Die juristische Presseschau vom 28. bis 30. März 2015: Krux der Opferanwälte – Sicherungsverwahrung nach Jugendstrafe – Rebellion gegen Sommerzeit

30.03.2015

Kritiker von Opferanwälten halten deren Arbeit für "pietätlos". Außerdem in der Presseschau: juristische Rehabilitierung verurteilter Homosexueller, BGH zu Adoption nach Samenspende, EGMR muss über Zulässigkeit der Sicherungsverwahrung nach verbüßter Jugendstrafe entscheiden und wie einen die Rebellion gegen die Sommerzeit mit dem Gericht in Konflikt bringt.

Thema des Tages

Opferanwälte – Zwischen Recht und Moral? Das Handelsblatt (Volker Votsmeier/Sönke Iwersen) beschäftigt sich mit der Arbeit von Juristen, die sich "auf die Vertretung von Opfern und ihrer Angehörigen bei "'Großschadensereignissen'" spezialisiert haben und stellt insbesondere den Anwalt Ulrich von Jeisen vor. Er hat bereits im 9/11-Prozess und bei mehreren Flugzeugunglücken Mandate übernommen. Kritiker hielten seine Arbeit für "pietätlos" und "ethisch grenzwertig", denn "letztlich verdiene er sein Geld mit dem Leid anderer". Auf der anderen Seite, so das Handelsblatt, böte der Opferanwalt Menschen die Dienste an, "die sie gerade am dringendsten brauchen". Die Angehörigen der Opfer des Germanwings-Absturzes könnten aufgrund des Montrealer Abkommens mit einer Entschädigung von mindestens 20.000 Euro rechnen – von Jeinsen prognostiziere auch "sehr viel höhere Ansprüche", diese müssten allerdings rechtlich geltend gemacht werden.

Rechtspolitik

Rehabilitierung verurteilter Homosexueller: Die Urteile zum ehemaligen § 175 des Strafgesetzbuchs, der sexuelle Handlungen zwischen männlichen Personen unter Strafe stellte, sind bis heute noch in Kraft. Der Spiegel (Melanie Amann) teilt mit, Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) prüfe derzeit, ob sich diese Urteile aufheben ließen und beschreibt die Probleme einer juristischen Rehabilitierung der Betroffenen. Kritiker monierten, die Aufhebung der Urteile sei nur unter "sehr engen Grenzen" möglich, denn eine unabhängige Justiz habe nach gültigen Vorschriften geurteilt. Für einen entsprechenden Gesetzentwurf spreche, die Aufrechterhaltung der Unrechtsurteile würde die Verletzung der Menschenrechte fortsetzen.

Unternehmensstrafrecht: Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erwägt, einen Gesetzentwurf zum Unternehmensstrafrecht einzubringen. Der Rechtsanwalt Konstantin Philipp von Busekist moniert in der Montags-FAZ die bisherigen Möglichkeiten der Sanktionierung von Unternehmen seien ausreichend. Die Verfolgung von Compliance-Verstößen scheitere an tatsächlichen, nicht an rechtlichen Problemen. Sinnvolle Neuregelungen im Bereich Compliance seien die Konkretisierung der Organisationspflichten der Unternehmen und "konkrete Vorgaben für eine Selbstanzeige von Gesetzesverletzungen durch Unternehmen".

Bundesrat billigt Gesetze: Der Bundesrat gab am vergangenen Freitag seine Zustimmung zu verschiedenen Gesetzesbeschlüssen des Bundestags – darunter Mietpreisbremse, Bestellerprinzip und Frauenquote. Die Samstags-FAZ (Joachim Jahn/Kerstin Schwenn/Manfred Schäfers) bringt eine Übersicht der Regelungen.

Organisierte Kriminalität: Der Spiegel (Andreas Ulrich) informiert über einen Gesetzentwurf des Innenministers Thomas de Maizière (CDU). Er wolle dem Generalbundesanwalt die Zuständigkeit für grenzüberschreitende organisierte Kriminalität übertragen, unter anderem die mangelnde Kooperationsbereitschaft der Länder sorge für eine geringe Aufklärungsrate. Das Bundeskabinett unterstütze diesen Vorschlag nicht, hier liege keine Ausnahme von der Strafverfolgungskompetenz der Länder vor.

Mautgesetz: Am vergangenen Freitag passierte das Mautgesetz den Bundestag. Die Samstags-FAZ (Kerstin Schwenn) erläutert die geplante Regelung und nach wie vor bestehende Kritik. In deren Fokus stand das wohl drohende Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof wegen der Diskriminierung von Ausländern – den "Taschenspielertrick" der Entlastung Deutscher über die KfZ-Steuer werde die EU nicht billigen.

Der Focus (Daniel Goffart/Margarete van Ackeren/Markus Hurek) bespricht ausführlich die Kritik am Mautgesetz. Dieses würde sich wirtschaftlich und bürokratisch nicht rentieren, stattdessen sei es wahrscheinlich, dass die EU-Kommission nach Inkrafttreten des Gesetzes, einen Verstoß gegen das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot feststellt. Entscheidend sei die Frage, was passiert, wenn die Maut die Überprüfung der EU-Kommission nicht besteht – wird dann die gesamte Regelung oder nur die Entlastung über die KfZ-Steuer gekippt?

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28. bis 30. März 2015: Krux der Opferanwälte – Sicherungsverwahrung nach Jugendstrafe – Rebellion gegen Sommerzeit . In: Legal Tribune Online, 30.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15099/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen