Die juristische Presseschau vom 30. September 2015: Geheim­nis­verrat mit­teilen – Sch­leu­ser­bosse ange­klagt – VW irra­tional

30.09.2015

Das Kanzleramt muss über Geheimnisverrat beim BND infomieren. Außerdem in der Presseschau: Fachanwalt für Migrationsrecht, kein Mindestlohn für Strafgefangene und Rational Choice-Ansatz kann Dieselgate nicht erklären.

Thema des Tages

BVerwG zu Informationspflicht über Geheimnisverrat: Das Bundesverwaltungsgericht hat das Kanzleramt in einem Eilverfahren verpflichtet, über Zahl und Zeitpunkt von Geheimschutzverstößen beim BND Auskunft zu erteilen. Das betreffe etwa den Fall, dass Dokumente, die als "geheim" oder "vertraulich" eingestuft wurden, an die Medien gelangt sind, berichtet der Tsp (Jost Müller-Neuhof). Der Tagesspiegel hatte den Antrag gestellt, auf den die Entscheidung zurückgeht. Das Kanzleramt verweigerte die Information, da durch die Mitteilung Schwachstellen sichtbar würden, die sich andere Dienste zunutze machen könnten und Partnerdienste verlören das Vertrauen, was die Zusammenarbeit gefährde. Das ließ das BVerwG nicht gelten. Dass Geheimdienstinformationen verraten werden sei eine offenkundige Tatsache und die Mitteilung konkreter Zahlen daher nicht geeignet diese Folgen herbeizuführen. Gerade weil die Regierung mit Strafverfahren wegen Geheimnisverrats gedroht habe, bestehe ein besonderes öffentliches Interesse an der Mitteilung.

Rechtspolitik

Fachanwalt für Migrationsrecht: Funktionsträger von Deutschem Anwaltsverein und verschiedenen Anwaltskammern haben eine Initiative zur Einführung eines Fachanwaltstitels für Migrationsrecht gestartet, meldet die FAZ (Joachim Jahn). Es gebe nicht genügend Anwälte, die sich auf Ausländer- und Asylrecht spezialisiert hätten.

Suizidhilfe: In seiner Kolumne schreibt Bundesrichter Thomas Fischer auf zeit.de "pure Polemik" über Sterbehilfe nach geltendem Recht und die Gesetzentwürfe zur Suizidhilfe. Alle vorgeschlagenen Regelungen seien schlechter als der bestehende Zustand. Wenn schon keine Regelung für mehr Selbstbestimmung gefunden werde, sollten die Abgeordneten wenigstens den Entwürfen ihre Zustimmung verweigern.

Flüchtlingsunterbringung: Wie die SZ berichtet, plant Bremen nun ebenfalls ein Gesetz zur Erleichterung der Beschlagnahme von Immobilien zur Unterbringung von Flüchtlingen. Es soll wie in Hamburg um große Gebäude gehen, mit einer Nutzflächen ab 300 Quadratmetern. Die BadZ (Christian Rath) legt die aktuellen Möglichkeiten zur Beschaffung freien Wohnraums für Flüchtlinge in Frage- und Antwortform dar.

"Kollektivklagen": Hinsichtlich der Frage in welcher Form Kollektivklagemöglichkeiten in Deutschland geschaffen werden sollen, macht die FAZ (Joachim Jahn) einen weitgehenden Konsens unter Rechts- und Verbraucherpolitikern für das Modell der Musterklage aus, ähnlich dem Kapitalanleger-Musterverfahren. Auch der Chefjurist des Deutschen Industrie- und Handelskammertages habe sich grundsätzlich dafür ausgesprochen. Sammelklagen mit Erpressungspotential nach US-Vorbild würden hingegen weitgehend abgelehnt.

Börsenrückzug: Der Gesetzentwurf zum Börsenrückzug sei noch einmal überarbeitet worden, meldet die FAZ (Joachim Jahn). Verfahren zur Überprüfung von Aktionärsabfindungen nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz sollen nun auch möglich sein, wenn sich Fehlinformationen in den letzten sechs Monaten vor dem Rückzug auf den Kurs auswirken. Zuvor waren nur Fehlinformationen erfasst, die in diesem Zeitraum erfolgten.

TTIP/Investitionsgericht: In englischer Sprache schreibt Rechtsprofessor Stephan Schill auf verfassungsblog.de zur Frage, ob die Argumente der "Opinion 2/13" des Europäischen Gerichtshofs (zur Ablehnung der Zulässigkeit einer Mitgliedschaft der EU im Europarat) dem geplanten Investitionsgericht entgegenstehen. Dies sei nicht der Fall, sinnvoll sei es jedoch in jedem Fall eine Stellungnahme des Europäischen Gerichtshofs einzuholen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 30. September 2015: Geheimnisverrat mitteilen – Schleuserbosse angeklagt – VW irrational . In: Legal Tribune Online, 30.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17046/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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