Die juristische Presseschau vom 31. Dezember 2016 bis 2. Januar 2017: Ver­fas­sungs­richter über Demo­k­ratie / Schei­tert NPD-Verbot? / Ver­fas­sungs­schutz und Rechts­po­pu­lismus

02.01.2017

Recht in der Welt

Belgien – Abschiebung nach Deutschland: Der belgische nationale Rat für Ausländerstreitsachen hat die Abschiebung einer Afghanin und ihrer fünf Kinder nach Deutschland untersagt. Es sei nicht ausreichend sichergestellt, dass die Familie hier eine menschenwürdige Unterbringung erhalte, meldet die Samstags-SZ. Die Frau hatte zunächst in Deutschland einen Asylantrag gestellt.

Türkei – Verfassungsentwurf: Die Rechtsprofessorin İştar Gözaydın und der wissenschaftliche Mitarbeiter Ahmet Erdi Öztürk stellen auf verfassungsblog.de den von AKP und MHP eingebrachten Entwurf einer neuen türkischen Verfassung vor, die vor allem die Rechte des Präsidenten stärken soll. Der Entwurf erinnere an die erste türkische Verfassung von 1876, als der Sultan noch die zentrale Stellung innehatte.

Schweiz – Menschenhandel: Die Montags-SZ (Charlotte Theile) berichtet über Menschenhandelsermittlungen im Schweizer Kanton Solothurn. Dort würden die Zeuginnen nicht von der Polizei, sondern ausschließlich von Staatsanwälten befragt, was zu konkreteren Aussagen führe. Daraufhin seien die Beschuldigten oft zu Geständnissen bereit, was Deal-artige, verkürzte Verfahren ermögliche und den Zeuginnen neue Aussagen vor Gericht erspare.

Chile – Colonia Dignidad: Der oberste chilenische Gerichtshof  hat die drei Deutschen Kurt Schnellenkamp, Gerhard Mücke und Karl van den Berg wegen ihrer Führungsrolle in der Sektensiedlung Colonia Dignidad zu Freiheitstrafen von je fünf Jahren verurteilt. Die Sekte wurde dabei als kriminelle Vereinigung eingestuft, so spiegel.de.

Argentinien – Affenrechte: Die Rechtswissenschaftlerin Saskia Stucki stellt auf verfassungsblog.de die Entscheidung eines argentinischen Richters vor, der zum ersten Mal in der Rechtsgeschichte einem Menschenaffen – der Schimpansin Cecilia – Grundrechte zubilligte. Bisherige Habeas-Corpus-Klagen seien stets gescheitert.

Brasilien – Korruption: Die Montags-FAZ (David Klaubert) stellt ausführlich den Richter Sérgio Moro und seine zentrale Rolle im brasilianischen Petrobas-Korruptions-Skandal vor.

USA – Begnadigung und Strafrecht: Kein US-Präsident der jüngsten Zeit habe so viele Häftlinge begnadigt wie Barack Obama, berichtet die FAS (Patrick Bahners). Allerdings sei dies nur Symbolik, weil die von Obama angestrebte Korrektur des überharten und im Ergebnis rassistischen Strafrechts nicht gelungen sei.

USA – Rollstuhlfahrer: Der Fahrer eines Elektrorollstuhls kann nicht wegen Trunkenheit am Steuer verurteilt werden, entschied ein US-Berufungsgericht in Oregon. Rechtlich sei der Fahrer als Fußgänger einzustufen, weshalb für ihn kein Alkoholverbote gelte, so spiegel.de.

Sonstiges

Verfassungsschutz und Rechtspopulismus: Im Interview mit der Montags-taz (Christian Rath) erklärt die Präsidentin des Stuttgarter Landesamts für Verfassungsschutz, Beate Bube, nach welchen Maßstäben eine rechtspopulistische Partei oder Bewegung zum Beobachtungsobjekt erklärt wird.

Ausländerkriminalität: Ein BKA-Bericht, den das Innenministerium in dieser Woche vorstellen will, stellt fest, dass die Ausländerkriminalität vom 1. Quartal 2016 zum 3. Quartal 2016 um 23 Prozent zurückgegangen ist. Es berichten die Samstags-SZ und spiegel.de.

Facebook-Fahndung: Der Fahndungsaufruf der Hamburger Polizei bezüglich des IS-Attentäters Anis Amri konnte erst mit zwölfstündiger Verspätung über Facebook verbreitet werden, weil Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne) erst eine Sondergenehmigung erteilen musste, berichtet die Samstags-FAZ (Frank Pergande). Steffen sei skeptisch gegenüber der Zusammenarbeit mit Facebook, weil dort Hasskommentare und Lynch-Aufrufe zu langsam gelöscht würden.

Videoüberwachung und Auswertung: Die FAS (Morten Freidel) stellt eine britische Sondereinheit aus "Super-Recognisern" vor, die besonderes Talent im (Wieder-) Erkennen von Gesichtern haben, was insbesondere bei der Auswertung von Bildern aus Videokameras genutzt werde.

Abmahn-Beantworter: Die Anwältin Beata Hubrig erläutert im Interview mit netzpolitik.org (Ingo Dachwitz) ihren Abmahnbeantworter. Zunächst sei er nur ein Werkzeug gewesen, um ohne Anwalt alle relevanten Fakten für ein erstes Zurückweisen einer unberechtigten Forderung an die Abmahnkanzlei zu kommunizieren. Wenn aber die erhobene Forderung von der Abmahnkanzlei binnen der gesetzten Frist nicht zurückgenommen werde, solle der Betroffene einen Anwalt beauftragten, der nun seinerseits gegen die Abmahnkanzlei vorgeht und dort seine Kosten in Rechnung stellt.

Das Letzte zum Schluss

Vogelspinne: Ein Mann aus Braunschweig schenkte seiner Freundin zu Weihnachten eine Vogelspinne. Das führte zu Streit. Am Ende warf die Frau die Vogelspinne nach ihm. Er holte die Polizei, die die Spinne einfing und ins Tierheim brachte. Nach Auskunft der Polizei hätte sich die Frau nur strafbar gemacht, wenn der Spinne etwas passiert wäre, meldet die Montags-FAZ.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/chr

(Hinweis für Journalisten)  

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 31. Dezember 2016 bis 2. Januar 2017: Verfassungsrichter über Demokratie / Scheitert NPD-Verbot? / Verfassungsschutz und Rechtspopulismus . In: Legal Tribune Online, 02.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21679/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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