Die juristische Presseschau vom 22. April 2015: Geständnis im Auschwitz-Prozess – Strafbarkeit von Datenhehlerei – Mohammed Mursi verurteilt

22.04.2015

Der Angeklagte im Auschwitzprozess hat ein Geständnis abgelegt und Reue gezeigt. Außerdem in der Presseschau: Neues Strafgesetz gegen Datenhehlerei, Reform der Vorsatzanfechtung, 10-Punkte-Plan nach Flüchtlingsunglück, Mohammed Mursi zu 20 Jahren Haft verurteilt und warum man einen Diktator lieber nicht nach einem Autogramm fragen sollte.

Thema des Tages

LG Lüneburg – Auschwitzprozess: Am ersten Prozesstag vor dem Landgericht Lüneburg hat der Angeklagte, ein ehemaliger Aufseher des Vernichtungslagers Auschwitz, seine Beteiligung zum Teil eingeräumt und um Verzeihung gebeten. Ihm wird Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen vorgeworfen; er war dafür verantwortlich, die Wertgegenstände der Deportierten zu sammeln und an die SS weiterzuleiten. Die SZ (Peter Burghardt), die FAZ (Alexander Haneke), die taz (Klaus Hillebrand), die Welt (Per Hinrichs) und spiegel.de (Gisela Friedrichsen) berichten ausführlich vom gestrigen Prozessauftakt. "Für mich steht außer Frage, dass ich mich moralisch mitschuldig gemacht habe", habe der Angeklagte ausgesagt.

Die SZ (Robert Probst) erklärt den juristischen Hintergrund der jüngsten Ermittlungen und Verfahren gegen ehemalige NS-Verbrecher. Auslöser sei das Urteil des Landgerichts München II im Fall Demjanjuk, das – anders als die Rechtsprechung der Nachkriegsjahre – den Beklagten als "Teil eines eingespielten Apparats zum Zwecke der Ermordung möglichst vieler Menschen" verurteilt habe.

Heribert Prantl (SZ) kommentiert, dass die Reue des Angeklagten einen neuen "Akzent in der unguten Geschichte der juristischen Aufarbeitung der NS-Verbrechen" bilde. Deswegen sei es gut, dass der Prozess noch so spät geführt werde.

Rechtspolitik

Datenhehlerei: Neben der Vorratsdatenspeicherung plant die Bundesregierung die Einführung einer neuen Strafnorm der "Datenhehlerei". internet-law.de (Thomas Stadler) stellt den Gesetzentwurf zum neuen § 202 d StGB vor und kritisiert, dass er keine Ausnahme für Zwecke der Berichterstattung vorsehe, sodass sich Journalisten strafbar machen könnten.

Vorsatzanfechtung: Der Vorsitzende des Verbands der Insolvenzverwalter Deutschlands Christoph Niering erläutert in der FAZ einen Referentenentwurf des Justizministeriums zur Reform der Regelung zur Insolvenzanfechtung. Statt einer bloßen Benachteiligung der Insolvenzgläubiger soll künftig erst eine "unangemessene Benachteiligung" die Folgen der Insolvenzanfechtung auslösen können. Zudem soll der Verjährungszeitraum von zehn Jahren auf vier Jahre gesenkt werden.

IT-Sicherheitsgesetz: Die taz (Martin Kaul) fasst die Kritik am geplanten IT-Sicherheitsgesetz zusammen. Viele Experten hielten das Gesetz für bedenklich, weil Unternehmen bei Hackerangriffen Daten an das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik melden sollen, wo auch das Bundeskriminalamt und der Bundesverfassungsschutz ihren Sitz haben und die Daten für ihre Zwecke nutzen könnten. Zudem sehe der Entwurf keine Löschfrist für die gespeicherten Daten vor.

Vorratsdatenspeicherung: Die taz (Christian Rath) führt ein Interview mit dem rechtspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Johannes Fechner, der als Kritiker der Vorratsdatenspeicherung gilt. Fechner hält den Vorschlag zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung für einen guten Kompromiss und will Justizminsiter Heiko Maas (SPD) unterstützen.

Flüchtlingspolitik: Die Juniorprofessorin Nora Markard kritisiert vor dem Hintergrund der aktuellen Schiffsunglücke auf dem Mittelmeer die restriktive europäische Flüchtlingspolitik bei verfassungsblog.de. Viele der verunglückten Menschen hätten einen Anspruch auf internationalen Schutz, der aber durch die Abschottung der EU unterlaufen werde und die Flüchtlinge auf gefährliche Fluchtwege bringe: "Wer nicht will, dass Schlepper profitieren, muss legale Zugangswege zu schützendem Asyl schaffen". Die taz (Christian Jakob/Eric Bonse) stellt den 10-Punkte-Plan der EU vor, der am morgigen Donnerstag auf einem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der EU diskutiert werden soll. Geplant sei unter anderem eine Stärkung von Frontex und eine härtere Verfolgung von Schleppern durch die Zerstörung von Booten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 22. April 2015: Geständnis im Auschwitz-Prozess – Strafbarkeit von Datenhehlerei – Mohammed Mursi verurteilt . In: Legal Tribune Online, 22.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15312/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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