Die juristische Presseschau vom 1. August 2014: BVerfG-Richter kritisiert EuGH-Urteil – NSU: Abgelehnte Befangenheit – Problematische Gutachten

01.08.2014

BVerfG-Richter Masing hat gegenüber Politik und Datenschützern das "Google-Urteil" des EuGH kritisiert. Außerdem in der Presseschau: Verfassungsfragen zu Kostentragungspflicht für Polizeieinsätze bei Fußballspielen, Richter im NSU-Prozess nicht befangen, Russland wegen Yukos jetzt auch vom EGMR verurteilt und Österreich erwägt Hinweise wegen aggressiver Kühe.

Thema des Tages

Masing zu "Google-Entscheidung": Bundesverfassungsrichter Johannes Masing kritisiert das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Löschungsverpflichtung von Internetsuchmaschinen bei Persönlichkeitsrechtsverletzung. Die Entscheidung drohe die liberale Karlsruher Linie im Äußerungsrecht zu unterlaufen. Dies ergibt sich aus einer bisher unveröffentlichten "vorläufigen Einschätzung" Masings, die von Ende Mai datiert. Die Rechtsanwälte Thorsten Feldmann, Carlo Piltz und Ansgar Koreng setzen sich auf irights.info mit der Stellungnahme auseinander, ebenso Rechtsanwalt Till Kreutzer (irights.info). Den Suchmaschinenbetreibern sei die Aufgabe umfassender Abwägung übertragen worden, die Gerichten zustehe. Dies gebe ihnen zusätzliche Macht über den Informationsfluss, überfordere sie und führe im Zweifel zur Löschung. Kritisiert wird auch die einseitige Wertung des EuGH zugunsten des Persönlichkeitsrechts, welches bei der Abwägung "im Allgemeinen" vorgehe. Die große Bedeutung von Verlinkungen in Suchmaschinen für das Äußerungsrecht und die Informationsfreiheit werde nicht bedacht. Eine Entscheidung durch eine dann faktisch entstehende "Kommunikationsregulierungs-Behörde" sei auch keine Lösung. Vorzugswürdig sei primär die Löschung der Ausgangsseite auf dem üblichen Rechtsweg anzustreben und allenfalls als Auffangmöglichkeit die Löschung der Verlinkung zu nutzen.

irights.info (Matthias Spielkamp) begründet, warum es das ihm vorliegende Papier Masings nicht veröffentliche: Masing habe die Freigabe nicht erteilt. Bei einer urheberrechtlichen Auseinandersetzung drohe man zu unterliegen.

Udo Vetter (lawblog.de) wirft die Frage auf, warum die offenbar bedeutsame Einschätzung des Verfassungsrichters eine "Geheimpost" der Judikative an Exekutive und Legislative sei und "dem Volk" nicht mitgeteilt werde.

Rechtspolitik

Kostentragung für Polizeieinsätze und Verfassungsrecht: Der Rechtswissenschaftler Björn Schiffbauer (juwiss.de) setzt sich mit verfassungsrechtlichen Fragen zur in Bremen geplanten Kostentragungspflicht der Deutschen Fußball Liga (DFL) für Polizeieinsätze bei Fußballspielen auseinander. Er sieht die geplante Regelung eines Gebührentatbestandes als einzig mögliche, deren grundrechtsbeeinträchtigende Wirkung im Hinblick auf Versammlungs- und Berufsfreiheit jedoch kaum zu rechtfertigen sei. Auch einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sieht der Jurist.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 1. August 2014: BVerfG-Richter kritisiert EuGH-Urteil – NSU: Abgelehnte Befangenheit – Problematische Gutachten . In: Legal Tribune Online, 01.08.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12750/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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