Die juristische Presseschau vom 10. bis 12. Juni 2017: Onli­ne­durch­su­chung und Quellen-TKÜ / Nach­lese zur Kern­b­renn­stoff­steuer / EuGH zu Dublin-III

12.06.2017

Justiz

EuGH – "Veggie Cheese": Die Montags-taz (Hanna Gersmann) weist auf eine bevorstehende Entscheidung des EuGH hin. Die Luxemburger Richter haben darüber zu befinden, ob die Begriffe "Käse", "Butter" oder "Milch" auch für vegane Produkte verwendet werden dürfen.

EuGH – Verfall von Urlaubsansprüchen: Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofes Evgeni Tanchev hat am Donnerstag seine Schlussanträge im Fall King gestellt. Letzterer war im Rahmen eines selbständigen Dienstverhältnisses, das allerdings später gerichtlich als Angestelltenverhältnis qualifiziert wurde, tätig. Der EuGH hat jetzt über den Bestand etwaiger Urlaubsansprüche zu entscheiden. Rechtsanwalt Christian Oberwetter berichtet auf lto.de, dass der Generalanwalt der Auffassung sei, dass King sich auf die Arbeitszeitrichtlinie berufen könne, um eine Vergütung für nicht genommenen Urlaub zu erhalten. Voraussetzung für einen solchen Anspruch sei, dass ein Arbeitnehmer ihm zustehenden Urlaub nicht in Anspruch genommen hat, ihn jedoch genommen hätte, wenn der Arbeitgeber ihm den  bezahlten Urlaub nicht verweigert hätte. 

EuGH – Flüchtlingskrise: Verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis) setzt sich erneut mit der Flüchtlingskrise auseinander. Der EuGH befasst sich derzeit mit zwei Fällen, in denen Flüchtlinge aus Syrien beziehungsweise Afghanistan mit Verweis auf das Dublin-III-Abkommen nach Kroatien zurückgeschickt wurden.

BVerfG zur Kernbrennstoffsteuer: In der vergangenen Woche hat das Bundesverfassungsgericht einen Beschluss veröffentlicht, in dem das Kernbrennstoffsteuergesetz für verfassungswidrig erklärt wurde, weil dem Gesetzgeber die entsprechende Kompetenz zur "Steuererfindung" gefehlt habe. Im Gespräch mit dem Spiegel (Dietmar Hipp) weist Rechtsprofessor Roman Seer darauf hin, dass es bereits früh Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes gegeben habe. Insofern sei er über die jetzt geäußerte Überraschung in der Politik verwundert gewesen. Eine Beteiligung der Industrie an den Kosten der Altlasten sei allenfalls als Sonderabgabe und dann unter engen Voraussetzungen möglich.

Corinna Budras (FAS) analysiert die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes. Die Autorin meint, dass die Rückzahlungspflicht, die sich aus dem Beschluss ergibt, eine ungewöhnlich harsche Konsequenz sei, denn normalerweise bewahrten die Verfassungsrichter die Politik vor allzu kostspieligen Entscheidungen. Im Ergebnis zeigt sich Budras zufrieden damit, dass das Bundesverfassungsgericht gezeigt habe, "dass wenigstens einer noch daran denkt, dass es der Staat besser nicht zu toll treibt".

BVerfG – Antrag auf Beratung im Ausschuss: Rechtsprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf meint auf lto.de, dass das Bundesverfassungsgericht dem Antrag der Grünen-Fraktion stattgeben und den Rechtsausschuss verpflichten muss, den Gesetzentwurf zur "Ehe für Alle" rechtzeitig vor dem Ende der Beratungen in dieser Legislaturperiode zu beraten. Der Antrag sei offensichtlich begründet, denn nach ständiger Rechtsprechung des Gerichts beinhalte das Gesetzesinitiativrecht aus Art. 76 Abs. 1 GG das subjektive Recht des initiierenden Organs auf Beratung und Beschlussfassung durch den Bundestag. Das Initiativrecht würde "erst dann voll zum Zuge gekommen, wenn das Plenum über die Vorlage beraten und – durch Annahme oder Ablehnung – Beschluss gefasst habe".

OLG München – NSU: Der Spiegel (Julia Jüttner) porträtiert André E., der im NSU-Prozess wegen Beihilfe zum versuchten Mord, zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, zum Raub und zur schweren Körperverletzung angeklagt ist. Er soll ein enger Vertrauter von Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gewesen sein. Bisher schweigt er im Verfahren. Die Autorin beschreibt seinen Körper als "rassistische Litfaßsäule voller Nationalstolz und Vaterlandsliebe, voller Fremdenhass und Feindseligkeit“.

LG Paderborn – Fall "Höxter": Die Montags-SZ (Hans Holzhaider) berichtet von dem Prozess, in dem den beiden Angeklagten vorgeworfen wird, mehrere Frauen gequält und letztlich getötet zu haben. Geschildert wird u.a. die Aussage der Angeklagten, in der die Misshandlungen und Tötung der 33-jährigen Anika E. und die Beseitigung der Leiche beschrieben werden. Man erlebe nicht oft im Gerichtssaal eine Angeklagte, die derart bereitwillig, unermüdlich und bis ins letzte Detail von ihren Taten erzählt, so der Autor nach der zehntägigen Aussage.

OLG Hamburg – "Nazi-Schlampe": Das LG Hamburg hatte im Mai in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren entschieden, dass die Äußerung des "extra3"-Moderators Christian Ehring, in der er die AfD-Politikern Alice Weidel als "Nazi-Schlampe" bezeichnete, von der Meinungsfreiheit gedeckt sei. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde der Politikerin wurde jetzt zurückgenommen, wie lto.de berichtet.

VerfGH Thüringen zur Gebietsreform: Das Vorschaltgesetz zur Gebietsreform, in dem unter anderem Einwohnergrößen für Städte, Gemeinden und Kreise vorgeschrieben sind, ist vom Thüringer Verfassungsgerichtshof für verfassungswidrig erklärt worden, meldet lto.de. Die CDU-Fraktion im Erfurter Landtag hatte erfolgreich einen formellen Fehler im Anhörungsverfahren des Landtages gerügt: Das Protokoll der mündlichen Anhörung der kommunalen Spitzenverbände im Juni 2016 im Innenausschuss des Landtages habe zum Zeitpunkt des Gesetzbeschlusses nicht allen Abgeordneten vorgelegen.

BAG: Kündigung wegen Illoyalität: Im Zusammenhang mit einer entsprechenden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes befasst sich Rechtsanwältin Anja Mengel (Samstags-FAZ) mit der Frage, wann eine Kündigung ohne Abmahnung zulässig ist, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer illoyales Verhalten vorwirft, weil dieser sich unternehmensweit oder sogar öffentlich negativ geäußert hat. Im entschiedenen Fall hatte die Geschäftsführerin eines Vereins eine Rundmail an die Vereinsmitglieder gesandt, in der sie dem Vorsitzenden wegen dessen Abrechnungspraxis von Überstunden vereinsschädigendes Verhalten vorwarf. Nach Ansicht des Gerichtes war hier eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung zulässig.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 10. bis 12. Juni 2017: Onlinedurchsuchung und Quellen-TKÜ / Nachlese zur Kernbrennstoffsteuer / EuGH zu Dublin-III . In: Legal Tribune Online, 12.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23160/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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