Die juristische Presseschau vom 8. Januar 2015: EGMR zu passiver Sterbehilfe – Sterberecht für 17-Jährige? – Kriminelle Kapuzenpullover

08.01.2015

Der EGMR muss entscheiden, ob die Einstellung der künstlichen Ernährung eines Wachkoma-Patienten gegen das Recht auf Leben verstößt. Außerdem in der heutigen Presseschau: Die Reform der Erbschaftsteuer könnte "Bürokratiemonster" hervorbringen, 17-jährige US-Amerikanerin fordert ihr Recht zu sterben, Palästina wird Mitglied des IStGH und der verzweifelte Versuch, Verbrechen zu verhindern.

Thema des Tages

EGMR - passive Sterbehilfe*: Ist die Einstellung der künstlichen Ernährung eines Wachkoma-Patienten mit dem Grundrecht auf Schutz des Lebens vereinbar? Am gestrigen Mittwoch befasste sich die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte mit dieser Frage. Der Betroffene, Vincent Lambert, befindet sich seit einem Motorradunfall im Jahre 2008 im Wachkoma. Eine Patientenverfügung liege nicht vor, die Familie sei sich über den Willen des Betroffenen uneinig. Das oberste französische Verwaltungsgericht hatte entgegen des Vorbringens der Eltern geurteilt, der Abbruch der lebenserhaltenden Maßnahmen sei legitim. Gegen diese Entscheidung zogen die Eltern nun vor den EGMR. Sie sind der Ansicht, der Zustand ihres Sohnes sei eine Behinderung, die künstliche Ernährung demnach keine medizinische Behandlung, sondern eine Pflegemaßnahme. Angesichts der zu klärenden Fragen wird ein Grundsatzurteil des EGMR erwartet. Dies berichten die taz (Christian Rath) und der Tagesspiegel (Jost Müller-Neuhof).

Rechtspolitik

Erbschaftsteuer: Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts soll bis Ende 2016 eine "Bedürfnisprüfung" hinsichtlich des Erlasses der Erbschaftsteuer eingeführt werden. Demnach sollen Unternehmen nur steuerlich entlastet werden, wenn sie nachweisen können, dass die Erbschaftsteuer ihr Geschäft gefährde. Am heutigen Donnerstag wird die Stiftung Familienunternehmen, unter anderem zusammen mit dem Verfassungsrichter Michael Eichberger, diskutieren, inwiefern eine Privilegierung von Großunternehmen weiterhin möglich wäre. Dies berichtet das Handelsblatt (Donata Riedel).

Donata Riedel (Handelsblatt) ist der Ansicht die Erbschaftsteuer müsse grundsätzlich gleichmäßig gestaltet werden. Sie bedauert, dass die derzeitige Koalition dazu wohl nicht mutig genug sei und es bei "kleinstmöglichen Korrekturen" belassen werde. Die "Bedürfnisprüfung" werde sich wohl als "Bürokratiemonster" entpuppen und einige Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen.

Korruptionsregister: Die Wirtschafts- und Justizminister der Länder setzen sich für die bundesweite Einführung von öffentlichen Korruptionsregistern ein. Das Gesetz auf Bundesebene solle sich an einem in Hamburg und Schleswig-Holstein bereits bestehenden Gesetz, dem Gesetz zur Errichtung eines Registers zum Schutz fairen Wettbewerbs, orientieren. Rechtsanwalt David Pasewaldt erläutert für lto.de die relevanten Regelungen und schildert etwaige Kritikpunkte.

Gewinnabschöpfung: Die Unionsfraktion ist der Ansicht, dass die Abschöpfung von Verbrechensgewinnen erleichtert werden sollte und fordert eine entsprechende Regelung von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Laut FAZ (Joachim Jahn) hat Maas eine Arbeitsgruppe mit der Ausarbeitung von Vorschlägen beauftragt.

Wirtschaftsgesetze: Am gestrigen Mittwoch hat die Bundesregierung verschiedene neue Wirtschaftsgesetze auf den Weg gebracht. Die FAZ (Joachim Jahn/Kerstin Schwenn) beschreibt die geplanten Neuregelungen. So sollen beispielsweise kleinere Unternehmen Erleichterungen bei der Rechnungslegung erhalten und öffentliche Ausschreibungen "verkürzt, vereinfacht und flexibler gestaltet werden".

CSU und Asylrecht: Die CSU Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt verteidigt auch nach Kritik aus der katholischen Kirche die Asylrechtspläne der Partei. So werde unter anderem eine kürzere Einspruchsfrist für abgelehnte Asylbewerber sowie eine schnellere Abschiebepraxis bei "Asylrechtsmissbrauch" gefordert. Dies berichtet die taz (LS).

* geändert am 08.01.2015 um 10.15, zuvor stand hier "Suizidhilfe".

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 8. Januar 2015: EGMR zu passiver Sterbehilfe – Sterberecht für 17-Jährige? – Kriminelle Kapuzenpullover . In: Legal Tribune Online, 08.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14303/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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