2017

Justiz

LG Berlin zu "U-Bahn-Treter": Das Landgericht Berlin hat einen hirngeschädigten Mann wegen gefährlicher Körperverletzung zu zwei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, berichtet die taz (Anne Pollmann). Er hatte in einer U-Bahnstation grundlos eine Frau in den Rücken getreten und damit ihren Sturz auf einer Treppe verursacht. Das Gericht nahm verminderte Schuldfähigkeit an. spiegel.de (Uta Eisenhardt) beschreibt, dass eine naheliegende Einweisung in die forensische Psychiatrie nicht möglich sei, weil es sich um die erste derartige Gewalttat des Mannes handelte.

EuGH zu Air Berlin-AGB: Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Fluggesellschaften können an den Verbraucherschutzvorschriften der EU-Mitgliedstaaten gemessen werden, entschied jetzt der Europäische Gerichtshof. Dort dürften pauschale Bearbeitungsgebühren für die Rückerstattung von Tickets verboten werden. Außerdem hielt der EuGH fest, dass Steuern und Gebühren separat neben dem Flugpreis auszuweisen sind. Dies erleichtere den Kunden die Feststellung, was ihnen zurückerstattet werden muss, wenn sie einen Flug nicht antreten. Es berichten lto.de und SZ (Jens Flottau).

BVerfG zu Rechtsreferendarin mit Kopftuch: Anna Katharina Mangold (verfassungsblog.de) kritisiert die jüngst ergangene Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der einer muslimischen Rechtsreferendarin nicht gestattet wurde, bei Auftritten im Gerichtssaal ihr Kopftuch zu tragen. Ein Kopftuchverbot verhindere, dass dieses Kleidungsstück jemals als normal wahrgenommen werden könne – und deshalb irgendwann als neutral erscheine. Damit würden "Vorurteile stabilisiert". Mangold plädiert dagegen für ein auf Art. 33 Grundgesetz gestütztes "pluralistisches Neutralitätsverständnis".

EuGH zu Piloten-Altersgrenze: Der Anwalt Christian Oberwetter analysiert auf lto.de ein Urteil des EuGH vom Mittwoch. Darin wird die Altersgrenze von 65 Jahren für Passagierflugpiloten als gerechtfertigt angesehen. "Das Urteil des EuGH ist nachvollziehbar, denn die Sicherheit der zivilen Luftfahrt steht als überragendes Gemeinwohlgut weit über den individuellen Begehrlichkeiten von Piloten, möglichst lange beschäftigt zu werden."

BGH zu EEG-Rückerstattung: Der Anwalt Daniel Breuer analysiert auf lto.de  ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom vergangenen Mittwoch. Danach kann ein Energieversorger die Rückzahlung der Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz verlangen, wenn ein Anlagenbetreiber seine Solaranlagen pflichtwidrig nicht bei der Bundesnetzagentur angemeldet hatte. Breuer hofft, dass der BGH in der Begründung deutlicher macht, welche Hinweis- und Prüfpflichten die Netzbetreiber im Hinblick auf diese Sanktion haben.

OLG Köln zu unverpixelten Fotos: lto.de beschreibt nun ausführlich eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln, die in dieser Woche bekannt wurde. Danach wurde ein Fotograf, der einen vermeintlich an Ebola Erkrankten gegen seinen Willen fotografierte und danach das unverpixelte Bild einer Zeitung zur  Veröffentlichung überließ, zurecht wegen eines Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz verurteilt.

OLG Schleswig zu Fußabtreter und High Heels: Das Oberlandesgericht Schleswig wies die Schadensersatzforderung einer Frau ab, die mit ihren High Heels an einem alten gitterförmigen Fußabtreter hängengeblieben war, so spiegel.de. Passanten müssten selbst aufpassen, wo sie hintreten.

OLG München – NSU-Prozesstermine: Das Oberlandesgericht München hat im NSU-Prozess vorsorglich Termine bis Ende August 2018 festgelegt, meldet die SZ (Annette Ramelsberger). Das Gericht halte es jedoch für unwahrscheinlich, dass der Prozess noch bis zum nächsten Jahr dauern werde.

StA Köln – Jürgen Mossack: Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen Jürgen Mossack, den Mitinhaber der in Panama ansässigen Kanzlei Mossack Fonseca, wegen Beihilfe zu Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Mossack Fonseca galt als einer der weltweit größten Anbieter von Briefkastenfirmen. Über die Hintergründe berichtet die SZ (Klaus Ott, Hans Leyendecker).

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 7. Juli 2017: Raser ohne Bewährung / U-Bahn-Treter mit verminderter Schuld / Neutralität ohne Pluralismus . In: Legal Tribune Online, 07.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23392/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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