2. Strafkammertag fordert mehr StPO-Reformen: Weniger Anwälte sollen mehr begründen

27.09.2017

Ein gemeinsamer Anwalt für Nebenkläger, ein neues Beschwerdeverfahren, strengere Voraussetzungen für Revisionen – Strafrichter fordern für die kommende Legislaturperiode weitere Reformen der StPO.

Fast achtzig Strafrichter aus ganz Deutschland haben am Dienstag in Würzburg weitere Reformen der Strafprozessordnung gefordert. Das Strafverfahren soll damit gestrafft werden. Der Strafkammertag geht zurück auf eine Initiative der Präsidenten der Oberlandesgerichte und soll Reformen der Strafprozessordnung voranbringen.

Geht es nach ihnen, sollten Nebenkläger in großen Verfahren nur noch einen gemeinsamen Rechtsbeistand erhalten, wenn sie "gleichgelagerte Interessen" verfolgen – etwa wenn es sich um die Familienangehörigen eines Opfers handelt. Bisher können sich etwa Ehepartner, Kinder und Geschwister eines Opfers auch durch jeweils eigene Rechtsanwälte vertreten lassen. Bei Verfahren mit vielen Opfern – wie dem NSU-Verfahren am Oberlandesgericht (OLG) München oder demnächst dem Loveparade-Verfahren am Landgericht (LG) Düsseldorf – könnte damit die Zahl der Nebenklagevertreter eingeschränkt werden.

Die Strafrichter wollen außerdem Verzögerungen der Hauptverhandlung durch Befangenheits- und Beweisanträge verringern. So solle diese für mindestens zwei Wochen fortgesetzt werden können, während über einen Befangenheitsantrag entschieden wird. Zudem dürften Beweisanträge nicht mehr "ins Blaue hinein" gestellt werden, der Strafkammertag fordert höhere gesetzliche Anforderungen an die Begründung. Urkunden – etwa Zeugenfragebögen oder Berichte der Jugendgerichtshilfe – sollen häufiger verlesen werden dürfen.

Zudem solle verhindert werden, dass ein Urteil aufgehoben wird, weil das Gericht nicht richtig besetzt war. Wenn der Angeklagte Fehler bei der Besetzung rügt, solle deshalb ein Beschwerdegericht vorab eine Entscheidung treffen, die dann für die nächste Instanz bindend ist.

Strafverteidiger sollen Revisionen ausführlich begründen

Die Strafrichter fordern auch strengere Voraussetzungen für Revisionen. Bisher müssen die Strafverteidiger eine Revision zwar ausführlich begründen, wenn es um Verfahrensfehler geht. Rügen sie die Verletzung materiellen Rechts, ist jedoch keine Begründung erforderlich. Der Strafkammertag will hier ähnliche hohe Anforderungen an die Begründung wie bei der Verfahrensrüge. Zudem solle die Sprungrevision vom Amtsgericht zum OLG abgeschafft werden, so dass der Angeklagte sich immer zunächst an das LG als Berufungsinstanz wenden müsste. Anschließend solle eine Revision zum OLG nur noch möglich sein, wenn das OLG sie zulässt, weil es um Rechtsfragen von besonderer Bedeutung geht.

Zudem solle das Verschlechterungsverbot nicht greifen, wenn ein Angeklagter ein Geständnis widerruft, nachdem sich das Gericht mit den Verfahrensbeteiligten auf eine Verständigung geeinigt hat – das heißt, hier könnte dann auch eine höhere Strafe in Betracht kommen.

Schließlich forderte der Strafkammertag bessere Möglichkeiten zur Fortbildung für Strafrichter, gesetzliche Regelungen zur Professionalisierung der Pressearbeit und einheitliche Standards für die elektronische Akte.

aka/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

2. Strafkammertag fordert mehr StPO-Reformen: Weniger Anwälte sollen mehr begründen . In: Legal Tribune Online, 27.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24745/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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