Die juristische Presseschau vom 20. bis 22. August: Kul­tur­zer­störung vor Gericht / Ber­liner Erklärung / BVerfG zu Steu­er­fristen

22.08.2016

Erstmals befasst sich der IStGH mit der Zerstörung von Kulturgütern als Kriegsverbrechen. Außerdem in der Presseschau: Die Berliner Erklärung enthält zahlreiche rechtspolitische Forderungen und BVerfG nimmt Beschwerde zu Steuerfristen nicht an.

Thema des Tages

IStGH – Kulturzerstörung vor Gericht: Die Samstags-SZ (Ronen Steinke) und die Montags-FAZ (Alexander Haneke) berichten über einen am heutigen Montag beginnenden Prozess vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Erstmals wird dort über eine Anklage wegen Kriegsverbrechen durch Zerstörung von Kulturgütern verhandelt. Vor den Richtern muss sich Ahmad al Faqi al Mahdi verantworten, dem vorgeworfen wird, maßgeblich an der Zerstörung der unter Unesco-Weltkulturerbeschutz stehenden Denkmäler der Stadt Timbuktu (Mali) beteiligt gewesen zu sein.

Rechtspolitik

Berliner Erklärung – Burka-Verbot light: Am Freitag wurde die von den Innenministern der Union erarbeitete Berliner Erklärung vorgestellt. Ein absolutes Vollverschleierungsverbot ist darin nicht vorgesehen, allerdings soll es in Teilen der Öffentlichkeit, beispielsweise in Behörden, in Gerichten sowie Schulen und Universitäten untersagt sein, einen Vollschleier zu tragen. U.a. die Samstags-taz (Tobias Schulze) und die Samstags-SZ (Christoph Hickmann) fassen die Forderungen der Berliner Erklärung zusammen. Laut Samstags-FAZ (Majid Sattar) zeigte sich die SPD skeptisch gegenüber den Vorschlägen. Burkaverbot und die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft schürten nur die Ängste gegenüber muslimischen Mitbürgern und lenkten von den wirklichen Themen ab, wird der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann zitiert.

Berthold Kohler (Samstags-FAZ) geht ein eingeschränktes Verbot der Burka nicht weit genug. Ganz sicher vor ihr und der Geisteshaltung, für die sie steht, sei man nur, wenn man sie nicht ins Land lasse, heißt es in seiner Leitglosse. Und für Michael Hanfeld (Samstags-FAZ) ist ein Burkaverbot sogar eine Fürsorgepflicht des Staates. Anders sieht es Alexander Haneke (Samstags-FAZ, Feuilleton), er fasst die verfassungsrechtlichen Argumente, die gegen ein umfassendes Vollverschleierungsverbot sprechen, zusammen. Jost Müller-Neuhof (Tsp) weist darauf hin, dass ein Burkaverbot auch eine desintegrative Wirkung haben kann, nämlich dann, wenn verschleierten Mädchen oder Frauen der Zugang zu Bildung verwehrt wird. Reinhard Müller (Montags-FAZ) fordert, dass zunächst einmal bestehende Verbote auch durchgesetzt werden.

Der Spiegel (Dietmar Hipp u.a.) gibt einen Überblick über Fälle, in den das Tragen eines Schleiers zu Problemen geführt hat. Die FAZ (Hendrik Wieduwilt) erläutert, unter welchen Bedingungen der Arbeitgeber das Tragen eines Schleiers verbieten darf.

Berliner Erklärung – Doppelte Staatsbürgerschaft: Der Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin (Bündnis90/Die Grünen) befasst sich in einem Gastbeitrag auf spiegel.de anlässlich der Berliner Erklärung der Unionsinnenminister und der darin vorgesehenen Evaluation der doppelten Staatsbürgerschaft mit der Historie des Doppelpasses. Er unterstellt jenen, die sich gegen die Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft aussprechen, mit rassistischen Ressentiments zu spielen. Detlef Esslinger (Samstags-SZ) bescheinigt den Innenministern, von der Vorstellung, dass Menschen ihre Wurzeln in mehr als einem Land haben, überfordert zu sein.

Berliner Erklärung – Vorratsdatenspeicherung: Laut netzpolitik.org (Markus Reuter) wollen die Unionsinnenminister den Anwendungsbereich der Vorratsdatenspeicherung auf Wohnungseinbrüche und Terrorfinanzierung ausdehnen. Außerdem sollen danach auch das BKA und die Verfassungsämter der Länder die Vorratsdatenspeicherung nutzen können und die Datenspeicherfrist soll auf sechs Monate verlängert werden.

Berliner Erklärung– Fußfessel: Ebenfalls in der Berliner Erklärung der Unionsinnenminister enthalten ist die Forderung nach dem Einsatz von elektronischen Fußfesseln für "Gefährder und verurteilte Extremisten", berichtet die Montags-SZ (Ronen Steinke).

Gesichtserkennung: Wie zeit.de berichtet, will Bundesinnenminister Thomas de Maizière Gesichtserkennungssoftware an Bahnhöfen und Flughäfen einsetzen. Dabei sollen Gesichter, die per Videoüberwachung erfasst werden, automatisch mit Aufnahmen in Gesichtsdatenbanken abgeglichen werden.
Jost Müller-Neuhof (Tsp) hält diesen Vorschlag grundsätzlich für sinnvoll, mahnt aber an, dass die Erfassungsrechte und die Löschpflichten genau geregelt sein müssten.

Asylrecht: Der frühere Finanzsenator von Berlin Thilo Sarrazin (SPD) fordert in einem Gastbeitrag in der Montags-FAZ (FAZ.net-Zusammenfassung) Änderungen im Asylrecht: So soll über ein Aufenthaltsrecht innerhalb von 30 Tagen entschieden werden, ohne dass ein Rechtsweg gegen diese Entscheidung gegeben ist. Bis zur Entscheidung sollen sich die Antragsteller ausschließlich in einer so genannten Transitzone aufhalten dürfen.

Anonymes Bezahlen: Die SPD will die gesetzlichen Voraussetzungen für ein anonymes Bezahlen im Internet schaffen, weiß Hendrik Wieduwilt in der Montags-FAZ. Kunden sollen einen Anspruch erhalten, im Internet bezahlen zu können, ohne ihren Namen angeben zu müssen.

Pauschalreiserichtlinie: Die Montags-FAZ (Timo Kotowski) befasst sich im Wirtschaftsteil mit der neuen Pauschalreiserichtlinie und deren Umsetzung. Am Dienstag findet im Bundesjustiz- und -verbraucherministerium eine Anhörung statt, bei der Branchenvertreter ihre Kritik an den vorgesehenen Regelungen deutlich machen wollen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 20. bis 22. August: Kulturzerstörung vor Gericht / Berliner Erklärung / BVerfG zu Steuerfristen . In: Legal Tribune Online, 22.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20345/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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