Die juristische Presseschau vom 5. Januar 2012: Untreuer Sparkassenvorstand – Charakterlose Parteikarrieristen – Katastrophaler Justizetat

05.01.2012

Brachiale Kompetenzüberschreitung und Untreue werden dem Ex-Vorstandschef der Sparkasse Oberhausen vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt und PWC prüft. Außerdem sollten Abgeordnete von der Fraktionsdisziplin befreit werden, Ehegattensplitting jetzt auch für Lebenspartnerschaften, Spenden für Schottern und eine Henkersmahlzeit auf Chinesisch.

Risiko in Oberhausen: Wegen des Verdachts der Untreue habe die Staatsanwaltschaft mit Ermittlungen gegen den erst am Montag fristlos gekündigten Vorstandschef der Sparkasse Oberhausen, Karlheinz Merzig, begonnen, so die FDT (Heinz-Roger Dohms).

Konkret gehe es um Kredite, welche die Sparkasse an das Unternehmen Sport Concept vergeben habe. Als das Kreditvolumen bei 20 Millionen Euro lag, habe man die "Reißleine" gezogen. Laut einem "Prüfungsbericht" von Pricewaterhouse Coopers habe sich Merzig "Verstöße gegen das Kreditwesengesetz" vorzuwerfen. Seine Kompetenzen habe er "brachial überschritten" und das Geschäft "an sich gerissen" – auch die enge persönliche Beziehung zwischen Merziger und dem hinter Sport Concept stehenden "Finanzier" sei problematisch, berichtet die FTD.

Weitere Themen – Rechtspolitik

"Mehr Demokratie wagen": Mit dem Abgeordneten im Spannungsfeld zwischen Freiem Mandat und Fraktionsdisziplin befasst sich Rechtsprofessor Arnd Diringer für lto.de. Anlass ist ein Vorschlag der Christdemokratischen Juristen in Baden Württemberg, in Wahlkreisen bei Landtagswahlen eine Auswahl zwischen drei Kandidaten einer Partei zu ermöglichen. "Charakterlose Parteikarrieristen" und "Besenstiele" hätten dann keine Chance mehr.

Neonazi-Datei: Einen "faulen Kompromiss" nennt Thomas Stadler (internet-law.de) die zwischen Justiz- und Innenministerium erzielte Einigung über die "Verbunddatei Rechtsextremismus". Neben "gewalttätigen" würden nun auch "gewaltbezogene" - statt "gewaltbereite"- Personen erfasst. Was Gewaltbezogenheit ausmache, sei unbestimmt und möglicherweise noch weiter zu verstehen als Gewaltbereitschaft. Dass zwar Beschuldigte, nicht aber Verdächtige aufgenommen würden, sei ebenso eine "Mogelpackung".

Kein "Lex-NPD": Laut der SZ (Donnerstag-/Freitagausgabe) (Susanne Höll) hätte eine Grundgesetzänderung zum Ausschluss der NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung wegen verfassungsrechtlicher Bedenken bei SPD, Grünen, Linken, FDP, aber auch der CDU keine Chance: Die im Bundestag und –rat nötigen Zwei-Drittel-Mehrheiten für eine Änderung gäbe es nicht. Michael Hartmann, SPD-Innenexperte, spreche von einem "verfassungswidrigen Instrument", nur das Verbotsverfahren stehe in Bezug auf die NPD zur Verfügung, so die SZ.

Weitere Themen – Justiz

Herdprämie für Lebenspartner: Für Die Zeit kommentiert Anna Kemper das Urteil eines Kölner Gerichts, wonach das so genannte Ehegattensplitting auch für eingetragene Lebenspartnerschaften gelte. Nur ein bisschen "modern und gerecht" sei die Entscheidung, im Grunde habe man eine "verkappte Herdprämie", geschaffen noch unter Bundeskanzler Adenauer "im Geiste des Artikels 6 GG", "bunt angemalt".

