Die juristische Presseschau vom 4. November 2016: Umweg für Brexit / Ver­stän­di­gung zu PKW-Maut / Umgang für Väter

04.11.2016

Exit vom Brexit? Ein Londoner Gericht verpflichtet Regierung, das Parlament an der Austrittsentscheidung zu beteiligen. Außerdem in der Presseschau: Absprache zu PKW-Maut, der BGH stärkt das Umgangsrecht leiblicher Väter.

Thema des Tages

Brexit und Parlamentsrechte: Nach dem bisherigen Plan der britischen Premierministerin Theresa May sollte die EU bis zum kommenden März offiziell über den Austrittswunsch des Vereinigten Königreichs unterrichtet werden. Die nach Art. 50 des EU-Vertrages vorgesehenen Verhandlungen über die Modalitäten hätten sich hieran angeschlossen. Wie unter anderem die taz (Dominic Johnson) berichtet, steht dieser Zeitplan nun in Frage. Der Londoner High Court entschied, dass das Austrittsverfahren nicht ohne Zustimmung des Parlaments in Gang gesetzt werden dürfe. Die Mehrheit der Unterhaus-Mitglieder hatte sich zumindest vor der Abstimmung im Juni gegen einen Brexit ausgesprochen. Das Gericht habe die Annahme einer sogenannten "royal prerogative", die der Regierung speziell in außenpolitischen Themen ein Exekutivrecht einräume, verneint, erläutert die FAZ (Jochen Buchsteiner). Die Regierung habe bislang eine Parlamentsbeteiligung wegen einer Schwächung ihrer Verhandlungsposition gegenüber der EU abgelehnt. Sie wolle in der Sache nun den Supreme Court anrufen.

Hintergrundberichte von spiegel.de (Christoph Scheuermann/Markus Becker) und Welt (Andre Tauber) stellen klar, dass sich gleichwohl an der grundsätzlichen Entscheidung für den EU-Ausstieg nichts ändern dürfte. Analysen der Entscheidung bringen Rechtsprofessor Jo Murkens auf verfassungsblog.de, Hochschuldozent Tobias Lock auf verfassungsblog.de, beide in englischer Sprache, und der wissenschaftliche Mitarbeiter Roman Kaiser auf verfassungsblog.de.

Nach dem Leitartikel von Nikolas Busse (FAZ) ist das "unglückliche Agieren" der Premierministerin "ein Lehrstück dafür, dass Ja/Nein-Referenden nicht automatisch gesellschaftlichen Frieden stiften". Dies solle auch "Freunden der direkten Demokratie" in Deutschland zu denken geben.

Rechtspolitik

PKW-Maut: Der FAZ (Michael Stabenow) hat eine Sprecherin der Europäischen Kommission bestätigt, dass eine Verständigung mit dem Bundesverkehrsministerium über die Einführung einer PKW-Maut in  noch in diesem Monat erreicht werden könne. Der Zeitplan für die Einführung der Maut ist nach dem Bericht von spiegel.de (Markus Becker) allerdings eng bemessen. Der erzielte Kompromiss erfordere unter anderem eine Abstimmung im Bundestag.

Quote für Anwälte am BVerfG: Der Vorschlag, freiwerdende Richterstellen am Bundesverfassungsgericht quotenmäßig auch mit Anwälten zu besetzen, wird im neuen lto-Podcast (Michael Reissenberger) von BRAK-Präsident Ekkehart Schäfer und DAV-Präsident Ulrich Schellenberg erläutert.

Sozialhilfe für Ausländer: Im vergangenen Dezember leitete das Bundessozialgericht aus dem Grundgesetz einen Sozialhilfeanspruch für EU-Ausländer mit verfestigtem Aufenthalt zumindest als Ermessensleistung ab. Nach erheblicher Kritik an dem Urteil legte die Bundesregierung einen Änderungsentwurf zu den entsprechenden sozialrechtlichen Bestimmungen vor, der am heutigen Freitag im Bundesrat beraten wird. Rechtsprofessorin Constanze Janda stellt auf lto.de maßgebliche Punkte des Entwurfs vor, dem sie Verfassungswidrigkeit bescheinigt.

Steuervermeidung: Die wichtigsten Punkte des vom Bundesfinanzminister vorgestellten Gesetzentwurfs zur Bekämpfung von Steuervermeidung und -umgehung stellt die SZ (Cerstin Gammelin u.a.) in Frage-und-Antwort-Form vor. Donata Riedel (Hbl) begrüßt im Leitartikel des Blattes die nun offenbar gewordene Erkenntnis, dass der Nationalstaat gegenüber Offshore-Briefkastenfirmen "gar nicht so wehrlos" sei, wie in Regierungen bislang darzustellen versuchten. Durch das jetzige "Panama-Gesetz" würden Lücken geschlossen, die internationale Vereinbarungen zum Datenaustausch bislang offen gelassen hätten.

Gentechnik: Die SZ (Kathrin Zinkant) untersucht in Frage-und-Antwort-Form, ob die Kritik an der von der Bundesregierung Anfang der Woche beschlossenen Änderung des Gentechnikgesetzes berechtigt ist.

Kinderehen: spiegel.de (Anna Reimann) stellt Positionen und Argumente in der Debatte über ein Verbot sogenannter Kinderehen vor.

Grundsteuerreform: Vor der am heutigen Freitag anstehenden Beratung über die Reform der Grundsteuer führt die BadZ (Christian Rath) in die rechtlichen, steuerlichen und ökologischen Probleme ein und prognostiziert eine Entscheidung für eine kombinierte Boden- und Gebäude-Besteuerung.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 4. November 2016: Umweg für Brexit / Verständigung zu PKW-Maut / Umgang für Väter . In: Legal Tribune Online, 04.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21041/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen