Die juristische Presseschau vom 3. Juli 2014: Justizirrtümer in der Presse – Industrie gegen IT-Sicherheitsgesetz – US-Kommission pro Prism

03.07.2014

Was dürfen Journalisten über mögliche Justizirrtümer schreiben? Ist die Pressefreiheit in Gefahr? Außerdem in der Presseschau: IT-Sicherheitsgesetz, Asylrecht, Diätenerhöhung, ein falscher Arzt, Ermittlungen gegen Waffenhersteller, Gutachten zum Prism-Spähprogramm und Müllabfuhr bei schlechtem Wetter.

Thema des Tages

LG Hamburg zu Justizirrtümern in der Presse: Mit den möglichen Folgen eines presserechtlichen Urteils des Landgerichts (LG) Hamburg befasst sich Alina Fichter (Die Zeit). Das LG entschied am vergangenen Freitag, dass ein Text über mögliche Justizirrtümer nicht mehr öffentlich zugänglich gemacht werden darf. Darin hatte sich der SZ-Autor Rainer Stadler mit einem Sorgerechtsstreit auseinandergesetzt. Im Raum stand sexueller Missbrauch seitens der Mutter. Gutachter, Jugendamt und Richter schenkten der Mutter keinen Glauben – offenbar trotz veritabler Widersprüchlichkeiten im Verfahren. Über diese Widersprüchlichkeiten hatte die SZ berichtet. In den streitigen Texten habe der Sachverhalt "sorgfältig aufgearbeitet und plausibel argumentiert" gewirkt, so Fichter. Dennoch: Nach dem Urteil des LG darf der streitige Text trotz Anonymisierung der Beteiligten nicht mehr veröffentlicht werden. Die Anonymisierung sei nicht ausreichend gewesen; das Kindeswohl sei gefährdet. Weiter hatte das LG vorgeschlagen, den Fall in einem anderen Bundesland spielen zu lassen. Weil Kritik sich dann nicht mehr an die tatsächlich handelnden Behörden gerichtet hätte, steht für Fichter fest: Das Urteil bedroht die Pressefreiheit. Denn falls sich die Linie des LG durchsetzt "und Akteure von Justizirrtümern deutlich stärker unkenntlich gemacht werden müssten als bisher, würde die Presse ihre wesentliche Funktion als Korrektiv in der Gesellschaft schlechter oder gar nicht mehr erfüllen können", so Fichter.

Rechtspolitik

Asylrecht: Die Zeit (Miriam Lau) beschäftigt sich mit der Diskussion um das Asylrecht in Deutschland und bewertet die deutsche Asylpolitik als "noch nie so reflektiert und akzeptiert wie heute". Der Bericht zeichnet zugleich einen immer radikaler werdenden Kurs von Unterstützern – der eine vernünftige Lösung gefährde. Berichtet wird außerdem von einem Gesetzentwurf von Bundesinnenminister de Maizière, der im Kern mehr Kriegsopfern aus Syrien das Asylrecht einräumt, dafür aber weniger Armutsflüchtlingen wie etwa aus Serbien. Lau spricht von einem Novum des Vorschlags aus Unionsseite, mehr Menschen aufnehmen zu können, "die uns wirklich brauchen".

Mindestlohn: Das anstehende Mindestlohngesetz kommentiert Thomas Öchsner (SZ). Er bezeichnet es als "eine der größten Sozialreformen der Nachkriegsgeschichte", spricht aber zugleich von einer "Notlösung, die das Land irgendwann in Zukunft nicht mehr brauchen sollte". Anders als von der Opposition vorgeworfen, enthalte das Gesetz gerade keinen Flickenteppich. Denn der Mindestlohn gelte bundesweit, ab 2017 für alle Branchen, die vorgesehenen Ausnahmen seien "zumindest teilweise ganz vernünftig". Als "schweren Geburtsfehler" erachtet es Öchsner, dass die Höhe des Mindestlohns (8,50 Euro) von der Regierung festgesetzt wurde.

IT-Sicherheitsgesetz: Bundesinnenminister de Maizière (CDU) will in Kürze das IT-Sicherheitsgesetz vorstellen. Danach soll für "Betreiber kritischer Infrastrukturen" (etwa aus den Bereichen Energie und Luftfahrt) eine Meldepflicht für Cyberangriffe eingeführt werden. Laut Handelsblatt (Till Hoppe) befürchtet die Industrie Milliardenkosten, sollte das IT-Sicherheitsgesetz in der bisher geplanten Form kommen. Eine vom Bundesverband der Deutschen Industrie in Auftrag gegebene Studie soll das belegen.

Diätenerhöhung und ihre Ausfertigung: Mit den verfassungsrechtlichen Bedenken an der automatischen Diätenerhöhung der Bundestagsabgeordneten setzt sich der Rechtsprofessor Hans Herbert von Arnim auf lto.de auseinander. Nach Ansicht Arnims ist die automatische Erhöhung der Diäten aus mehreren Gründen verfassungsrechtlich unzulässig – unter anderem, weil statt eines Automatismus jede einzelne Erhöhung im Plenum diskutiert werden muss. Offenbar hat Bundespräsident Gauck verfassungsrechtliche Bedenken, weshalb er das Gesetz derzeit nicht ausfertigen möchte. Arnim hält das für richtig. Denn dass die Diätenerhöhung jemals vors Bundesverfassungsgericht kommt, scheint für ihn unwahrscheinlich: Bürger seien nicht klagebefugt, und Abgeordnete würden vermutlich keinen Gebrauch von einer Klagemöglichkeit machen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 3. Juli 2014: Justizirrtümer in der Presse – Industrie gegen IT-Sicherheitsgesetz – US-Kommission pro Prism . In: Legal Tribune Online, 03.07.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12430/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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