Die juristische Presseschau vom 26. März 2015: Falsch besetzte Aufsichtsräte? – Verfassungsschutzreform – Überlastetes BVerfG

26.03.2015

Nach einer Entscheidung des LG Frankfurt könnten die Aufsichtsräte vieler Unternehmen mit mehr Belegschaftsvertretern zu besetzen sein. Außerdem in der Presseschau: Der verabschiedete Gesetzentwurf zur Verfassungsschutzreform, die Forderung nach einer Jugendquote in der Politik, der Hilferuf des überlasteten BVerfG, eine Bremse für den EU-Führerscheintourismus und eine für die Bürokratie.

Thema des Tages

Aufsichtsräte deutscher Unternehmen falsch besetzt?: Das Landgericht Frankfurt hat entschieden, dass der Aufsichtsrat der Deutschen Börse falsch besetzt ist. Sollte das Oberlandesgericht Frankfurt die gegen die herrschende Literaturmeinung ergangene Entscheidung bestätigen, könnte gleiches für viele weitere deutsche Unternehmen gelten. Ab einer Zahl von 2.000 Mitarbeitern sind die  Hälfte der Aufsichtsratssitze mit Vertretern von Belegschaft und Gewerkschaft zu besetzen – im Gegensatz zu einem Drittel bei weniger Mitarbeitern. Das LG Frankfurt geht nun davon aus, dass dabei die ausländischen Mitarbeiter eines Unternehmens mitzuzählen seien, was zu dem Ergebnis der falschen Aufsichtsratsbesetzung führt, wie die FAZ (Joachim Jahn) berichtet.

Rechtpolitik

Verfassungsschutzreform: Den am gestrigen Mittwoch vom Kabinett verabschiedeten Entwurf des Gesetzes zur Reform des Verfassungsschutzes veröffentlicht netzpolitik.org (Andre Meister). Kooperation und Informationsaustausch zwischen dem Bundesamt und den Landesämtern für Verfassungsschutz sollen gestärkt werden, V-Leute sollen weniger Geld erhalten und zuvor keine schweren Straftaten begangen haben. Bestimmte Taten von V-Leuten und verdeckten Ermittlern, die nicht in Rechte Dritter eingreifen – etwa der Hitlergruß –, und die Mitgliedschaft und Betätigung in den bespitzelten Organisationen soll gerechtfertigt sein. Bei anderen Straftaten kann das Verfahren eingestellt werden, sofern sie "nicht außer Verhältnis zum aufzuklärenden Sachverhalt stehen" und im konkreten Fall nicht mehr als ein Jahr Freiheitsstrafe droht, berichten Welt (Manuel Bewarder) und taz (Christian Rath).

Christian Rath (taz) kritisiert, dass damit lediglich Akzeptanz geschaffen werden solle, die sich im NSU-Skandal zeigenden Probleme jedoch nicht angegangen würden.

Jugendquote in der Politik: Die Botschafter der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen Vincent-Immanuel Herr und Martin Speer plädieren in der Zeit für eine Quote von 20 Prozent für unter 35-Jährige auf den vorderen Plätzen der Parteilisten. Die Jungen seien in der Politik unterrepräsentiert im Vergleich zu ihrem Anteil an der Bevölkerung und sie seien es auch, die langfristig die Folgen politischer Entscheidungen trügen. Sie seien mit Globalisierung, Digitalisierung und vereintem Europa aufgewachsen und hätten den Alten – entgegen dem Vorwurf der Unerfahrenheit – gerade einiges voraus, was innovative Ideen befördern könne.

Kabinettsentwurf zum Anti-Doping-Gesetz: Am gestrigen Mittwoch verabschiedete das Bundeskabinett den Entwurf eines Anti-Doping-Gesetzes. Auch Athleten sollen danach nunmehr mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen müssen: für Selbstdoping drohen bis zu drei und für den Besitz von leistungssteigernden Substanzen bis zu zwei Jahren Haft, meldet lto.de. Das bisherige Recht ist vor allem auf die Strafverfolgung von Hintermännern und kriminellen Netzwerken ausgerichtet.

Erbschaftsteuerreform: Nach einem Gutachten des Steuerrechtsprofessors Karl-Georg Loritz gebietet das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer keine Bedürfnisprüfungen. Diese seien lediglich nach der vorhandenen Gesetzesbegründung – Bestandserhaltung der Unternehmen – erforderlich. Mit einer Ausrichtung auf den Erhalt der "einzigartigen deutschen Unternehmens- und Unternehmerlandschaft mit ihren überwiegend familienbezogenen Gesellschafterstrukturen" könnten Unternehmen mit solchen "familienbezogenen Eigentümerstrukturen" unabhängig von ihrer Größe begünstigt werden, was Loritz anregt. Es berichtet die FAZ (Manfred Schäfer).

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 26. März 2015: Falsch besetzte Aufsichtsräte? – Verfassungsschutzreform – Überlastetes BVerfG . In: Legal Tribune Online, 26.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15066/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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