Die juristische Presseschau vom 6. Januar 2015: Warten auf das Kriminallabor – BVerfG zu pausierenden Fachanwälten – Euro-Austritt möglich?

06.01.2015

Mehr Daten und Spuren erschweren die Rechtsfindung - weil die Labore mit dem Auswerten nicht nachkommen. Außerdem in der Presseschau: Schutzlücken im Vergewaltigungs-Strafrecht, Karlsruhe hilft pausierenden Fachanwälten, Telefonieren in Haft ist zu teuer, Drama um siamesische Zwillinge - und warum Finanzberatung schon vor fünzig Jahren tückisch war.

Thema des Tages

Überlastete Kriminaltechnik: mdr info (Ingo Bötig) berichtete exklusiv über ein Papier aus Kreisen der deutschen Generalstaatsanwälte, das die Überlastung der kriminaltechnischen Labore in vielen Bundesländern aufzeigt, insbesondere in Sachsen, Hessen, Niedersachsen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen. Konkret geht es um die Auswertung von Computer- und Mobilfunkdaten sowie DNA-Spuren. Da sich das Datenaufkommen, z.B. bei beschlagnahmten Computern, in den letzten Jahren vervielfacht hat, können Aufträge der Justiz nur noch teilweise und mit großer Verzögerung bearbeitet werden. Die Auswertung von kinderpornographischen Fotos durch private Labore werde teilweise sogar als strafbare Weitergabe von Kinderpornographie gewertet.

Rechtspolitik

Kartellrecht: Die zum Jahreswechsel in Kraft getretene EU-Richtlinie zu kartellrechtlichen Schadensersatzklagen muss nun in Deutschland umgesetzt werden. Sie entspreche weitgehend der deutschen Rechtspraxis, stellt das Handelsblatt (Catrin Gesellensetter) fest. Teilweise könne eine eins-zu-eins-Umsetzung sogar zu Rückschritten bei Geschädigten-Rechten führen, etwa bei der Akteneinsicht in Erklärungen von Kronzeugen.

Erbschaftsteuer: Jetzt beschäftigt sich auch die FAZ (Joachim Jahn) mit der Frage, was mit der Erbschaftsteuer passiert, wenn es nicht bis Mitte 2016 zu einer Neuregelung kommt. Zitiert werden Professoren, die davon ausgehen, dass die Steuer dann bei allen Erben nicht mehr erhoben werden kann. Die FAZ geht jedoch davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht dann mit einer Vollstreckungsanordnung eingreifen wird.

Vergewaltigung: In einem Debattenbeitrag plädiert Christian Rath (taz) für die Umsetzung der Istanbul-Konvention des Europarats, die eine Bestrafung nicht einverständlicher sexueller Handlungen vorsieht. Er zählt zahlreiche Strafbarkeitslücken im geltenden deutschen Vergewaltigungs-Strafrecht auf.

Verdeckte Mitarbeiter: Das Bundesamt für Verfassungsschutz soll erstmals eine explizite Rechtsgrundlage dafür erhalten, verdeckte Mitarbeiter in extremistische Szenen einzuschleusen. Das sieht ein Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums vor, über den die taz (Christian Rath) berichtet. In der Vergangenheit seien nur wenige praktische Fälle bekannt geworden.

Nudging: verfassungsblog.de beginnt ein Online-Symposion zur Frage, ob Regierungen mit Mitteln der Verhaltenspsychologie Anstöße (nudges) geben dürfen, damit die Bürger sich eher entsprechend ihren eigenen mutmaßlichen langfristigen Interessen verhalten. Veröffentlicht wurden zunächst englischsprachige Beiträge der Rechtsprofessoren Cass Sunstein, Jeff Kind und Gertrude Lübbe-Wolff.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 6. Januar 2015: Warten auf das Kriminallabor – BVerfG zu pausierenden Fachanwälten – Euro-Austritt möglich? . In: Legal Tribune Online, 06.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14277/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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