Die juristische Presseschau vom 22. Mai 2015: BGH kippt Völkermord-Urteil – Tarifeinheit kommt – Klagen wegen "Gefällt mir"-Button

22.05.2015

Der BGH hat das Völkermord-Urteil des OLG Frankfurt gekippt. Außerdem in der Presseschau: Das Tarifeinheitsgesetz kommt, Klagen wegen "Gefällt mir"-Button und Lottogewinn lockt Betrüger.

BGH – Völkermord-Prozess: Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main gegen den ehemaligen ruandischen Hutu-Bürgermeister Onesphore R. teilweise aufgehoben und den Fall zurückverwiesen. Das OLG hatte R. zu einer 14-jährigen Freiheitsstrafe wegen Beihilfe zum Völkermord verurteilt, da er sich an einem Kirchenmassaker an Tutsi im Jahr 1994 beteiligt hatte. Die Bundesrichter sehen R. nun als Täter an. Er habe bereits am Vortag des Massakers bei der Vorbereitung mitgeholfen, die Angreifer mit "seiner Autorität als Bürgermeister" aufgefordert zu beginnen und somit Tatherrschaft gehabt. Ebenso beruhe die Annahme des OLG, R. habe ohne den Vorsatz, die Tutsi als ethnische Gruppe zu zerstören, gehandelt, auf einer rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung, urteilten die Richter. Das OLG wird nun erneut  R.'s Vorsatz und dessen etwaige Mittäterschaft prüfen müssen. Den ehemaligen Bürgermeister könnte eine lebenslange Haftstrafe erwarten. Die taz (Dominic Johnson), die SZ (Wolfgang Janisch) und der Tagesspiegel (Ursula Knapp) berichten von dem ersten Verfahren des Bundesgerichtshofs wegen des Völkermords in Ruanda.

Rechtspolitik

Tarifeinheitsgesetz: Am heutigen Freitag will der Bundestag das Tarifeinheitsgesetz beschließen. Im Fall einer Tarifkollision soll künftig der Tarifvertrag der Gewerkschaft gelten, die mehr Mitglieder im Betrieb vorweisen kann. Dann würden Arbeitsgerichte Streiks der Minderheitsgewerkschaften als unverhältnismäßig untersagen, heißt es in der Gesetzesbegründung. Die taz (Christian Rath) erklärt dagegen anhand des GDL-Streiks, warum es "völlig offen" sei, wie das Tarifeinheitsgesetz wirken werde. Das Handelsblatt (Frank Specht) schreibt, es gehe um ein geplantes Gesetz, "hinter dem kaum noch jemand steht, das verfassungsrechtlich bedenklich ist, den Arbeitsgerichten eine Menge Arbeit beschert und trotzdem wenig bringt."

Legalisierung von Cannabis: Guido Bohsem (SZ) hält ein kurzes Plädoyer dafür, dass Cannabis legalisiert werden sollte – allerdings nicht für Kinder und Jugendliche. Cannabis sei nicht gesundheitsschädlicher als Alkohol; auch könnten die Ressourcen der Strafjustiz sinnvoller eingesetzt werden, würde der Umgang mit Cannabis entkriminalisiert. Die Legalisierung ermögliche sogar einen besseren Schutz für Jugendliche, da Dealer auch härtere Drogen anbieten.

Vorratsdatenspeicherung: Der Referendar Jakob Dalby setzt sich für telemedicus.info dezidiert mit den geplanten Regelungen der Vorratsdatenspeicherung auseinander. Fazit: "inkonsequent, systemwidrig, unzulässig – mangelhaft!". Dalby legt ausführlich dar, welche geplanten Regelungen "berechtigte Zweifel an der handwerklichen Qualität des Entwurfs" schürten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 22. Mai 2015: BGH kippt Völkermord-Urteil – Tarifeinheit kommt – Klagen wegen "Gefällt mir"-Button . In: Legal Tribune Online, 22.05.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15624/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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