Die juristische Presseschau vom 5. April 2017: Skepsis bei Kin­der­rechten im Grund­ge­setz / BGH zu Cannabis im Ver­kehr / Islam­ge­setz in Öst­er­reich

05.04.2017

Justiz

EuGH zu Visumsverweigerung: In einem Fall aus Deutschland entschied der Europäische Gerichtshof, dass nationale Behörden bei der Verweigerung von Visa aus Sicherheitsgründen einen weiten Beurteilungsspielraum haben, so lto.de. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte den Fall einer iranischen Informatikerin vorgelegt, die in Deutschland ein Promotionsstudium absolvieren wollte, bei der aber befürchtet wurde, dass ihre Erkenntnisse im Iran für militärische, geheimdienstliche oder repressive Zwecke missbraucht würden.

EGMR – Schulverweigerer: Die Welt (Claudia Becker) stellt den Fall des Ehepaars Wunderlich vor, das seine vier Kinder zu Hause unterrichtet. Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen die Eltern dagegen vor, dass ihnen Teile des Sorgerechts entzogen wurden. Der EGMR habe Deutschland inzwischen zur Stellungnahme aufgefordert.

BVerfG – Ministerin und AfD: Das Bundesverfassungsgericht wird am 24. Mai über eine Organklage der AfD gegen die Bundesregierung verhandeln, meldet spiegel.de.  Es geht um die Frage, ob Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) auf der Homepage ihres Ministeriums eine AfD-kritische Pressemitteilung veröffentlichen durfte. Das BVerfG hatte in dieser Sache bereits im November 2015 eine einstweilige Anordnung zugunsten der AfD erlassen.

BGH zur Haftung von Bewertungsportalen: Wenn ein Portal für Klinikbewertungen den negativen Beitrag eines Patienten bearbeitet, dann macht es sich diesen zu eigen. Das Portal hafte dann als Störer und müsse unwahre Behauptungen löschen. Das entschied laut lto.de der Bundesgerichtshof.

BGH zu Cannabis im Verkehr: Ein Autofahrer, der früher Cannabis konsumiert hat, muss sich vor Fahrtantritt vergewissern, dass er nicht mehr unter dem Einfluss des Wirkstoffs THC steht und den geltenden Grenzwert unterschreitet. Wenn er nicht sicher sei, müsse er auf die Fahrt verzichten. Das entschied der Bundesgerichtshof in einem jetzt veröffentlichten Beschluss aus dem Februar und billigte die Geldbuße gegen einen Autofahrer, bei dem eine Grenzwertüberschreitung festgestellt worden war. Es berichten lto.de (Alexander Cremer/Pia Lorenz) und community.beck.de (Jörn Patzak).

VGH Kassel – Fraktionszuschüsse für NPD: Der Verwaltungsgerichtshof Kassel verhandelt heute über einen Normenkontrollantrag der NPD. Diese wendet sich gegen einen Satzungsbeschluss der hessischen Gemeinde Büdingen, die Fraktionen die kommunalen Zuschüsse verweigert, wenn sie aus Vertretern verfassungsfeindlicher Parteien bestehen. Ein Vorbericht findet sich nun auch in der Welt (Alina Leimbach).

OLG München – NSU: Die für Donnerstag geplante Vernehmung des Psychiaters Joachim Bauer, der der Angeklagten Beate Zschäpe verminderte Schuldfähigkeit attestiert, wurde vom Oberlandesgericht München wieder abgesagt, berichtet spiegel.de.  Grund: Zschäpe habe Bauer nur in seiner Eigenschaft als Sachverständiger von der Schweigepflicht entbunden. Das Gericht habe Bauer jedoch als Zeugen geladen.

SG Heilbronn zu Fußballer-Arthrose: Das Sozialgericht Heilbronn hat einem ehemaligen Profifußballer die Anerkennung seiner Sprunggelenksarthrose als Berufskrankheit verweigert, meldet die FAZ (Marcus Jung). Es fehle die Nennung eines derartigen Schadens in der Berufskrankheiten-Verordnung.

LG Düsseldorf zur Misshandlung autistischer Kinder: Das Landgericht Düsseldorf hat eine Erzieherin wegen gefährlicher Körperverletzung und Misshandlung von Schutzbefohlenen zu einer Bewährungsstrafe von 20 Monaten verurteilt, berichtet spiegel.de. Sie soll autistische Kinder in ihrer Wohngruppe misshandelt haben, ohne dass dafür therapeutische Gründe vorlagen.

AG Winsen zu geplatztem Reifen: Das Amtsgericht Winsen hat einen Autofahrer wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten verurteilt. Der Mann war mit stark abgefahrenen Autoreifen unterwegs, daraufhin platzte ein Reifen und sein Beifahrer starb bei dem Unfall, berichtet spiegel.de.

LG Trier  Mord im Verkehr: Am Landgericht Trier hat der Prozess gegen eine Autofahrerin begonnen, die ihr Fahrzeug gezielt in den Gegenverkehr lenkte, um einen Streit mit ihrem Freund sofort zu beenden. Der Freund starb dabei als Beifahrer, ebenso eine weitere Frau, die sich im Auto befand. Der Fahrer des entgegenkommenden Fahrzeugs überlebte mit leichten Verletzungen.* Die Frau ist wegen Mordes angeklagt, meldet spiegel.de.

ArbG  Pflege-Überstunden: Die FAZ (Leonie Feuerbach) schildert die Klage eines Polen vor einem nicht näher bezeichneten Arbeitsgericht. Der Mann hatte einen deutschen Rentner betreut, der an Parkinson leidet. Der Mann habe 65 Stunden pro Woche gearbeitet, sei aber nur für 40 Stunden bezahlt worden. Jetzt klagt er auf Bezahlung seiner Überstunden.

StA Nürnberg-Fürth  Reichsbürger-Mordanklage: Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat Anklage wegen Mordes gegen den sogenannten Reichsbürger erhoben, der im Oktober 2016 einen Polizisten erschossen hat, berichtet die SZ (Steve Przybilla).

StA Berlin  Mord an Türken: Im Interview mit der taz (Susanne Memarnia) schildert der Anwalt Onur Özata den Fall des 2012 in Neukölln erschossenen Türken Burak Bektas. Der Anwalt wirft der Staatsanwaltschaft mangelndes Interesse an Ermittlungen in rechten Kreisen vor.

Richter in der Wirtschaft: "Wie unabhängig agieren Richter, die sich insbesondere durch ihre Amtszeit für einen Millionen-Job in der Wirtschaft qualifizieren?", fragt Jost Müller-Neuhof (tagesspiegel.de) und antwortet: "Erst richten, dann raffen – das geht!" Er begrüßt die Entwicklung von Ethik-Regeln für Richter.

* Anm. d. Red.: Hier stand zunächst, die Fahrerin des entgegenkommenden Fahrzeugs sei gestorben. Geändert am 5.4.2017, 10:15.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 5. April 2017: Skepsis bei Kinderrechten im Grundgesetz / BGH zu Cannabis im Verkehr / Islamgesetz in Österreich . In: Legal Tribune Online, 05.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22575/ (abgerufen am: 27.03.2024 )

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