VG Hannover zur Verpflichtungserklärung für Flüchtlinge: Keine Rück­zah­lung nach Erhalt des Auf­ent­halts­titels

02.05.2018

Mit einer Verpflichtungserklärung von Helfern konnten tausende Syrer nach Niedersachsen fliehen. Nun wollen Behörden ihnen Sozialleistungen für die Flüchtlinge in Rechnung stellen. Anders als das BVerwG ließ das VG Hannover dies nicht zu.

Im Streit um das Abwälzen von Flüchtlingskosten durch Behörden auf Helfer hat das Verwaltungsgericht (VG) Hannover in einem landesweit ersten Urteil nicht zugunsten der Behörden entschieden. Demnach muss ein Mann, der für eine aus Syrien geflüchtete Frau eine Verpflichtungserklärung abgegeben hatte, nicht für die Sozialleistungen aufkommen, die sie erhielt, entschied das Gericht in einem am Montag veröffentlichten Urteil (v. 27.04.2018, Az. 12 A 60/17).

Syrer durften nach verschiedenen Aufnahmeanordnungen des Bundes und der Länder betreffend syrische Bürgerkriegsflüchtlinge aus den Jahren 2013 und 2014 aus humanitären Gründen unter anderem dann nach Deutschland einreisen, wenn sie in Deutschland jemanden fanden, der bereit war, für sie eine sogenannte Verpflichtungsklärung abzugeben. Damit erklärte sich die in Deutschland lebende Person bereit, jegliche Lebenshaltungskosten, so zum Beispiel auch im Krankheitsfall, für den Syrer zu übernehmen. Eine solche Ermächtigung für die Länder sieht § 23 Aufenthaltsgesetz (AufenthaltG) vor.

Ministeriumserlass in Niedersachsen sah Befristung vor

Im konkreten Fall ging es um einen Syrer, der eine Verpflichtungserklärung für seine Schwester abgegeben hatte. Nachdem sie als Flüchtling anerkannt wurde, wollte die Region Hannover ihn für Sozialleistungen an seine Schwester zur Kasse bitten.

Wie das Gericht entschied, endet die Verpflichtungserklärung allerdings mit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Das Hannoveraner Gericht legte die Erklärung anhand eines Erlasses des Innenministeriums an die Ausländerbehörden aus. Darin war man von einer Befristung ausgegangen.  

Damit fiel das Urteil anders als die höchstrichterliche Rechtsprechung aus. 2017 noch entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), dass die Verpflichtung auch nach Anerkennung des jeweiligen Asylbewerber bestehen bleibt. Die Helfer sollen nun zum Teil hohe Beträge an die Jobcenter zurückzahlen.

BVerwG legte nach dem Aufenthaltsgesetz aus

In dem Fall aus Nordrhein-Westfalen konnten die Leipziger Richter allerdings keinen Ministeriumserlass für die Auslegung heranziehen. Sie legten nach dem Zweck des AufenthaltsG aus. Danach habe die durch die Verpflichtungserklärung ermöglichte Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG mit dem Schutz vor den bürgerkriegsbedingten Lebensverhältnissen in Syrien ebenso humanitären Schutzzwecken gedient wie die der Gewährung internationalen Schutzes durch Flüchtlingsanerkennung nachfolgende Aufenthaltserlaubnis.

Das VG Hannover hat deswegen die Berufung zugelassen. In Niedersachsen sind die Forderungen deutscher Behörden an Flüchtlingshelfer nach Auskunft des Innenministeriums ausgesetzt. Minister Boris Pistorius will sich auf Bundesebene für eine Lösung im Sinne der Betroffenen einsetzen.

mgö/LTO-Redaktion

Mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

VG Hannover zur Verpflichtungserklärung für Flüchtlinge: Keine Rückzahlung nach Erhalt des Aufenthaltstitels . In: Legal Tribune Online, 02.05.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28389/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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