VG zu Fahrerlaubnisentzug: Drogen am Steuer - oder doch nur Hus­ten­saft?

19.09.2017

Spuren von harten Drogen im Blut rechtfertigen den sofortigen Entzug der Fahrerlaubnis - da hilft auch die Behauptung nichts, man habe bloß Hustensaft getrunken, sagt das VG. Auch wenn das tatsächlich sein könnte.

Finden sich im Blut eines Kraftfahrzeugführers auch nur geringe Spuren von Codein und Morphium, so rechtfertigt dies den Entzug der Fahrerlaubnis - jedenfalls dann, wenn er keine stichhaltige Begründung liefert. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Neustadt a.d. Weinstraße hervor (Beschl. v. 23.08.2017, Az. 1 L 871/17.NW).

In dem Fall ging es um einen 20-Jährigen, der seit November 2015 im Besitz einer Fahrerlaubnis auf Probe war. Am 11. März 2017 geriet er in eine Verkehrskontrolle und wurde verdächtigt,  Betäubungsmittel konsumiert zu haben. Daraufhin wurde ihm eine Blutprobe entnommen. Ein rechtsmedizinisches Gutachten wies in der Blutprobe schließlich Codein und Morphin nach.

Mit dem Vorwurf konfrontiert, behauptete der junge Mann aus dem Donnerbergkreis nahe der französischen Grenze - erstmals 9 Wochen nach dem Gutachten -, einen in Deutschland rezeptpflichtigen codeinhaltigen Hustensaft in Frankreich auf Empfehlung eines Arztes und ohne Rezept erworben zu haben. Kurz vor der Verkehrskontrolle habe er an einer starken Bronchitis mit Verdacht auf Lungenentzündung gelitten. Einen Kaufbeleg konnte er nicht vorlegen. Trotz der angeblich schwerwiegenden Erkrankung hatte er auch in Deutschland keinen Arzt aufgesucht. Den Namen des empfehlenden Arztes wollte er nicht nennen.

Gutachten: Hustensaft kann zu Morphium verstoffwechselt werden

Daraufhin entzog ihm die zuständige Behörde unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis. Der Mann legte dagegen Widerspruch ein und stellte einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung.

Seine Begründung, er habe an Hustenanfällen gelitten und deshalb in Frankreich einen dort rezeptfrei verfügbaren Hustensaft erworben, fiel beim VG nicht auf fruchtbaren Boden. Die 1. Kammer lehnte den Eilantrag ab.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei offensichtlich rechtmäßig, so die Begründung der Richter. Der Antragsteller sei ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, da er mit Codein eine sog. "harte Droge" ohne ärztliches Rezept eingenommen habe. Sein Vorbringen, er habe den in Frankreich ohne Rezept erworbenen Hustensaft auf Anraten eines Arztes eingenommen, sei unglaubwürdig. Dass das toxikologische Gutachten darauf hingewiesen habe, dass sich bei der Einnahme eines codeinhaltigen Hustensafts im Körper ein Teil in Morphium verstoffwechsle, ändere daran nichts.

Gericht zweifelt an Angaben des Antragstellers

Bei dem fraglichen Hustenhaft handele es sich um eine unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) fallende Droge, die in der Bundesrepublik Deutschland verschreibungspflichtig und in Frankreich bis zum 12. Juli 2017 frei verkäuflich gewesen sei. Wegen des massenhaften Missbrauchs, insbesondere durch junge Menschen, sei die Rezeptpflicht auch in Frankreich eingeführt worden.

Angesichts des bekannten Missbrauchs und im Hinblick auf den illegalen Konsum von nicht ärztlich verschriebenen Präparaten in Deutschland stelle sich das Vorbringen des Antragstellers zu seinem Konsum als Schutzbehauptung dar. Der junge Mann habe weder Angaben dazu gemacht, wann die Bronchitis mit Verdacht auf Lungenentzündung aufgetreten sein solle, noch habe er den Namen seines Bekannten angegeben, der die Erkrankung bestätigen könne.

Auch habe er den Arzt nicht benannt, der ihm zur Einnahme von Codein geraten haben soll. Ferner habe auch die Polizei nicht von einem Husten des Antragstellers bei der Verkehrskontrolle berichtet, sondern von festgestellten drogentypischen körperlichen Beeinträchtigungen.

mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

VG zu Fahrerlaubnisentzug: Drogen am Steuer - oder doch nur Hustensaft? . In: Legal Tribune Online, 19.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24587/ (abgerufen am: 19.03.2024 )

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