Beweisverwertungsverbote: Einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus Dezember 2011 erläutert Bernd von Heintschel-Heinegg (blog.beck.de): Zum einen sei die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur "Verwertbarkeit rechtswidrig erhobener personenbezogener Informationen im Strafprozess" - hier mit Bezug auf eine präventiv-polizeiliche Wohnraumüberwachung - gebilligt worden; die Argumentation zeichnet v. Heintschel-Heinegg ausführlichst nach. Weiterhin seien die Ausführungen zum Bestimmtheitsgebot bei Verurteilungen wegen Betrugs beim Abschluss von Lebensversicherungen "bemerkenswert".

Umfassend setzt sich auch Nicolas Hohn-Hein für juraexamen.info mit dem Beschluss auseinander und zitiert dabei entscheidende Stellen.

Spenden für Schottern: Laut einem Bericht der taz (Martin Kaul) bietet die Staatsanwaltschaft Lüneburg Verfahrenseinstellungen gegen Spendenzahlungen an gemeinnützige Organisationen. Gerichtet sei der "Aufruf" an - wohl zu zahlreiche - Unterzeichner eines Solidaritätsbriefs von Anti-Atom-Aktivisten. Ermittelt werde, weil der Brief zum so genannten "Schottern" aufgerufen habe. Die Kampagne "Castor Schottern" habe wiederum angeregt, auf den staatsanwaltschaftlichen Vorschlag nicht zu reagieren: Widerstand sei auch außerhalb der Grenzen des Erlaubten legitim.

Katastrophaler Justizetat: "Viele Verdächtige, viele Angeklagte, viele Akten, viel komplizierter Stoff, wenig Richter" – Mit wegen schlechter Ausstattung überlasteten Strafkammern und den Folgen für Prozesse gegen "Missetäter" in Verfahren rund um die Finanzbranche befasst sich die SZ (Klaus Ott) ausführlich in ihrem Wirtschaftsteil. Dem Anspruch, "nicht die Kleinen zu hängen und die Großen laufen zu lassen" könne man nicht mehr gerecht werden, so ein Stuttgarter Oberstaatsanwalt.

Stille SMS: Mit den technischen Voraussetzungen, durch so genannte "stille SMS" etwa Bewegungsprofile von Verdächtigen seitens der Sicherheitsbehörden zu erstellen, befasst sich die SZ (Helmut Martin-Jung) und erläutert dabei auch die in der Strafprozessordnung festgelegten rechtlichen Maßstäbe für Telekommunikationsüberwachungen.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Schadenersatz in Milliardenhöhe: Regenwaldverschmutzungen durch Ölbohrungen führten zu Krankheiten und Todesfällen im ecuadorianischen Amazonas-Gebiet. Das Handelsblatt (Alexander Busch) informiert über die Verurteilung des US-Konzerns Chevron zu Schadenersatzzahlungen in Höhe von 18 Milliarden Dollar. Seit 20 Jahren hätten Einwohner des Gebietes geklagt. Verursacht worden seien die Schäden noch durch Texaco, einen US-Ölkonzern, der im Jahr 2001 von Chevron "übernommen" worden sei. Chevron wolle das Urteil nun in den USA anfechten, so das Handelsblatt.

Urteile im Lawrence-Prozess: Eingehend berichtet spiegel.de (Carsten Volkery) über die Verurteilungen der beiden Mörder des 1993 in London erstochenen Stephen Lawrence. Gary Dobson und David Norris, die jeweils 15- bzw. 14– jährige Haftstrafen erhalten hätten, handelten aus rassistischen Motiven, so spiegel.de, der sich auch mit der Wirkung des Falles für die Polizeiarbeit auseinandersetzt. Der Polizei war "institutioneller Rassismus" vorgeworfen worden.

Das Letzte zum Schluss

Katzenjammer: Der Verzehr einer mit "Herzschmerz-Kraut" verunreinigten geschmorten Katze führte zum Tod eines chinesischen Millionärs, vermeldet spiegel.de (nga). Anscheinend sei der Manager von einem ehemaligen Geschäftspartner, der mittlerweile in U-Haft sitze, vergiftet worden. Zwei weitere Tischgäste seien mit dem Leben davon gekommen.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/dc

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 5. Januar 2012: Untreuer Sparkassenvorstand – Charakterlose Parteikarrieristen – Katastrophaler Justizetat . In: Legal Tribune Online, 05.01.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5233/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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