Die juristische Presseschau vom 30. August 2011: Fußfessel wird eingeführt – Paralleljustiz wird aufgedeckt – Anwaltszulassung wird widerrufen

30.08.2011

Seit über zehn Jahren wird in Deutschland über die elektronische Fußfessel diskutiert. Jetzt wird sie im Rahmen der Führungsaufsicht für einen begrenzten Anwendungsbereich eingeführt. Außerdem in der heutigen Presseschau: ein Buch über migrantische Paralleljustiz, ein BGH-Beschluss zum Widerruf der Anwaltszulassung bei Vermögensverfall und vieles andere.

Elektronische Fußfessel: Im Rahmen der Führungsaufsicht kann seit Jahresbeginn für Straftäter, die aus der Sicherungsverwahrung oder aus mindestens dreijähriger Haft entlassen wurden, die elektronische Überwachung angeordnet werden. Mehrere Bundesländer wollen die entsprechende Technik gemeinsam anschaffen und nutzen und haben einen entsprechenden Staatsvertrag geschlossen, der gestern in Kraft trat. Näheres berichten FAZ (Timo Frasch) und Die Welt (Hannelore Crolly).

Wie die geplante Überwachungszentrale im hessischen Bad Vilbel konkret funktioniert, beschreibt die SZ (Annette Ramelsberger). Einen Überblick über Argumente pro und contra enthält der Bericht der FR (Nadja Erb).

Heribert Prantl (SZ) lehnt den Einsatz der Fußfessel als Strafersatz ab, hält ihn aber zur Sicherung gefährlicher Straftäter für "rechtsstaatlich sauber". Christian Rath (taz) hält die Fußfessel dagegen zur Überwachung rückfallgefährdeter Straftäter für ungeeignet. Sie bringe "keinen zusätzlichen Schutz, nur mehr Kosten und Scherereien."

Weitere Themen – Rechtspolitik

Paralleljustiz: Die SZ (Florian Fuchs) stellt ein Buch des Ex-ARD-Journalisten Wolfgang Wagner vor. Unter dem Titel "Richter ohne Gesetz" kritisiert er, dass in manchen Einwanderer-Gemeinschaften Rechtsstreitigkeiten nicht vor die deutsche Justiz gebracht, sondern von so genannten Friedensrichtern entschieden werden. Dabei gehe es nicht um Recht und Unrecht, sondern um "Ausgleich". Wagner will diese Paralleljustiz "aufbrechen".

Reisekostenrecht: Eine Arbeitsgruppe der Bundesregierung soll bis Jahresende verschiedene Varianten zur Verschlankung des Reisekostenrechts vorlegen. Darüber solle dann der Bundestag beraten, berichtet das Handelsblatt (Heike Anger). Bisher sei die steuerliche Abrechnung von Reisekosten überreguliert.

Weitere Themen - Justiz

Meisterzwang: Das Bundesverwaltungsgericht will am Mittwoch über den Umfang des Meisterzwangs für deutsche Handwerker entscheiden. Konkret geht es um eine Friseurin, die nach drei Berufsjahren selbständig einen Salon eröffnen will, was nach deutschem Recht eigentlich nicht möglich ist. Dies berichtet die FTD (Elke Spanner), die auch einen Überblick über die rechtspolitische Diskussion gibt.

Nichtraucherschutz: Das Hamburger Verwaltungsgericht hält das dortige Passivraucherschutzgesetz für verfassungswidrig und hat es dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Es verstoße gegen den Gleichheitssatz, dass nur Kneipen und Schankwirtschaften einen Raucherraum einrichten dürfen, Speisegaststätten aber nicht. Über den Rechtstreit informiert die Hamburger Morgenpost (Sandra Schäfer/Erik Trümpler).

Anwaltsrecht: Der Rechtsanwalt Martin W. Huff beschreibt  auf lto.de einen BGH-Beschluss zum Widerruf der Anwaltszulassung wegen Vermögensverfall. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung des Vermögensverfalls sei nach der BRAO-Reform 2009 nicht mehr die letzte gerichtliche Verhandlung, sondern das Datum des Widerrufbescheids der Rechtsanwaltskammer. Ein Anwalt könne also nicht mehr auf Zeit spielen und hoffen, doch noch zu Geld zu kommen.

Predigtfreiheit: Den Streit zwischen dem Regensburger Bischof Müller und dem kirchenkritischen Philosophien Schmidt-Salomon zeichnet der Rechtsanwalt David Ziegelmayer auf lto.de nach. Müller hatte den Philosophen in einer Predigt falsch zitiert. Das Bundesverwaltungsgericht entschied nun, dass falsche Tatsachenbehauptungen auch nicht mit dem Grundrecht der Religionsfreiheit zu rechtfertigen seien.

Weitere Themen – Recht in der Welt

Libyen: Im Interview mit der taz (Christian Rath) erklärt der Völkerrechtler Andreas Zimmermann, dass die Nato sich bei ihrem Einsatz in Libyen noch im Rahmen der UN-Resolution 1973 bewegte, auch wenn dort ein Regimewechsel nicht vorgesehen war.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/chr

(Hinweis für Journalisten) 

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 30. August 2011: Fußfessel wird eingeführt – Paralleljustiz wird aufgedeckt – Anwaltszulassung wird widerrufen . In: Legal Tribune Online, 30.08.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4147/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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